VwGH Ra 2019/14/0007

VwGHRa 2019/14/000728.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in den Revisionssachen 1. der A B, 2. des C D,

3. der E F und 4. der G H, alle in X, alle vertreten durch Mag. Michaela Krömer, Rechtsanwältin in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen die jeweils am 5. November 2018 mündlich verkündeten und am 22. November 2018 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts, 1. W244 2201735-1/7E,

2. W265 2201737-1/7E, 3. W265 2201738-1/7E und 4. W265 2201739- 1/8E, jeweils betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §34 Abs3;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140007.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der übrigen (minderjährigen) revisionswerbenden Parteien. Alle sind Staatsangehörige von Afghanistan. Die Erstrevisionswerberin, der Zweitrevisionswerber und die Drittrevisionswerberin reisten im Jahr 2017 mit gemäß § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 iVm § 35 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ausgestellten Visa in das Bundesgebiet ein. Die Viertrevisionswerberin wurde in Österreich geboren. Alle stellten Anträge auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005. Bereits zuvor (im Jahr 2014) war dem Ehemann der Erstrevisionswerberin (dem Vater der übrigen revisionswerbenden Parteien) subsidiärer Schutz zuerkannt worden.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies die Anträge jeweils mit Bescheid vom 6. Juli 2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab, erkannte den revisionswerbenden Parteien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 den Status von subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen mit Gültigkeit jeweils bis 18. Juli 2019.

3 Die gegen die Versagung der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht erklärte die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG in allen Fällen für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zur Zulässigkeit der Revisionen wird geltend gemacht, das Bundesverwaltungsgericht habe keine ausreichenden Ermittlungen bzw. Befragungen zum Vorbringen der Erstrevisionswerberin, dass sie von ihren Brüdern, die den Taliban angehörten, bedroht worden sei, durchgeführt. Es sei nicht einmal festgestellt worden, dass die Brüder der Erstrevisionswerberin den Taliban angehörten. Aus sämtlichen Länderberichten betreffend Afghanistan gehe vor, dass die Taliban einen respektlosen Umgang gegenüber Frauen pflegten und auch Übergriffe gegenüber Frauen keine Seltenheit darstellten. Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt sei daher nicht vollständig ermittelt worden.

8 Damit nimmt die Erstrevisionswerberin auf ihr Vorbringen Bezug, wonach sie ohne Erlaubnis ihrer Eltern eine Ehe eingegangen und ausgezogen sei, weshalb sie von ihren Brüdern bedroht worden sei. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht dieses Vorbringen als unglaubwürdig eingestuft hat. Soweit nun in den Revisionen Feststellungen vermisst werden, die dem Vorbringen der Erstrevisionswerberin entsprechen, stellt das Fehlen solcher Feststellungen fallbezogen lediglich die aus den beweiswürdigenden Überlegungen des Verwaltungsgerichts resultierende Konsequenz dar. Es wird aber von den revisionswerbenden Parteien, die erkennbar darauf abzielen, dass im Rahmen der Beweiswürdigung nicht alle zu berücksichtigenden Umstände einbezogen worden wären, nicht dargestellt, aufgrund welcher konkreten ergänzenden Ermittlungen das Bundesverwaltungsgericht zu anderen Feststellungen hätte kommen und weshalb diese zu einem anderen Ergebnis hätten führen können. Somit wird die Relevanz des - zudem bloß unsubstantiiert - behaupteten Verfahrensfehlers nicht aufgezeigt.

9 Weiters wird vorgebracht, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch Nachfluchtgründe zu berücksichtigen seien. Dem gegenständlichen Fall komme eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weil eine "immer größer werdende Zahl von afghanischen Frauen aus eigenen Stücken um Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 3 AsylG 2005" ansuche.

10 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 18.12.2018, Ra 2018/18/0516, mwN). Mit dem bloß pauschalen Hinweis darauf, dass Nachfluchtgründe zu berücksichtigen seien, wird sohin die Zulässigkeit der Revisionen nicht aufgezeigt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit sämtlichen von der Erstrevisionswerberin vorgebrachten Gründen befasst hat und zu ihrem Vorbringen betreffend eine "westlich orientierte Lebensweise" - insbesondere als Ergebnis der (ausführlichen) beweiswürdigenden Erwägungen zusammenfassend - festgehalten hat, bei ihr handle es sich "nicht um eine auf Eigenständigkeit bedachte Frau, die in ihrer persönlichen Wertehaltung und in ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als westlich bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert" wäre. Dem wird in den Revisionen nichts entgegengesetzt.

11 Von den revisionswerbenden Parteien werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2019

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