Normen
B-VG Art133 Abs4
GVG OÖ 1994 §4 Abs2
GVG OÖ 1994 §4 Abs2 Z1
GVG OÖ 1994 §4 Abs2 Z2
GVG OÖ 1994 §4 Abs6
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022110166.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid vom 30. August 2021 untersagte die belangte Behörde die vom Revisionswerber beantragte grundverkehrsbehördliche Genehmigung für die Übertragung des Eigentumsrechts an einem bestimmten Grundstück an ihn als Käufer der betreffenden Liegenschaft.
2 2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen diesen Bescheid als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 2.2. In seiner Begründung traf das Verwaltungsgericht zusammengefasst folgende Feststellungen: Der Revisionswerber sei bereits Eigentümer von land‑ und forstwirtschaftlichen Flächen. Im Zusammenhang mit dem Erwerb des verfahrensgegenständlichen Grundstücks habe dieser in seinem Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung ausgeführt, dass beabsichtigt sei, Teile der erworbenen Fläche als Betriebsgebiet zu nutzen. Bis zur Umwidmung werde die Fläche eigenbewirtschaftet. Das gegenständliche Grundstück befinde sich im Grünland und sei als landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesen. Im Westen grenze die Liegenschaft an Betriebsbaugebiet, im Norden an eine Verkehrsfläche der ÖBB, an die Betriebsbaugebiet anschließe. Der Revisionswerber sei zu 99 % Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer eines Bauunternehmens, der XY GmbH. Das gegenständliche Grundstück bzw. eine Teilfläche solle ‑ so das Vorbringen im Antrag ‑ nach entsprechender Umwidmung als Betriebsbaugebiet für eine Betriebsverlagerung bzw. ‑erweiterung genutzt werden.
4 Einer der Hauptgründe für den Kauf des Grundstücks stelle das widmungstechnische Umfeld dar. Sollte es nicht zu einer Umwidmung des Grundstücks kommen, werde das Grundstück als Tauschfläche im Rahmen von Grundeinlöseverhandlungen verwendet werden. Die verfahrensgegenständliche Grundstücksfläche sei daher in erster Linie als direkte betriebliche Erweiterungsfläche bzw. als Ersatzgrundfläche bzw. Eintauschfläche für die Besorgung eines anderen Grundstückes vorgesehen. Ein Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplans sei weder anhängig noch in naher Zukunft geplant. Bis zur erfolgten Umwidmung solle die Fläche in Form einer Bio‑Heidelbeerplantage vom Revisionswerber eigenbewirtschaftet werden.
5 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht, nach § 4 Abs. 2 Oberösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1994 (Oö GVG 1994) sei die Genehmigung für den Rechtserwerb zu erteilen, wenn den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land‑ oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und entweder an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land‑ oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprochen werde. Der Rechtserwerber müsse glaubhaft machen, dass er oder eine andere Person das zu erwerbende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaften werde.
6 Aus dem Vorbringen des Revisionswerbers und den Feststellungen ergebe sich, dass nicht primär eine widmungsgemäße Verwendung des Grundstücks in Form des Betriebes einer Heidelbeerplantage angestrebt werde. Vielmehr solle das Grundstück Gegenstand einer Umwidmung im Betriebsbaugebiet werden und allenfalls ‑ mangels Umwidmung ‑ als Tauschfläche für ein anderes Grundstück dienen. Gegenständlich stehe somit nicht die landwirtschaftliche Nutzung der Liegenschaft, sondern der bloße Rechtserwerb des Grundstücks durch das Bauunternehmen im Vordergrund. Der Revisionswerber plane im Ergebnis nicht, das gegenständliche Grundstück auf längere Zeit landwirtschaftlich ‑ namentlich mit einer Heidelbeerplantage ‑ zu bewirtschaften, sondern dieses vielmehr als Erweiterungsfläche für die Bauunternehmung zu nutzen oder es als Tauschfläche zu verwenden.
7 Die Rechtsprechung habe unter ähnlichen Umständen das Vorliegen des grundverkehrsrechtlichen Versagungstatbestandes angenommen. Nach Vorlage des Betriebskonzepts und den Angaben des Revisionswerbers sei nicht von einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Heidelbeerplantage auszugehen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Revisionswerber aufgrund der Lage des Grundstücks mit einer Umwidmung rechne. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beschwerdeverfahrens, insbesondere der Angaben in der mündlichen Verhandlung, sei anzunehmen, dass der verfahrensgegenständliche Grundstückserwerb vorwiegend zu spekulativen Zwecken beabsichtigt sei und eine nachhaltige Bewirtschaftung der Bio‑Heidelbeerplantage in dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Szenario weder vordergründig beabsichtigt noch schlüssig sei. Dadurch sei der Versagungstatbestand des § 4 Abs. 6 Z 3 Oö GVG 1994 erfüllt und der gegenständliche Rechtserwerb zu untersagen.
8 Darüber hinaus entspreche das dargestellte Vorgehen des Revisionswerbers nicht den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land‑ oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen. Es sei aufgrund der dargelegten Umstände davon auszugehen, dass der eigentliche Erwerbsgrund nicht in der Gründung bzw. Aufstockung des landwirtschaftlichen Betriebes stehe. Die Tatsache, dass die Fläche nach erfolgter Umwidmung als Betriebsbaugebiet oder aber als Tauschfläche verwendet werden solle, stehe einer nachhaltigen nicht bloß vorübergehenden Bewirtschaftung einer Bio‑Heidelbeerplantage bereits dem Grunde nach entgegen. Auch sei das vorgelegte Betriebskonzept für einen mehrere Jahre aufrechtzuerhaltenden Betrieb nicht schlüssig. Das vorgelegte Betriebskonzept beruhe hinsichtlich der Deckungsbeitragsrechnung auf angenommenen Durchschnittswerten für 15 Vollertragsjahre bzw. 20 Standjahre. In der mündlichen Verhandlung sei jedoch klargestellt worden, dass der volle Ertrag erst im dritten Jahr erzielbar sei. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn der Revisionswerber nach Erwerb des Grundstücks in die Errichtung einer Heidelbeerplantage zuerst hohe Investitionen tätige, gleichzeitig aber eine Umwidmung des Grundstücks für eine Betriebserweiterung seines Bauunternehmens anstrebe. Sollte es zu der angestrebten Umwidmung kommen, wären die Erstinvestitionen größtenteils frustriert, weil nach dem Betriebskonzept die Anfangsjahre ertragsärmer seien und für die ersten drei Standjahre keine Zertifizierung für biologische Beerenproduktion vorliege. Diese Konstellation entspreche nicht den öffentlichen Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land‑ oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes.
9 Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Oö GVG 1994 würden auf Basis der bisherigen Ausführungen gegenständlich somit als nicht erfüllt anzusehen seien. Das Rechtsgeschäft sei auch unter Vorschreibung von Auflagen nicht genehmigungsfähig. Im Übrigen habe sich der Revisionswerber gegen eine zeitlich auf 10 Jahre befristete Auflage zur Absicherung der landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks als Heidelbeerplantage ausgesprochen.
10 Lediglich vollständigkeitshalber sei festzuhalten, dass im Rahmen der Interessenabwägung nach § 4 Abs. 5 Oö GVG 1994 kein anderes Ergebnis erzielbar sei. Rechtserwerbe, welche die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 nicht erfüllen, dürften gemäß § 4 Abs. 5 Oö GVG nur genehmigt werden, wenn sie in einem das öffentliche Interesse überwiegenden Interessen lägen und den sonstigen Zielen des Oö GVG 1994 nicht widersprächen. Dabei dürfe der land‑ oder forstwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr Grund und Boden als notwendig entzogen und die land‑ oder forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundstücke nicht erheblich erschwert oder unmöglich gemacht werden. Nach dieser Bestimmung seien bei der vorzunehmenden Interessenabwägung auch private Interessen zu beachten. Mit dem pauschalen Vorbringen, das Bauunternehmen stelle mit rund 53 Mitarbeitern einen Leitbetrieb in der Umgebung dar und sei zudem ein wichtiger Eckpfeiler für die Region als Wirtschaftsstandpunkt, habe der Revisionswerber kein ausreichendes Interesse dargelegt, welches ein das öffentliche Interesse gemäß § 4 Abs. 2 Oö GVG 1994 überwiegendes Interesse darstellen würde. Im Übrigen erwerbe das Grundstück nicht das Bauunternehmen, sondern der Revisionswerber persönlich.
11 Es sei im Verfahren somit kein Interesse, welches das öffentliche Interesse an der Erhaltung land‑ oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land‑ oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes überwiegen würde, hervorgekommen.
12 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.
13 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 4.1.1. Die Revision bringt zur Begründung der Zulässigkeit vor, das Landesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung abgewichen, weil dieses die offenkundigen privaten Interessen des Revisionswerbers nicht berücksichtigt habe. Das Landesverwaltungsgericht beschränke sich darauf, dass der Revisionswerber das Grundstück primär als noch umzuwidmendes Betriebsbaugebiet bzw. als Eintauschfläche verwenden wolle und eine nachhaltige Bewirtschaftung als Bio-Heidelbeerplantage nicht ableitbar sei. Hierbei lasse das Landesverwaltungsgericht außer Betracht, dass der Revisionswerber ein umfassendes Betriebskonzept vorgelegt und nachvollziehbar dargelegt habe, dass er beabsichtige, die Fläche selbst nachhaltig zu bewirtschaften. Das Landesverwaltungsgericht gehe davon aus, dass betreffend das Grundstück kein Umwidmungsverfahren in naher Zukunft geplant sei, und komme dennoch zu dem Schluss, das Grundstück sei als Baubetriebsgebiet angeschafft worden. Dies sei erheblich widersprüchlich, schließe ja der Umstand, dass in naher Zeit kein Umwidmungsverfahren geplant sei, die Annahme aus, das Grundstück werde als Betriebsbaugebiet angekauft. Das Landesverwaltungsgericht habe unterlassen, die plausible Darstellung der Selbstbewirtschaftung als privates Interesse zu berücksichtigen.
17 4.1.2. Mit diesem Vorbringen wendet sich die Revision einerseits gegen die Beweiswürdigung durch das Landesverwaltungsgericht, das sich sehr wohl mit dem Vorbringen des Revisionswerbers betreffend die projektierte Heidelbeerplantage auseinandergesetzt hat, jedoch zu dem Schluss gekommen ist, das vorgelegte Betriebskonzept sei nicht schlüssig, sodass von einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht ausgegangen werden könne.
18 Der Verwaltungsgerichtshof ist zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. zu dieser ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 29.11.2017, Ra 2015/04/0014, mwN). Einen derart gravierenden Fehler zeigt die Revision mit dem bloßen Hinweis auf die ‑ angebliche ‑ Widersprüchlichkeit nicht auf: Das Landesverwaltungsgericht hat vielmehr die von der Revision monierte Schlussfolgerung ausgehend von einer Analyse des vorgelegten Betriebskonzepts in Zusammenhangmit den Angaben des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung getroffen und dies in seinen beweiswürdigenden ‑ disloziert in der rechtlichen Beurteilung festgehaltenen ‑ Ausführungen nachvollziehbar begründet.
19 4.1.3. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern das Landesverwaltungsgericht in seiner Interessenabwägung das Vorbringen betreffend die geplante Errichtung einer Heidelbeerplantage als privates Interesse des Revisionswerbers nicht berücksichtigt habe. Insofern die Revision vermeint, das Landesverwaltungsgericht habe das private Interesse an der plausibel dargestellten Selbstbewirtschaftung nicht berücksichtigt, weicht diese vom festgestellten Sachverhalt ab. Welches weitere private Interesse die Revision meint, das nicht berücksichtigt worden sei, lässt sich der Zulässigkeitsbegründung nicht entnehmen.
20 4.2. Insofern die Revision letztlich für die Zulässigkeit ins Treffen führt, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, „wie lange eine erworbene Grundstücksfläche vor einer allfälligen Umwidmung in Bauland als landwirtschaftlich genutzte Fläche landwirtschaftlich bewirtschaftet werden muss“, um die Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Oö GVG 1994 zu erfüllen, entfernt sich diese wiederum von den zugrunde zu legenden Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach von einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung fallbezogen gar nicht ausgegangen werden könne. Der auf dieser Feststellung beruhenden, wiederum rein fallbezogenen Beurteilung, dass die festgestellte Bewirtschaftung nicht den öffentlichen Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land‑ oder fortwirtschaftlichen Grundbesitzes im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 1 und Z 2 Oö GVG 1994 entspreche, kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu und vermag daher die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen.
21 Im Übrigen übersieht die Revision in diesem Zusammenhang, dass das Verwaltungsgericht überdies den Versagungsgrund gemäß § 4 Abs. 6 Oö GVG 1994 angenommen hat, gegen den sich die Revision in der Zulässigkeitsbegründung nicht wendet.
22 4.3. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Februar 2024
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