VwGH Ra 2017/18/0325

VwGHRa 2017/18/032519.12.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision des G B, in B, vertreten durch Mag. Petra Illek-Klingenschmid, Rechtsanwältin in 2500 Baden, Wassergasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juli 2017, Zl. W146 2016501- 1/10E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MRK Art3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein georgischer Staatsangehöriger, suchte bereits 1999 in Belgien um internationalen Schutz an und wurde 2011 von dort aus nach Georgien abgeschoben. Er stellte am 26. Dezember 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, in Belgien in einem Methadonprogramm gewesen zu sein und zudem seit 13 Jahren an Hepatitis-C zu leiden. Er sei 1999 ausgereist, weil er von korrupten Polizisten dazu gezwungen worden sei, Drogen nach Georgien zu schmuggeln, indem ihm angedroht worden sei, man würde ihn sonst umbringen oder inhaftieren lassen. Nach seiner Rückkehr aus Belgien hätten sich aufgrund seines intensivierten Drogenkonsums Probleme mit seinem Vater entwickelt und besagte Polizisten hätten, nachdem sie von seiner Rückkehr erfahren hätten, ihm wiederum damit gedroht, ihm etwas anzutun, wenn er sie verrate.

2 Mit Bescheid vom 26. November 2014 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Georgien zulässig sei.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, es sei aufgrund der diametral unterschiedlichen Beurteilungen der Lage in Georgien nicht nachvollziehbar, wie das BVwG von einem wirksamen Schutz gegen weitere Verfolgung durch "die kriminelle Organisation" ausgehen könne. Das BVwG habe es weiters unterlassen, individuelle Länderberichte zur Lage in Tiflis sowie ein medizinisch/psychiatrisches Sachverständigengutachten über das vorgebrachte Ersatzdrogenprogramm und die chronische Hepatitis-C-Erkrankung einzuholen. Zudem habe das BVwG keine Interessenabwägung durchführen können, weil es die medizinische Versorgung in Georgien ebenso wenig konkret geprüft habe, wie es beurteilen habe können, welche medizinischen Folgen mit einem Behandlungsabbruch in Österreich einhergehen.

5 Die Revision erweist sich als nicht zulässig. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Soweit die Revision geltend macht, es sei nicht nachvollziehbar, wie das BVwG von einem wirksamen Schutz Georgiens gegen eine weitere Verfolgung durch "die kriminelle Organisation" ausgehen könne, verkennt sie, dass das BVwG die Schutzfähig- und - willigkeit Georgiens lediglich alternativ zur Begründung seines Erkenntnisses heranzieht. Primär sprach es jedoch dem gesamten Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auf Basis einer schlüssigen Beweiswürdigung die Glaubwürdigkeit ab. Da sich der Revisionswerber lediglich - und zudem unsubstantiiert - gegen die Annahme wendet, Georgien sei als schutzfähig und -willig zu qualifizieren, geht die Argumentation ins Leere.

10 Die Revision rügt überdies, das BVwG habe es verabsäumt, individuelle Länderberichte zur Lage in Tiflis sowie ein medizinisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten über das vorgebrachte Ersatzdrogenprogramm und die chronische Hepatitis-C-Erkrankung einzuholen, und habe die medizinische Versorgung in Georgien und die medizinischen Folgen eines Behandlungsabbruchs in Österreich nicht ausreichend "konkret" geprüft. Damit rügt die Revision (vermeintliche) Verfahrensmängel.

11 Die Zulässigkeit der Revision setzt in einem solchen Fall neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren -

Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 9.10.2014, Ra 2014/18/0036). Eine solche Relevanzdarlegung ist dem Zulässigkeitsvorbringen nicht zu entnehmen.

12 Gemäß der Rechtsprechung des EGMR hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in Österreich zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung in seinem Herkunftsstaat nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, soweit der Betroffene tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung hat. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt eine Abschiebung in den Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Herkunftsstaat oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (EGMR 13.12.2016, Paposhvili gegen Belgien, 41738/10, Z 183; VwGH 21.2.2017, Ra 2017/18/0008-0009).

13 Vor diesem Hintergrund wäre es am Revisionswerber gelegen gewesen darzulegen, dass die Hepatitis-C-Erkrankung des Revisionswerbers überhaupt jene vom EGMR in der Rechtssache Paposhvili gegen Belgien beschriebene Schwere und Intensität aufweist, welche dazu führen könnte, dass bei einer Abschiebung die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten würde. Darüber hinaus hat das BVwG unter Heranziehung aktueller Länderberichte sehr wohl das Vorhandensein einer allgemeinen medizinischen Versorgung als auch jenes konkreter Behandlungsmöglichkeiten einer Hepatitis-C-Erkrankung in Georgien bejaht. Welche darüber hinausgehenden Feststellungen im Sinne der Revision noch "konkret" zu treffen gewesen wären, zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen aber nicht auf.

14 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2017

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