VwGH Ra 2018/04/0194

VwGHRa 2018/04/019422.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der Datenschutzbehörde (als belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. September 2018, Zl. W214 2196366-2/6E, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einem Verfahren nach dem Datenschutzgesetz (mitbeteiligte Partei: Dr. H W in W), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
DSG 2000 §17
DSG 2000 §30
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §28 Abs7
32016R0679 Datenschutz-GrundV

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018040194.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Schreiben vom 20. September 2017 teilte der Mitbeteiligte der Datenschutzbehörde mit, durch einen näher dargelegten Sachverhalt (im Zuge dessen Abbildungen des Mitbeteiligten sowie seines Fahrzeuges samt Kennzeichen durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen H einem großen Personenkreis öffentlich zugänglich gemacht worden seien) sei der Anspruch auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten verletzt worden. Der Mitbeteiligte ersuchte die belangte Behörde um Überprüfung, ob diese Vorgehensweise des H dem Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000) entspreche sowie ob H nicht verpflichtet gewesen wäre, eine Meldung nach dem DSG 2000 zwecks Registrierung der Verarbeitungstätigkeit zu erstatten.

2 In dem - als Reaktion auf die Stellungnahme des H ergangenen - Schreiben vom 17. November 2017 hielt der Mitbeteiligte (unter Bezugnahme auf eine Auskunft des Justizministeriums) fest, er ersuche die belangte Behörde, "das diesbezügliche Verwaltungsverfahren einzuleiten". Weiters sei ihm empfohlen worden, die belangte Behörde "um bescheidmäßige Feststellung zu ersuchen".

3 Mit Schreiben vom 18. Jänner 2018 teilte die belangte Behörde dem Mitbeteiligten mit, ein datenschutzrechtlicher Auftraggeber habe selbst zu entscheiden, ob er unter die Meldepflicht gemäß den §§ 17 ff DSG 2000 falle. Zudem falle das bisherige DVR-Meldeverfahren mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 weg. "Im Hinblick auf das Ersuchen um bescheidmäßige Feststellung" verwies die belangte Behörde darauf, dass die Feststellung einer Verletzung im Recht auf Geheimhaltung gegenüber einem Privaten (wie H) gemäß § 32 Abs. 2 DSG 2000 auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen sei. Daher sei davon auszugehen, dass das gegenständliche Kontroll- und Ombudsmannverfahren abgeschlossen werden könne. Dem Mitbeteiligten wurde eine Frist von zwei Wochen zur Erhebung begründeter Einwände eingeräumt und - für den Fall des Ausbleibens von Einwendungen - die Einstellung des Verfahrens in Aussicht gestellt. Eine Stellungnahme des Mitbeteiligten dazu ist nicht erfolgt (wobei ihm nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes dieses Schreiben nicht zugegangen ist).

4 Mit Schreiben vom 19. Februar 2018 brachte die belangte Behörde dem Mitbeteiligten gemäß § 30 Abs. 7 DSG 2000 zur Kenntnis, dass das eingeleitete Kontroll- und Ombudsmannverfahren eingestellt werde.

5 Mit Eingabe vom 24. Mai 2018 erhob der Mitbeteiligte eine Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Datenschutzbehörde. Ausgehend vom 20. November 2017 (dem Datum der Übermittlung des Schreibens vom 17. November 2017) habe die sechsmonatige Frist am 20. Mai 2018 geendet.

6 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. September 2018 gab das Bundesverwaltungsgericht der Säumnisbeschwerde des Mitbeteiligten statt und beauftragte die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung binnen acht Wochen zu erlassen. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

7 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Mitbeteiligte habe mit Schreiben vom 17. November 2017 um Einleitung eines Verwaltungsverfahrens und bescheidmäßige Erledigung ersucht. Dieser Antrag sei nach wie vor nicht erledigt und auch nicht zurückgezogen worden. Dass der Mitbeteiligte ein formales Verfahren nach § 31 DSG 2000 beantragt habe, sei auch von der belangten Behörde erkannt worden, weil sie in ihrem Schreiben vom 18. Jänner 2018 einen entsprechenden Vorhalt formuliert habe.

8 In seinen rechtlichen Erwägungen erachtete das Verwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde als zulässig, weil die belangte Behörde nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist über den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung entschieden habe, und auch als begründet. Auch wenn die belangte Behörde zum damaligen Zeitpunkt (vor Inkrafttreten der DSGVO) nicht zuständig gewesen sei, allfällige Rechtsverletzungen durch Verantwortliche des privaten Bereichs zu verfolgen, hätte sie den Antrag zumindest wegen Unzuständigkeit zurückweisen müssen. Dies gelte auch für den Antrag, über den Verstoß gegen die Meldepflicht durch H abzusprechen.

9 Zur Inanspruchnahme der Ermächtigung nach § 28 Abs. 7 VwGVG führte das Verwaltungsgericht unter Verweis auf § 69 Abs. 4 des Datenschutzgesetzes (DSG) in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2018 aus, die belangte Behörde habe das anhängige Verfahren nach der neuen, seit 25. Mai 2018 geltenden Rechtslage fortzuführen. Soweit der Mitbeteiligte eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung geltend gemacht habe, werde die belangte Behörde - im Hinblick auf die nunmehr bestehende Zuständigkeit - anhand der Art. 5 und 6 DSGVO sowie der Sonderbestimmungen zur Bildverarbeitung in den §§ 12 f DSG zu prüfen haben, inwieweit durch die Verarbeitung der gegenständlichen Bildaufnahmen eine derartige Verletzung erfolgt sei bzw. inwieweit die Notwendigkeit bestanden habe, die betreffenden Aufnahmen in das Gutachten über einen Verkehrsunfall aufzunehmen. In diesem Zusammenhang vertrat das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung die Auffassung, dass gerichtlich beeidete Sachverständige als Verantwortliche im Sinn des Art. 4 Abs. 7 DSGVO anzusehen seien. Soweit der Mitbeteiligte darüber hinaus moniert habe, H sei seiner Meldepflicht nicht nachgekommen, werde die Beschwerde insoweit - angesichts der nicht mehr bestehenden Meldeverpflichtung - zurückzuweisen sein.

10 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde.

11 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 5. Zur Zulässigkeit wird vorgebracht, es fehle eine nachvollziehbare Begründung dafür, warum das Verwaltungsgericht davon ausgehe, dass ein Antrag zur bescheidmäßigen Feststellung im Sinn des § 13 AVG vorliege bzw. dass im Rahmen eines Kontroll- und Ombudsmannverfahrens gemäß § 30 DSG 2000 auch über einen Verstoß gegen die Meldepflicht abzusprechen sei. Auch im Hinblick auf die Anordnung nach § 28 Abs. 8 (gemeint wohl: Abs. 7) VwGVG fehle eine nachvollziehbare Begründung.

15 6.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht revisibel ist. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (siehe VwGH 24.10.2018, Ra 2018/04/0165, mwN).

16 Dass dem Verwaltungsgericht bei der Auslegung der Eingabe vom 17. November 2017 dahingehend, der Mitbeteiligte habe hinsichtlich der behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten sowie hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen die Meldepflicht durch H einen bescheidmäßigen Abspruch begehrt, eine solche Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, zeigt die Revision nicht auf. Dies ist angesichts des dargestellten Inhalts der vom - rechtlich unvertretenen - Mitbeteiligten erstatteten Eingabe, wonach im unmittelbaren Anschluss an die begehrte Einleitung des Verwaltungsverfahrens das (seitens des Justizministeriums empfohlene) Ersuchen "um bescheidmäßige Feststellung" ins Treffen geführt wird, auch nicht ersichtlich.

17 Entgegen der im Zulässigkeitsvorbringen zum Ausdruck kommenden Annahme ist das Verwaltungsgericht nicht davon ausgegangen, dass im Rahmen eines Kontroll- und Ombudsmannverfahrens gemäß § 30 DSG 2000 über einen Verstoß gegen die Meldepflicht inhaltlich abzusprechen gewesen wäre. Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung - ausgehend von der nicht zu beanstandenden Annahme, der Mitbeteiligte habe einen bescheidmäßigen Abspruch darüber begehrt - vielmehr zugrunde gelegt, dass ein derartiger Antrag (sowohl nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten der DSGVO als auch nach der Rechtslage danach) zurückzuweisen (gewesen) wäre.

18 Zudem ist - soweit in der Revision die Frage des Abspruchs über einen Verstoß gegen die Meldepflicht nach den §§ 17 ff DSG 2000 aufgeworfen wird - auf die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es (dort: angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen) nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. VwGH 29.8.2017, Ro 2016/17/0014, mwN).

19 6.2. Soweit in der Revision die mangelhafte Begründung des angefochtenen Erkenntnisses moniert wird, ist der Revisionswerberin zwar einzuräumen, dass die Begründung betreffend die konkret vorgenommene Auslegung der Eingabe des Mitbeteiligten vom 17. November 2017 knapp ausgefallen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision auf der Grundlage eines - damit behaupteten - Verfahrensmangels aber voraus, dass die Revision von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt und somit auch die Relevanz des Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, wobei diese Relevanz bereits in der Zulässigkeitsbegründung darzulegen ist (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2017/21/0099, mwN).

20 Eine Relevanz des behaupteten Begründungsmangels - dahingehend, dass die angefochtene Entscheidung auf Grund der mangelhaften Begründung einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich oder die Partei in ihrer Rechtsverfolgung beeinträchtigt wäre (vgl. diesbezüglich etwa VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0137) - zeigt die Revision nicht auf. Hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung der Eingabe des Mitbeteiligten vom 17. November 2017 ist derartiges schon im Hinblick auf die oben dargelegte Vertretbarkeit dieser Auslegung auch nicht ersichtlich. Konkrete Ausführungen dazu, warum es der (oben auszugsweise dargestellten) Begründung des Verwaltungsgerichtes für das Vorgehen nach § 28 Abs. 7 VwGVG an der Nachvollziehbarkeit mangle, enthält das Zulässigkeitsvorbringen nicht.

21 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

22 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. März 2019

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