VwGH Ra 2022/20/0123

VwGHRa 2022/20/012329.6.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann‑Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des M M in W, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz‑Eugen‑Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2021, W211 2242917‑1/8E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200123.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der aus Syrien stammende und der kurdischen Volksgruppe zugehörige Revisionswerber stellte am 2. Februar 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er mit der Kriegssituation im Heimatland begründete. Über Befragen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab er ‑ soweit für das Revisionsverfahren von Interesse ‑ an, im Heimatland seinen Militärdienst in der Dauer von zwei Jahren bereits abgeleistet zu haben.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 29. April 2021 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Die Behörde erkannte dem Revisionswerber allerdings den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte mit der Gültigkeit für ein Jahr.

3 Gegen die Versagung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er erstmals vorbrachte, aus der Berichtslage zu Syrien lasse sich ableiten, dass ihm im Heimatland von Seiten der syrischen Regierung Verfolgung wegen der Entziehung vom Wehrdienst und wegen der Asylantragstellung in Österreich drohe.

4 Das Bundesverwaltungsgericht wies diese Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 16. Dezember 2021 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Der Revisionswerber brachte daraufhin gegen dieses Erkenntnis eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein, der mit Beschluss vom 17. März 2022, E 653/2022‑3, deren Behandlung ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 6.5.2022, Ra 2022/20/0064, mwN).

10 Der Revisionswerber verweist zur Begründung der Zulässigkeit der von ihm erhobenen Revision auf die allgemeine Berichtslage zu Syrien, ohne ein konkretes Vorbringen zu seiner individuellen Situation zu erstatten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann aber die Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Fremden gerichteten Verfolgung nicht ersetzen (vgl. VwGH 23.6.2021, Ra 2021/18/0164, mwN).

11 Im Übrigen geht das Vorbringen in der Revision am fallbezogen relevanten Thema vorbei, weil das Bundesverwaltungsgericht ‑ nach seiner Begründung gestützt auf Berichte zur Situation im Herkunftsstaat des Revisionswerbers sowie dessen Angaben zu seiner individuellen Lage ‑ davon ausgegangen ist, seine Herkunftsregion sei der Kontrolle der syrischen Regierung entzogen (gemeint: im Sinn des Art. 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes ‑ Neufassung). Die Herkunftsregion sei zudem vom Revisionswerber erreichbar, ohne dass er über von der syrischen Regierung kontrollierte Gebiete reisen müsste. Vom dort die Kontrolle ausübenden Akteur habe er wiederum weder eine Rekrutierung zum Wehrdienst noch aus sonstigen Gründen Verfolgung zu befürchten.

12 Dazu enthält die Revision kein Vorbringen.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. Juni 2022

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