European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190590.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte am 31. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu brachte der Revisionswerber vor, ursprünglich aus der Provinz Ghazni zu stammen, wo es immer wieder Überfälle durch die Taliban und die Kutschi gegeben habe. Sein Vater sei einmal verletzt worden, als er gegen die Taliban gekämpft habe, der Revisionswerber sei einmal von den Kutschis geschlagen worden. Die Familie des Revisionswerbers habe Afghanistan aus diesem Grund verlassen und sei in den Iran geflohen. Der Revisionswerber selbst sei zu seinem Großvater nach Herat geschickt worden. Nach dessen Tod zwei Jahre später, sei der Revisionswerber zu seiner Familie in den Iran gereist. Die Familie sei illegal im Iran aufhältig gewesen. Wenn der Revisionswerber aufgegriffen worden wäre, wäre er entweder abgeschoben worden oder hätte für den Iran kämpfen müssen. Aus diesem Grund habe der Revisionswerber auch den Iran verlassen und zwei Jahre in der Türkei gelebt, von wo er nach Europa aufgebrochen sei. In Afghanistan habe er keinen Anschluss mehr, da er das Land bereits als Kind verlassen habe.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag mit Bescheid vom 19. September 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und sprach aus, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung vor, weil das Bundesverwaltungsgericht die Feststellung, wonach der Revisionswerber in seinem Herkunftsstaat keine familiären Anknüpfungspunkte mehr habe, unterlassen habe. Bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz würde dem Revisionswerber eine Verletzung seiner nach Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen, eine innerstaatliche Fluchtalternative, insbesondere in Kabul, stehe ihm nicht offen. Auch eine Übersiedlung in andere Landesteile sei nicht möglich, weil der Revisionswerber über kein soziales Netzwerk verfüge, keine finanzielle Unterstützung von seiner Familie erhalten könne, einer ethnischen und religiösen Minderheit angehöre und aufgrund seines Akzents als Fremder im eigenen Land wahrgenommen werden würde. Aus diesen Gründen wäre der Revisionswerber im Fall einer Rückkehr exponiert und es würde ihm Diskriminierung drohen.
8 Der Revision gelingt es mit diesem Vorbringen nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass der Revisionswerber in Afghanistan über kein soziales Netzwerk mehr verfügt und dass ihm eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Ghazni unter Gesichtspunkten des Art. 3 EMRK nicht möglich ist. Das Vorbringen zum Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul geht schon vor dem Hintergrund ins Leere, als das Bundesverwaltungsgericht eine solche nicht in Kabul, sondern in Herat und Mazar-e Sharif annahm. Entgegen den Ausführungen in der Revision berücksichtigte das Verwaltungsgericht auch die persönliche Situation des Revisionswerbers bei seiner Rückkehr nach Afghanistan sowie die allgemeinen Gegebenheiten und die zu erwartende Lage in dem als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative (IFA) angenommenen Gebiet. Die Revision tritt der angenommen IFA in Herat oder Mazare Sharif nicht konkret entgegen.
9 Im Übrigen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der bloße Verweis in den Revisionsgründen auf die Zulässigkeitsgründe keine gesetzmäßige Ausführung der Revision darstellt.
10 Die Revision eignet sich sohin wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu ihrer Behandlung. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 23. Jänner 2019
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