VwGH Ra 2020/05/0029

VwGHRa 2020/05/002917.6.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revisionen der B GmbH in W, vertreten durch die Kuhn Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Elisabethstraße 22, gegen 1. den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 25. März 2020, LVwG‑AV‑657/004‑2019 (protokolliert zu Ra 2020/05/0072), betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages und 2. das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Dezember 2019, LVwG‑AV‑657/001‑2019 (protokolliert zu Ra 2020/05/0029), betreffend eine Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §33 Abs3
AVG §6 Abs1
VwGG §24 Abs1
VwGG §25a Abs5
VwGG §26 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §62 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050029.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1. Zu Ra 2020/05/0072:

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag der revisionswerbenden Partei vom 28. Februar 2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Dezember 2019 abgewiesen und ausgesprochen, dass gegen diesen Beschluss eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Zur Zulässigkeit der dagegen erhobenen Revision bringt die revisionswerbende Partei vor, auf der im Internet abrufbaren Informationsseite über die Einbringungsmöglichkeiten beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich werde nicht auf die mangelnde Einbringungsmöglichkeit via WebERV hingewiesen. Dazu habe das Landesverwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen und es habe diesen Umstand nicht in seine rechtliche Beurteilung einbezogen. Die im Internet veröffentlichten Einbringungsmöglichkeiten beim Verwaltungsgericht entsprächen daher nicht den gesetzlichen Vorgaben, woraus folge, dass „die im angefochtenen Erkenntnis ausgedrückte Rechtsansicht, die auf diese Frage im Konkreten gar nicht eingeht, keineswegs bloß einzelfallbezogen“ sei. Es handle sich hierbei vielmehr um eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukomme und hinsichtlich derer bis dato keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

6 Abgesehen davon, dass aus dem Zulässigkeitsvorbringen schon nicht hervorgeht, welche konkrete Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden soll, ist festzuhalten, dass die revisionswerbende Partei in ihrem Wiedereinsetzungsantrag vom 28. Februar 2020 als Grund für die Versäumung der Revisionsfrist ein einmaliges Versehen einer näher genannten Kanzleikraft, welche die betreffende Revision entgegen der Anordnung des zuständigen Juristen nicht an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, sondern direkt an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt habe, geltend gemacht hat. Inwiefern die fehlende Einbringungsmöglichkeit via WebERV beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich für die Entscheidung über die vorliegende Revision relevant sein soll, legt die revisionswerbende Partei nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, zumal dieser Umstand im Wiedereinsetzungsantrag nicht erwähnt wird.

7 Die zu Ra 2020/05/0072 protokollierte Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

2. Zu Ra 2020/05/0029:

8 Gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz VwGG sind die Schriftsätze, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, beim Verwaltungsgericht einzubringen. Nach § 25a Abs. 5 VwGG ist die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen.

9 Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen und beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung (vgl. § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG).

10 Im Revisionsfall wurde das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Dezember 2019 der revisionswerbenden Partei am 15. Jänner 2020 zugestellt. Mit diesem Tag begann die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Revision zu laufen und endete somit am 26. Februar 2020.

11 Die dagegen erhobene, an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Revision wurde am 26. Februar 2020 dem Verwaltungsgerichtshof übermittelt, der sie mit Verfügung vom 10. März 2020 zuständigkeitshalber an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich weitergeleitet hat, wo sie am 12. März 2020, und somit nach Ablauf der Revisionsfrist, einlangte. Zudem übermittelte die revisionswerbende Partei die vorliegende Revision gleichzeitig mit dem unter Punkt 1. erwähnten Wiedereinsetzungsantrag mit Schreiben vom 28. Februar 2020 dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, wo sie am 9. März 2020 einlangten.

12 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat die Revision nach Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages der revisionswerbenden Partei mit dem unter Punkt 1. angefochtenen Beschluss dem Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom 25. März 2020 gemäß § 30a Abs. 7 VwGG vorgelegt.

13 Die vorliegende Revision wäre innerhalb der Revisionsfrist, und somit spätestens am 26. Februar 2020 ‑ nach den oben genannten Bestimmungen des VwGG ‑ nicht beim Verwaltungsgerichtshof, sondern beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich einzubringen gewesen.

14 Die unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Revision war gemäß § 62 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 AVG an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich weiterzuleiten, wobei die Frist zur Erhebung einer Revision in einem solchen Fall nur gewahrt ist, wenn das Schriftstück noch innerhalb der Revisionsfrist einem Zustelldienst zur Beförderung an die zuständige Stelle übergeben wird (§ 33 Abs. 3 AVG) oder sonst bei dieser einlangt (vgl. etwa VwGH 17.12.2018, Ra 2018/06/0226, mwN). Eine solche Fristwahrung liegt im vorliegenden Fall nicht vor, weil die Weiterleitung der Revision durch deren Übergabe an die Post zur Beförderung an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 10. März 2020 erfolgte, als die sechswöchige Revisionsfrist, welche am 26. Februar 2020 endete, schon abgelaufen war. Die am 12. März 2020 beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangte Revision erweist sich somit als verspätet; gleiches gilt im Hinblick auf die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages (s. dazu Punkt 1.) für die gleichzeitig mit diesem Antrag außerhalb der Revisionsfrist dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte Revision.

15 Die dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 30a Abs. 7 VwGG vorgelegte, zu Ra 2020/05/0029 protokollierte Revision war demnach gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 17. Juni 2020

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte