Normen
B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180378.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die revisionswerbenden Parteien sind Mutter und Sohn. Sie sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und gehören der tschetschenischen Volksgruppe an.
2 Die revisionswerbenden Parteien stellten am 12. Juni 2013 erste Anträge auf internationalen Schutz, die sie im Wesentlichen damit begründeten, dass die Erstrevisionswerberin in Tschetschenien von Beamten misshandelt worden sei und Knochenbrüche davon getragen habe.
3 Mit Bescheiden vom 21. Oktober 2013 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge auf internationalen Schutz der revisionswerbenden Parteien, ohne in die Sache einzutreten, als unzulässig zurück und stellte fest, dass Polen für die Prüfung der Anträge zuständig sei. Weiters wies das BFA die revisionswerbenden Parteien aus Österreich nach Polen aus und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Polen zulässig sei.
4 Mit Erkenntnis vom 25. November 2013 wies der Asylgerichtshof (AsylGH) die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.
5 Am 12. November 2014 stellten die revisionswerbenden Parteien weitere Anträge auf internationalen Schutz. 6 Mit Bescheiden vom 30. März 2017 wies das BFA die Anträge auf internationalen Schutz vollumfänglich ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte das BFA mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
7 Die dagegen erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
8 Begründend führte das BVwG aus, das Fluchtvorbringen der Erstrevisionswerberin sei aufgrund näher ausgeführter Widersprüche nicht glaubhaft. Weiters sei den revisionswerbenden Parteien der Status subsidiär Schutzberechtigter nicht zuzuerkennen gewesen, weil die psychischen Erkrankungen der revisionswerbenden Parteien in Tschetschenien behandelt werden könnten.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das BVwG habe sich nicht mit dem Beweisantrag auf Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweis dafür, dass der Zweitrevisionswerber an einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung leide, auseinandergesetzt.
10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 5.6.2019, Ra 2019/18/0192, mwN und Hinweis auf das Urteil des EGMR 13.12.2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien).
15 Fallbezogen ist festzuhalten, dass sich das BVwG mit den vorgelegten Beweismitteln zum gesundheitlichen Zustand der revisionswerbenden Parteien auseinandergesetzt hat, aber keine akute bzw. schwerwiegende Erkrankung, welche in Tschetschenien nicht behandelbar wäre und im Falle der Rückkehr zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen würde, festgestellt hat. Die revisionswerbenden Parteien vermögen auch in der Revision nicht aufzuzeigen, dass die vorgebrachten Krankheiten jene vom EGMR in der Rechtssache Paposhvili gegen Belgien beschriebene Schwere und Intensität aufweisen, welche dazu führen könnten, dass bei einer Abschiebung die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten würde. 16 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision Verfahrensmängel geltend gemacht werden, reicht es zudem nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel - in konkreter Weise - darzulegen (vgl. etwa VwGH 29.1.2019, Ra 2018/18/0399, mwN).
17 Insoweit die Revision dazu insbesondere rügt, das BVwG habe sich nicht ausreichend mit dem Beweisantrag auf Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweis für das Vorliegen einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung des Zweitrevisionswerbers auseinandergesetzt, ist darauf hinzuweisen, dass das BVwG unter Verweis auf vorgelegte medizinische Unterlagen ohnedies festgestellt hat, dass der Zweitrevisionswerber wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in regelmäßiger Behandlung stehe. Allerdings stellte das BVwG auch fest, dass eine medizinische Behandlung im Herkunftsstaat möglich sei. Worin vor diesem Hintergrund die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels liegen soll, legt die Revision indessen nicht konkret dar. 18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 26. September 2019
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