Normen
BAO §184
BAO §280 Abs1 lite
BAO §93 Abs3 lita
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019150003.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalls wird auf das Erkenntnis vom 26. Jänner 2017, Ro 2015/15/0011 (in der Folge: Vorerkenntnis), verwiesen.
2 Den Streitpunkt bildete die Frage der Abzugsfähigkeit einer Prämie für die Einräumung einer Währungsoption als Werbungskosten im Zusammenhang mit der Vermietung von zwei unter Inanspruchnahme von Fremdwährungskrediten finanzierten Vermietungsobjekten. Die tatsächlich nicht ausgeübte Währungsoption hätte die Mitbeteiligte berechtigt, eine näher bestimmte Menge CHF zu einem festgelegten Optionskurs zu kaufen. Nach den im seinerzeitigen Verfahren unbestritten gebliebenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts hat der Abschluss der Währungsoption dazu gedient, die drohende Zwangskonvertierung hinsichtlich eines weiteren Teiles der aushaftenden Fremdwährungskredite abzuwenden.
3 Mit dem Vorerkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts, in welchem die Optionsprämie als Werbungskosten zum Abzug zugelassen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, dass Kursverluste anlässlich der Tilgung eines Fremdwährungskredites, die aus der marktbedingten Kursentwicklung der Währung im Zeitraum zwischen Aufnahme und Tilgung des Kredites resultieren, nicht als Werbungskosten bei Ermittlung der Einkünfte aus dem fremdfinanzierten Wirtschaftsgut abzugsfähig sind. Unmittelbare Folge der Zwangskonvertierung wäre die (endgültige) Realisierung der im Privatvermögen eingetretenen Währungsverluste. Soweit der Abschluss der Vereinbarung über eine Währungsoption dazu gedient hat, die Realisierung des im Abschlusszeitpunkt bestehenden Kursverlustes abzuwenden, betrifft der darauf entfallende Teil der Optionsprämie die Vermeidung von Kapitalverlusten, die auch durch den späteren Abschluss eines Sicherungsgeschäftes nicht in abzugsfähige Werbungskosten umgewandelt werden können. Erst ein nach dieser gebotenen primären Zuordnung zur steuerlich nicht relevanten Vermögenssphäre allenfalls noch verbleibender Restbetrag der streitgegenständlichen Optionsprämie kann - als zur Vermeidung höherer zukünftiger Zinsen geleistet - zum Abzug als Werbungskosten in Betracht kommen.
4 Im fortgesetzten Verfahren legte die mitbeteiligte Partei nach Ausweis der Akten u.a. Aufstellungen zu realisierten und fiktiven Kursverlusten bei Vollkonvertierung vor. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage gemäß § 269 Abs. 3 BAO gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise statt, indem es 10 % der strittigen Optionsprämie als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte.
5 Begründend wird im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt, im Rahmen der in Wahrung des Parteiengehörs abgehaltenen Erörterung habe man sich auf keinen einvernehmlichen Aufteilungsschlüssel einigen können. Es seien verschiedene Berechnungsvarianten diskutiert worden. Die Mitbeteiligte habe eine Berechnung vorgelegt, wonach der Anteil der Zinsersparnis 44,36 % an der Summe der durch den Abschluss der Währungsoption bewirkten Gesamtersparnis (abgewendete Realisierung des Kursverlustes sowie der Zinsersparnis durch die Weiterführung der Fremdwährungskredite bis zum Ende deren vereinbarter Laufzeit von 15 Jahren) betrage und die Optionsprämie in dieser Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen sei. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sei für die Berechnung hingegen nur die Zinsersparnis jenes Zeitraums von 6 Monaten, für den die Währungsoption abgeschlossen worden sei, heranzuziehen, woraus sich ein abzugsfähiger Anteil von 3,37 % ergeben würde. Das Bundesfinanzgericht sehe sich im fortgesetzten Verfahren außer Stande, einen exakten Aufteilungsschlüssel zu ermitteln, weshalb mit Schätzung vorzugehen sei. Die abzugsfähige Optionsprämie werde im Schätzungswege gemäß § 184 BAO mit 10 % festgesetzt.
6 Weiters erklärte das Bundesfinanzgericht die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig, weil "der hier vorgenommene Berechnungsansatz (...) eine Schätzungsmaßnahme nach § 184 BAO" darstelle. 7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Finanzamts. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision macht das revisionswerbende Finanzamt u.a. geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, indem es das Schätzungsergebnis nicht begründe. Das Bundesfinanzgericht gebe lediglich das Verwaltungsgeschehen wieder. Eigenständige Feststellungen zu den maßgeblichen Sachverhaltselementen - nämlich, inwieweit der Abschluss der Währungsoption dazu gedient habe, die Realisierung des im Abschlusszeitpunkt bestehenden Kursverlustes abzuwenden - ließen sich dem Erkenntnis nicht entnehmen.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist zulässig und begründet, weil das Erkenntnis
des Bundesfinanzgerichtes dem Vorerkenntnis - wie vom Finanzamt aufgezeigt - nicht ausreichend Rechnung trägt.
10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegen auch Schätzungsergebnisse der Begründungspflicht. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Die Begründung muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 13.9.2017, Ra 2015/13/0019).
11 Diesen Anforderungen entspricht das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes nicht.
12 Im Revisionsfall ist schon nicht erkennbar, dass eine Schätzungsberechtigung im Sinne des § 184 BAO vorliegt. Im Vorerkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es geboten ist, die Optionsprämie primär der steuerlich nicht relevanten Vermögenssphäre zuzuordnen. Erst ein allfällig verbleibender Rest, der nicht der Abwehr der Kursverlustrealisierung dient, kommt zum Abzug als Werbungskosten in Betracht (vgl. Lenneis, wobl 2017/57).
13 Dass das Bundesfinanzgericht nicht über die notwendigen Angaben und Unterlagen verfügt habe, um die Höhe der Kursverluste, deren Realisierung durch den Abschluss der Währungsoption verhindert wurde, zu ermitteln, ist dem Erkenntnis nicht zu entnehmen. Vor Eintritt in die "Erörterung verschiedener Berechnungsvarianten" wäre es erforderlich gewesen, Feststellungen darüber zu treffen, inwieweit der Abschluss der Vereinbarung über die Währungsoption dazu gedient hat, die Realisierung des unter der Fiktion der Konvertierung zu diesem Zeitpunkt bestehenden Kursverlustes abzuwenden. Dieser Teil der Optionsprämie betrifft die Vermeidung von Kapitalverlusten, die auch durch den späteren Abschluss eines Sicherungsgeschäftes nicht in abzugsfähige Werbungskosten umgewandelt werden können. Ein Berechnungsansatz, der sich am Anteil der Zinsersparnis an der Gesamtersparnis orientiert, trägt dieser Vorrangigkeit der Zuordnung jedenfalls nicht Rechnung.
14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am 3. September 2019
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