VwGH Ra 2017/22/0070

VwGHRa 2017/22/007022.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, in der Revisionssache des XY in W, vertreten durch Mag. Gerald Göllner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 14/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 17. Februar 2017, VGW-151/020/1942/2017-1, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

NAG 2005 §63 Abs3;
NAG 2005 §64 Abs3;
NAGDV 2005 §8 Z6 litc;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017220070.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht den Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 2016, mit dem der Antrag des Revisionswerbers, eines chinesischen Staatsangehörigen, vom 1. September 2016 auf Verlängerung der - ihm erstmals für die Zeit vom 4. September 2015 bis zum 4. September 2016 erteilten - Aufenthaltsbewilligung "Schüler" gemäß § 63 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in Verbindung mit § 8 Z 6 lit. c Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) abgewiesen wurde.

Das Verwaltungsgericht begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Revisionswerber die besonderen Erteilungsvoraussetzungen nach den genannten Bestimmungen nicht erfülle. Einerseits habe er einen Nachweis über den Schulerfolg im zuletzt abgeschlossenen Schuljahr nicht erbracht, weil er wegen mangelnder Sprachkenntnisse und krankheitsbedingter Fehlzeiten im Umfang von zirka zwei Drittel der Unterrichtszeit (wobei sich die Situation im nächsten Schuljahr ähnlich darstellte) in der Schulnachricht vom 29. Jänner 2016 in neun Fächern nicht beurteilt und lediglich in drei Fächern positiv benotet worden sei, sowie in der Schulbesuchsbestätigung vom 1. Juli 2016 lediglich in einem Fach positiv benotet worden sei. Andererseits habe er die Aufnahme als ordentlicher Schüler im darauffolgenden Schuljahr (2016/2017) nicht nachgewiesen, sondern sei weiterhin außerordentlicher Schüler im Sinn des § 63 Abs. 1 Z 5 NAG gewesen.

Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

2.2. Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in der jedoch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird.

3.1. Der Revisionswerber bestreitet nicht, dass er (unter anderem) den nach dem Gesetz für die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung geforderten Erfolgsnachweis nicht erbringen konnte. Er macht jedoch geltend, § 63 Abs. 3 zweiter Satz NAG komme zur Anwendung, wonach trotz Fehlen des Schulerfolgs eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden könne, wenn Gründe vorlägen, die - wie hier in Form des festgestellten krankheitsbedingten Fernbleibens vom Unterricht - der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar seien. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das krankheitsbedingte Fernbleiben nicht als vorübergehenden Hinderungsgrund im Sinn des § 63 Abs. 3 zweiter Satz NAG gewertet.

3.2. Zu solchen Konstellationen hat der Verwaltungsgerichtshof aber bereits wiederholt festgehalten (vgl. etwa 13.9.2011, 2010/22/0036; 19.12.2012, 2012/22/0255), dass von einem unabwendbaren oder unvorhersehbaren Hinderungsgrund im Sinn des § 63 Abs. 3 zweiter Satz NAG bzw. der Parallelbestimmung des § 64 Abs. 3 dritter Satz NAG für Studierende (vgl. VwGH 17.4.2013, 2013/22/0038) dann nicht die Rede sein kann, wenn der Hinderungsgrund dauerhaft ist. Ist es nämlich einem Fremden wegen einer fehlenden geistigen und/oder körperlichen Voraussetzung nicht möglich, ein Studium bzw. einen Schulbesuch erfolgreich zu betreiben, so kann dies nicht als Hinderungsgrund im Sinn der genannten Bestimmungen gewertet werden.

3.3. Vorliegend leidet der Revisionswerber unstrittig an einer (nicht näher konkretisierten) Krankheit, die - nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen - im Schuljahr 2015/2016 zu Fehlzeiten im Umfang von zirka zwei Drittel der Unterrichtszeit geführt hat, wobei sich die Situation im Schuljahr 2016/2017 ähnlich dargestellt hat. Eine derartige krankheitsbedingte Verhinderung, die sich - nach dem festgestellten Sachverhalt - über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. auch VwGH 13.12.2011, 2011/22/0274), ist jedoch als dauerhafter Hinderungsgrund zu erachten, der einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung trotz des fehlenden Schulerfolgs entgegensteht.

4. Insgesamt wird daher keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Wien, am 22. März 2018

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