VwGH Ra 2019/16/0194

VwGHRa 2019/16/01944.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Mag. (FH) RN in Z, vertreten durch Dr. Nikola Tröthan, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria Theresien-Straße 29/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. September 2019, I421 2220103- 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Normen

GGG 1984 Art6 Z50
VwGG §42 Abs2 Z3 lita

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160194.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Vorschreibung von Eintragungsgebühren für die Einverleibung von Wohnungseigentum gemäß § 26 Abs. 3 erster Satz GGG in der Fassung der Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 1/2013 - GGN und sprach aus, dass gegen sein Erkenntnis die Revision nicht zulässig sei.

Das Bezirksgericht Innsbruck habe - so die Begründung - mit seinem Beschluss vom 28. Juni 2013 die Einverleibung des Eigentums ob der Miteigentumsanteile, mit denen Wohnungseigentum an einem näher bezeichnete Objekt verbunden seien, bewilligt, wofür der Revisionswerber eine Eintragungsgebühr von EUR 935,-- geleistet habe. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde habe ihm eine restliche Eintragungsgebühr von EUR 774,-- vorgeschrieben, weil sich der offengelegte Kaufpreis in der Höhe von EUR 85.000,-- nicht an dem Preis orientiere, der für die selben Miteigentumsanteile samt verbundenen Wohnungseigentum im redlichen Geschäftsverkehr üblicherweise zu erzielen sei, womit außergewöhnliche Verhältnisse im Sinn des ersten Satzes des § 26 Abs. 3 GGG vorlägen. Der Rechtsvorgänger des Revisionswerbers habe die Wohnung samt Tiefgarage mit Kaufvertrag vom 14. Dezember 2012 von einer gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft gekauft und mit Kaufvertrag vom 17. Dezember 2012 an den Revisionswerber weiterveräußert, ohne dass der Kaufvertrag vom 14. d.M. verbüchert worden wäre. Die Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer sei vom Vertragsverfasser am 3. Jänner 2013 erfolgt, wie sich aus dieser Erklärung, einliegend in der Urkundensammlung, ergebe. Die Behauptung in der Beschwerde, dies sei am 27. Dezember 2012 erfolgt, finde in der eben genannten Urkunde keine Deckung.

2 In rechtlicher Hinsicht gelangte das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass keine Verjährung des Gebührenanspruches vorliege. Für die Frage der Geltung des alten oder des neuen Gebührenregimes nach der Übergangsbestimmung des (richtig wohl) Art. VI Z 49 GGG sei maßgeblich, ob die Eingabe beim Grundbuchsgericht vor oder nach dem 31. Dezember 2012 eingelangt sein; im vorliegenden Fall sei dies am 26. Juni 2013 erfolgt und die beantragte Eintragung am

28. d.M. vorgenommen worden. Somit sei im Revisionsfall die neue Rechtslage nach der GGN anzuwenden und als Bemessungsgrundlage der von der belangten Behörde herangezogene Verkehrswert als Wert des einzutragenden Rechts im Sinn des § 26 GGG maßgeblich. Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, die hier anzuwendenden Regelungen erwiesen sich als klar und eindeutig. Allfällige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung seien im gegenständlichen Einzelfall nicht aufgeworfen worden.

3 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legt ihre Zulässigkeit folgendermaßen dar:

"Der Revisionswerber hat iZm der Vorschreibung einer Nachtragsvergebührung vor dem Hintergrund der im Wege der Selbstberechnung am 27.12.2012 vorgenommenen Berechnung die damit im Zusammenhang stehenden Übergangsregelungen der mit 01.01.2013 in Kraft getretenen Novelle zur Änderung des Gerichtsgebührengesetzes eingewendet.

Soweit das Verwaltungsgericht diesbezüglich ausführt, dass die Erklärung über die Selbstberechnung vom Vertragsverfasser mit 03.01.2013 datiert und die Behauptung des Revisionswerbers, die Selbstberechnung wäre am 27.12.2012 erfolgt, würde in der in der Urkundensammlung erliegenden Urkunde keine Deckung finden, stellt dies eine erhebliche Aktenwidrigkeit dar.

Bei der vom Verwaltungsgericht zitierten Urkunde vom 03.01.2013 handelt es sich um die in der Urkundensammlung erliegende Bestätigung zur Grundverkehrsanzeige, nicht jedoch um den Nachweis der vom Vertragsverfasser am 27.12.2012 vorgenommenen Selbstberechnung. Letztere Urkunde wurde vom Revisionswerber als Beilage zur Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 26. 02.2019 auch vorgelegt und stellt somit einen wesentlichen Aktenbestandteil dar.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung nicht nur solche des materiellen Rechts, sondern auch des Verfahrensrechts sein können, etwa bei Verletzung

tragender Grundsätze des Verfahrensrechts ... oder gegebenenfalls

dann, wenn der vom Verwaltungsgericht angenommene Sachverhalt in unvertretbarer Weise nicht mit den vorgelegten Akten übereinstimmt, also Aktenwidrigkeit vorliegt ...

Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind ...

Das Bundesverwaltungsgericht stellte im vorliegenden Fall u. a. aufgrund der in den Verwaltungsakten einliegenden Dokumentationen das Vorliegen eines unrichtigen Selbstberechnungsdatums fest. Der hier behauptete Verfahrensmangel, nämlich die Heranziehung einer Bestätigung zur Grundverkehrsanzeige anstatt der Selbstberechnungserklärung selbst stellt einen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel dar, dies insbesondere deswegen, weil das hier beurteilungsrelevante Datum mit 03.01.2013 anstatt mit richtigerweise 27.12.2012 der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Dies ist deswegen von Bedeutung weil die Novelle zum Gerichtsgebührengesetz mit 01.01.2013 in Kraft getreten ist und für sog. ‚Altfälle' Übergangsregelungen vorgesehen waren, wonach die Bemessungsgrundlage nach der damals geltenden (alten) Rechtslage zu ermitteln gewesen ist.

Bei Heranziehung der Selbstberechnungserklärung mit Datum vom 27.12.2012 wäre daher die Lösung der Rechtsfrage, ob die Übergangsregelungen iZm der mit 01.01.2013 in Kraft getretenen Novelle zur Änderung des Gerichtsgebührengesetzes gegenständlichen falls anzuwenden gewesen wären, anders zu beurteilen gewesen. Es liegt daher eine aktenwidrige Annahme eines Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt vor.

Gegenständlichen falls ist die Revision daher zulässig, da sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Aktenwidrigkeit abweicht, eine Rechtsprechung in Bezug auf die eingewendete und hier entscheidungsrelevante Übergangsregelung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bzw. nicht einheitlich beantwortet wird."

4 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

6 Die außerordentliche Revision begründet ihre Zulässigkeit in einer aktenwidrigen Feststellung des Verwaltungsgerichtes über den Zeitpunkt der nach Art. VI Z 50 GGG maßgeblichen Selbstberechnung. 7 Art. VI Z 50 GGG, angefügt durch Art. 1 Z 15 GGN, lautet:

"Für Fälle der Selbstberechnung, die vor dem 1. Jänner 2013

erfolgt sind, sind die §§ ... 26, ... in der Fassung vor der

Grundbuchsgebührennovelle, BGBl. I Nr. 1/2013, weiterhin anzuwenden; die Fälligkeit der Eintragungsgebühren tritt in diesen Fällen am 31. Dezember 2012 ein."

8 Die ErläutRV 1984 BlgNR XXIV. GP 8f, führen zu dieser Übergangsbestimmung aus:

"Für Selbstberechnungen, die bis zum Inkrafttreten der vorgeschlagenen Änderungen weiterhin durchgeführt werden können, waren gesonderte Übergangsregelungen vorzusehen. Wird die Selbstberechnung vor dem 1. Jänner 2013 durchgeführt, so tritt die Fälligkeit der Eintragungsgebühr - in Abweichung zur allgemeinen Regel über die Fälligkeit der Eintragungsgebühren in Fällen der Selbstberechnung - schon mit 31. Dezember 2012 ein. Auf den Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuchs, der Fälligkeit der Grunderwerbsteuer oder der Durchführung der Eintragung kommt es in diesen Fällen nicht an. Dadurch ist ebenso sichergestellt, dass für diese Fälle die Bemessungsgrundlage nach der bisher geltenden Rechtslage zu ermitteln ist.

..."

9 Art. VI Z 50 GGG setzt daher nicht bloß die Berechnung der in Rede stehenden Abgaben (Grunderwerbsteuer und Gerichtsgebühr), sondern auch die Abgabe der Selbstberechnungserklärung gegenüber der Abgabgenbehörde vor dem 1. Jänner 2013 voraus (vgl. etwa die in Dokalik, Gerichtsgebühren13, unter E1 zu Art. VI GGG wiedergegebene Rechtsprechung).

10 Das Verwaltungsgericht gelangte zur Annahme der Abgabe der Selbstberechnung nach dem 31. Dezember 2012 anhand der in der Urkundensammlung einliegenden, mit 3. Jänner 2013 datierten, Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 12 GrEStG.

Die Revision verweist demgegenüber auf ein mit der Vorstellung vorgelegtes "Berechnungsblatt" des Vertragsverfassers vom 27. Dezember 2012, welches dieser dem Revisionswerber mit Schreiben vom selben Tag mit dem Ersuchen übermittelt hatte, ihm die berechnete Gesamtsumme von Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr binnen 14 Tagen zu überweisen.

11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Aktenwidrigkeit nur dann vor, wenn sich die Behörde oder das Gericht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch setzt, wenn also der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde, nicht aber, wenn Feststellungen getroffen wurden, die aufgrund der Beweiswürdigung mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen (vgl. etwa VwGH 24.11.2016, Ra 2016/16/0108, mwN).

Eine solche unrichtige Darstellung des Akteninhaltes kann dem Verwaltungsgericht gerade nicht unterstellt werden, wenn es sich ausdrücklich auf die in der Urkundensammlung einliegende Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 12 GrEStG vom 3. Jänner 2013 bezog, nicht jedoch auf ein vom Vertragsverfasser dem Revisionswerber intern übermitteltes "Berechnungsblatt".

12 Vor diesem Hintergrund liegt die als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor, zumal sich der Revisionswerber im verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines substantiierten Vorbringens enthielt, wann und auf welchem Wege die in Rede stehende Selbstberechnungserklärung vom Vertragsverfasser der Abgabenbehörde übermittelt worden wäre, und ihm die Darlegung dieser in seiner Sphäre liegenden Umstände wohl möglich gewesen wäre; damit lag auch kein sonstiger Verfahensfehler des Verwaltungsgerichtes vor.

13 Die Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 4. Dezember 2019

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