VwGH Ra 2019/05/0281

VwGHRa 2019/05/02819.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der R Z in L, vertreten durch die Müller Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rockhgasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 4. Juli 2019, LVwG-AV-1506/002-2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde L, vertreten durch die Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16; weitere

Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte

Partei: J W, L), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO NÖ 2014 §6
BauRallg
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050281.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0091, mwN).

5 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde L. vom 7. Juli 2017 wurde der mitbeteiligten Partei aufgrund deren Ansuchens vom 25. Jänner 2017 (richtig: 24. Jänner 2017) in Verbindung mit den geänderten, bei der Baubehörde am 9. Mai 2017 eingelangten Einreichunterlagen gemäß § 23 Abs. 1 und 2 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Doppelhauses mit straßenseitiger Einfriedung auf einer näher bezeichneten Liegenschaft unter Setzung einer Reihe von Auflagen erteilt. 6 Die von der Revisionswerberin als Superädifikatsberechtigte und Nachbarin (§ 6 Abs. 1 Z 4 NÖ BO 2014) dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde L. vom 17. Oktober 2017 mit der Maßgabe, dass ein (im erstinstanzlichen Bescheid angeführter) Auflagenpunkt ergänzt wurde, als unbegründet abgewiesen.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde unter Spruchpunkt I.1. die von der Revisionswerberin gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Spruch des Berufungsbescheides dahingehend abgeändert, dass die Berufung als unzulässig zurückgewiesen wurde. Unter Spruchpunkt I.3. wurde eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.

8 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, dass die grundsätzliche Rechtsfrage zu klären sei, ob das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften, gegenständlich der NÖ BO 2014, des bestehenden Flächenwidmungsplanes und des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 (NÖ ROG 2014), durch die Baubehörden zu überprüfen habe oder nicht, wenn wie gegenständlich ein betroffener Nachbar - wenngleich nicht in seinen subjektivöffentlichen Rechten verletzt - darauf in Eingaben und Rechtsmitteln hinweise. Die Bestimmung der NÖ BO 2014, wonach einem unmittelbar betroffenen Nachbarn Parteistellung im Baubewilligungsverfahren nur hinsichtlich der Beeinträchtigung der ausreichenden Belichtung seiner Hauptfenster eingeräumt werde, "nicht aber auch und selbstverständlich auf den Anspruch", dass die Baubehörde alle anderen gesetzlichen Bestimmungen der NÖ BO 2014 und des NÖ ROG 2014 einhalte, widerspreche allen Grundsätzen der Rechtssicherheit. Damit sei der baubehördlichen Willkür im eigenen Wirkungsbereich - wie gegenständlich erfolgt - mangels Überprüfung durch die Landesverwaltungsgerichte und letztlich durch den Verwaltungsgerichtshof Tür und Tor geöffnet. Dazu erscheine zur Wahrung der Rechtssicherheit eine grundsätzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, allenfalls abgehend von der bisherigen restriktiven Judikatur, dringend geboten.

9 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf:

10 Die im angefochtenen Erkenntnis (S. 45 und 48) vertretene Auffassung, dass ein Nachbar im Baubewilligungsverfahren, dem nur ein beschränktes Mitspracherecht zukommt, keineswegs berechtigt ist, alle tatsächlichen oder vermeintlichen Verstöße gegen die Bauvorschriften geltend zu machen, und allfällige (bloße) objektive Rechtswidrigkeiten für sich allein nicht zu berücksichtigen sind, entspricht der hg. Judikatur. Insbesondere kann ein Nachbar nicht mit Erfolg die Verletzung subjektivöffentlicher Rechte eines anderen Nachbarn geltend machen (vgl. etwa VwGH 18.11.2003, 2003/05/0115; ferner etwa VwGH 16.2.2017, Ra 2015/05/0060).

11 Darüber hinaus fehlt in der Zulässigkeitsbegründung der Revision jede Auseinandersetzung mit der hg. Judikatur, die konkret zu bezeichnen gewesen wäre, wobei auch eine Verknüpfung zwischen der zu individualisierenden Rechtsfrage, dem von einem Revisionswerber dieser konkret zugrunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes hätte vorgenommen werden müssen (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa VwGH 25.6.2019, Ra 2019/05/0084, mwN).

12 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 9. Oktober 2019

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