VwGH Ra 2019/21/0015

VwGHRa 2019/21/00154.4.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des D D in G, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das am 5. Dezember 2018 mündlich verkündete und mit 24. Jänner 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, I409 1415105-2/28E, betreffend (insbesondere) Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210015.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der nach eigenen Angaben am 22. Juli 2010 nach Österreich eingereiste Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Gabun, stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheid vom 12. August 2010 gab das Bundesasylamt diesem Antrag keine Folge und wies den Revisionswerber nach Gabun aus. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 24. September 2015, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.

3 Mit Bescheid vom 9. November 2015 sprach das BFA sodann aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gabun zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Der Revisionswerber erhob Beschwerde, die das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abwies (in Bezug auf die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels mit der Maßgabe, dass insoweit ein Abspruch nach § 55 AsylG 2005 zu unterbleiben habe).

5 Im Zuge der der Rückkehrentscheidung zu Grunde liegenden Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass sich der Revisionswerber zwar bereits seit 22. Juli 2010 in Österreich aufhalte; dieser Aufenthalt sei jedoch dadurch relativiert, dass er sich bereits nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - knapp drei Wochen nach seiner Einreise - seines unsicheren Aufenthaltes bewusst gewesen sei; ihm sei zu keinem Zeitpunkt der Eindruck vermittelt worden, längerfristig in Österreich verbleiben zu können. Er habe auch gewusst, dass sein Fluchtgrund in Wahrheit nicht bestehe und so versucht, im Wege eines unbegründeten Asylantrages ein vorläufiges Aufenthaltsrecht zu erlangen. Insoweit verleihe auch die bisherige Verfahrensdauer den privaten Interessen des Revisionswerbers unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes kein entscheidendes zusätzliches Gewicht. Dazu komme, dass der Revisionswerber in Österreich kein geschütztes Familienleben führe, während seine Familie - zu der er offenbar noch Kontakt habe - in Gabun lebe. Zum in Österreich geführten Privatleben des Revisionswerbers sei anzumerken, dass er sich im Rahmen seines etwa achteinhalbjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet als Verkäufer einer Straßenzeitung betätigt habe; jedoch sei er zu keinem Zeitpunkt selbsterhaltungsfähig gewesen und habe durchgängig Leistungen aus der Grundversorgung erhalten, wobei er seine Einkünfte dem Grundversorgungsträger - trotz Meldeverpflichtung - nicht bekannt gegeben habe. Darüber hinaus habe der Revisionswerber keine Ausbildung genossen und könne lediglich ein Deutsch-Zertifikat A2 vorweisen; seine Kontakte in Österreich beschränkten sich primär auf zahlreiche Bekanntschaften, die er im Rahmen seiner mehrjährigen Erwerbstätigkeit als Straßenzeitungsverkäufer habe schließen können; dies sei als sozialer Integrationsaspekt zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, bewirke aber "unter Berücksichtigung aller Umstände" noch keine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung in Österreich. Die vorzunehmende Interessenabwägung falle somit vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens zu Ungunsten des Revisionswerbers aus.

6 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG in seinem Erkenntnis noch aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber geltend, das BVwG sei bei der der Rückkehrentscheidung zu Grunde liegenden Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG in unvertretbarer Weise von den im Rahmen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen abgewichen.

10 Es ist einzuräumen, dass die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung sorgfältiger hätte ausfallen können. Es mag weiter zutreffen, dass einzelne Überlegungen, die das BVwG im Rahmen dieser Interessenabwägung angestellt hat, nur bedingt tragfähig sind.

11 Das ändert aber nichts daran, dass das vom BVwG nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und Gewinnung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber erzielte Ergebnis vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls vertretbar ist, was der Zulässigkeit einer Revision entgegensteht. Denn jedenfalls trifft es zu, dass die - von der Revision nicht in Frage gestellte - fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit des Revisionswerbers, der in Österreich kein Familienleben führt und über keine abgeschlossene Ausbildung verfügt, zu seinen Lasten in Anschlag zu bringen war. Die zahlreichen Bekanntschaften des Revisionswerbers, die sich aus seiner Tätigkeit als Verkäufer einer Straßenzeitung ergeben haben und die er durch eine Vielzahl von Unterstützungserklärungen belegt hat, hat das BVwG aber ohnehin miteinbezogen. Wenn es dennoch davon ausging, es sei nicht von einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung des Revisionswerbers in Österreich auszugehen und (im Ergebnis) darauf hinwies, dass sich der Revisionswerber bisher nur auf Basis seines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz in Österreich aufhält und sich bereits ab erstinstanzlicher Abweisung seines Antrags mit Bescheid vom 12. August 2010 seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, was die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich relativiere, so kann ihm nicht in einer die Zulässigkeit der Revision begründenden Weise entgegengetreten werden (vgl. dazu etwa VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0229, Rn. 9).

12 Die Revision vermag somit keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Wien, am 4. April 2019

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