VwGH Ra 2018/21/0061

VwGHRa 2018/21/006126.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des N K, zuletzt in W, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Jänner 2018, Zl. G313 1310960-3/6E, betreffend insbesondere Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs4 Z4;
FrPolG 2005 §53 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs4 Z1;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210061.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1987 geborene Revisionswerber, ein kosovarischer Staatsangehöriger, wurde während seines Aufenthalts auf Basis eines am 20. Dezember 2005 gestellten und (letztlich) erfolglos gebliebenen Antrags auf internationalen Schutz mit rechtskräftigem Urteil vom 14. Mai 2007 wegen versuchten Diebstahls (fünf Fakten, begangen im Zeitraum März 2006 bis Mitte Dezember 2006) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Wochen verurteilt. Nachdem der Revisionswerber nach rechtskräftiger Erlassung einer (asylrechtlichen) Ausweisung im Juli 2007 zunächst untergetaucht war, wurde er nach seinem Aufgriff und Verhängung von Schubhaft am 27. Februar 2008 in den Kosovo abgeschoben. Der Revisionswerber kehrte in der Folge nach Österreich zurück und wurde hier am 14. Juli 2010 neuerlich wegen versuchten Diebstahls (drei Fakten, begangen im Zeitraum Ende Dezember 2006 bis Anfang August 2007) rechtskräftig zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt.

2 Der nach seiner Ausreise im Frühjahr 2011 wiederum nach Österreich gekommene Revisionswerber wurde sodann mit rechtskräftigem Urteil vom 24. Mai 2011 wegen des im Zusammenwirken mit Mittätern verübten (teils versuchten) schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch (insgesamt acht Fakten, begangen im Zeitraum Ende Februar 2007 bis Anfang Februar 2008) zu einer teilbedingten (Zusatz‑)Freiheitsstrafe von 20 Monaten (davon 14 Monate bedingt nachgesehen) verurteilt.

3 Der Revisionswerber hatte mittlerweile am 11. Februar 2009 in seinem Herkunftsstaat eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Er verfügte danach in Österreich seit 7. März 2011 über eine Hauptwohnsitzmeldung und seit 27. Jänner 2011 über Aufenthaltstitel als Ehemann einer Österreicherin; zuletzt stellte er fristgerecht einen Verlängerungsantrag.

4 Die nächste strafgerichtliche Verurteilung des Revisionswerbers erfolgte dann am 3. März 2015, und zwar jeweils als Beitragstäter wegen (teils versuchten) schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, wegen Urkundenunterdrückung und Entfremdung unbarer Zahlungsmittel (Fahr- und Aufpasserdienste bei zahlreichen Fakten, begangen im Juni 2014) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren. Nachdem der seit dem Jahr 2007 regelmäßig Kokain konsumierende und an Suchtmittel gewöhnte Revisionswerber, dem zunächst ein Strafaufschub nach § 39 SMG gewährt worden war, die diesbezügliche Therapie erfolgreich absolviert hatte, wurde die gegen ihn zuletzt verhängte Freiheitsstrafe mit Beschluss des Strafgerichtes vom 16. Jänner 2017 unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren gemäß § 40 Abs. 1 SMG bedingt nachgesehen.

5 Angesichts der erwähnten Straftaten erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 31. Dezember 2016 gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein mit sechs Jahren befristetes Einreiseverbot. Weiters stellte das BFA gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in den Kosovo zulässig sei, und gewährte ihm gemäß § 55 FPG zur freiwilligen Ausreise eine Frist von 14 Tagen.

6 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 24. Jänner 2018 als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 Unter diesem Gesichtspunkt wird in der Revision die Unterlassung der in der Beschwerde ausdrücklich beantragten mündlichen Verhandlung gerügt. Bei deren Durchführung hätte sich herausgestellt, dass der Revisionswerber mit seiner Ehefrau bereits seit März 2011 im gemeinsamen Haushalt lebt und nicht (wie vom BVwG aufgrund der Meldedaten der Ehefrau angenommen) erst seit Anfang Juni 2014. Außerdem habe sich der Revisionswerber (nur) in den Zeiträumen 11. April 2011 bis 24. Mai 2011, 21. November 2011 bis 5. März 2012 und 28. September 2014 bis 3. März 2015, sohin insgesamt etwa zehn Monate in einem Zeitraum von sieben Jahren, in Haft befunden. Entgegen der Meinung des BVwG könne daher keine Rede davon sein, dass der "Gesamtmeldezeitraum" des Revisionswerbers "hauptsächlich Zeiten seiner Haft" betreffe. Im Übrigen dürfte das BVwG die vom Revisionswerber absolvierte ambulante Therapie mit einer stationären Therapie verwechselt haben. Vielmehr habe er auch in diesem Zeitraum mit seiner Ehefrau zusammengelebt. Diese gravierenden Mängel bei der Erhebung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wären bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterblieben.

10 Diesen Ausführungen ist zwar dem Grunde nach beizupflichten, jedoch fehlt den angesprochenen Defiziten bei der Entscheidungsfindung für den vorliegenden Fall die Relevanz. Auszugehen ist nämlich davon, dass angesichts der durch wiederholten einschlägigen Rückfall gekennzeichneten und im Laufe der Zeit auch gesteigerten, zuletzt jeweils mehrfach qualifizierten Eigentumsdelikte in Form der sogenannten "Beschaffungskriminalität" ein besonders großes öffentliches Interesse an deren Unterbindung besteht, wobei nach wie vor von einer beträchtlichen Wiederholungsgefahr auszugehen war. Es entspricht nämlich ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich nach dem Vollzug einer Haftstrafe in Freiheit wohlverhalten hat, wobei dies selbst für den Fall einer erfolgreich beendeten Therapie gilt (vgl. beispielsweise VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0262, Rn. 7, mwN). Der Revisionswerber wurde zwar am 3. März 2015 aus der Untersuchungshaft entlassen. Seit dem Abschluss der Therapie Ende 2016 bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses sind aber erst knapp mehr als ein Jahr vergangen und auch die Probezeit in Bezug auf die (nunmehrige) bedingte Nachsicht der in der Dauer von drei Jahren verhängten Freiheitsstrafe ist noch offen. Vor allem zeigte sich beim (am Arbeitsmarkt nicht integrierten) Revisionswerber aber bereits in der Vergangenheit, dass auch eine längere Zeit des Wohlverhaltens keinen Beweis für seine weitere Rechtstreue darstellte, wurde er doch nach längeren Unterbrechungen wieder einschlägig und - wie erwähnt - sogar in gesteigerter Form rückfällig.

11 Vor diesem Hintergrund haben der Revisionswerber und seine österreichische Ehefrau - selbst wenn man mit der Revision infolge Bestehens eines ununterbrochenen gemeinsamen Haushalts seit März 2011 von einem "langjährigen Familienleben" ausgeht - eine durch die Umsetzung des Einreiseverbots bewirkte vorübergehende Trennung im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen der in Rede stehenden Art jedenfalls hinzunehmen. Auf das in der Revision kritisierte Argument des BVwG, es stehe der Ehefrau des Revisionswerbers, "die ebenfalls serbische Staatsangehörige ist", frei, mit ihm "ebenfalls im Heimatland wieder Fuß zu fassen", kommt es daher nicht entscheidungswesentlich an. Im Übrigen erfolgte die Annahme einer serbischen Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers und seiner Ehefrau an dieser Stelle des Erkenntnisses offenbar nur irrtümlich. Einerseits ging das BVwG nämlich schon im Kopf seiner Entscheidung zutreffend von der kosovarischen Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers aus und gab den Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides des BFA insoweit richtig wieder, als damit die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers in den Kosovo (als seinen Herkunftsstaat) festgestellt wurde. Andererseits legte das BVwG seiner Entscheidung ohnehin an mehreren Stellen (Punkte II.1.3. und II.2.2.2. sowie II.3.1.3) zugrunde, dass der Revisionswerber mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet ist.

12 Insgesamt liegt sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose bei der Rückkehrentscheidung (nach § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 Z 1 NAG iVm § 52 Abs. 4 Z 4 FPG) und beim Einreiseverbot (nach § 53 Abs. 3 FPG) als auch in Bezug auf die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG im Ergebnis ein eindeutiger Fall vor, der es dem BVwG ausnahmsweise schließlich auch erlaubte, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber abzusehen.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 26. April 2018

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