VwGH Ra 2020/19/0225

VwGHRa 2020/19/02259.7.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des M A, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 2020, W202 2160513‑1/11E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190225.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 7. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei im Alter von zehn Jahren von einem mächtigen „Kommandanten“ entführt worden. Der Kommandant habe ihn misshandelt und gezwungen, als „bacha bazi“ (Tanzjunge) aufzutreten und ‑ als er älter geworden sei ‑ als Drogenlieferant zu arbeiten. Er habe sich schließlich dem Zugriff des Kommandanten entzogen, sei jedoch von dessen Männern zwei Mal aufgespürt, angegriffen und verletzt worden. Die staatlichen Behörden hätten ihm als „bacha bazi“ keinen Schutz gewährt. Im Fall einer Rückkehr fürchte er, vom Kommandanten ermordet zu werden.

2 Mit Bescheid vom 25. April 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Das BVwG erachtete die Angaben des Revisionswerbers zu seinen Erlebnissen im Herkunftsstaat nicht als glaubwürdig. Die allgemeine Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers sei dadurch als gemindert anzusehen, dass sich ergeben habe, dass von ihm zu Beginn des Verfahrens gemachte Abgaben unrichtig gewesen seien. Insbesondere habe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens herausgestellt, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz volljährig gewesen sei. Die Beurteilung, dass die Schilderungen des Revisionswerbers zu seinen Erlebnissen im Herkunftsstaat ‑ insbesondere zur Entführung und Bedrohung durch einen Kommandanten ‑ nicht den Tatsachen entspreche, gründete das BVwG auf näher dargestellte Ungereimtheiten und Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision wendet sich unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung. Das BVwG habe einzelnen missverständlichen Angaben des Revisionswerbers in seinen Einvernahmen durch das BFA und in der mündlichen Verhandlung zu großes Gewicht beigemessen und dabei übergangen, dass er im gesamten Verfahren die Erlebnisse im Herkunftsstaat in den wesentlichen Punkten konsistent geschildert habe.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser ‑ als Rechtsinstanz ‑ zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 25.5.2020, Ra 2020/19/0122, mwN). Die Beweiswürdigung kann unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit der Revision nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre (vgl. VwGH 21.12.2018, Ro 2018/12/0015, mwN).

10 Das Bundesverwaltungsgericht, das sich in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschafft hat, konnte sich bei seinen beweiswürdigenden Erwägungen auf Ungereimtheiten und Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers stützen. Die Revision vermag nicht darzustellen, dass diese Erwägungen des BVwG an einer durch den Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden groben Mangelhaftigkeit leiden würden.

11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 9. Juli 2020

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