VwGH Ra 2017/18/0220

VwGHRa 2017/18/022012.7.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Dr. Koprivnikar, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision der revisionswerbenden Parteien

1. S S, 2. H A, 3. K S, vertreten durch H A, 4. H S, vertreten durch H A, 5. K S, alle in W, alle vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Mai 2017, 1. Zl. L515 2101897-2/14E, 2. Zl. L515 2101889- 2/11E, 3. Zl. L515 2101895-2/10E, 4. Zl. L515 2101891-2/11E,

5. Zl. L515 2101893-2/12E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AVG §68;
BFA-VG 2014 §21 Abs3;
BFA-VG 2014 §21 Abs6a;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017180220.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien sind armenische Staatsangehörige. Die von ihnen erstmals in den Jahren 2013 bzw. 2014 in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 6. April 2015 bzw. vom 26. Mai 2015 rechtskräftig abgewiesen.

2 Am 23. Juni 2015 stellten die revisionswerbenden Parteien die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz, die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheiden jeweils vom 30. Jänner 2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Gleichzeitig erteilte es den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Armenien zulässig sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend gemacht wird, das BVwG habe gegen die Verhandlungspflicht verstoßen, indem es - in Abweichung von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Kriterien (Verweis auf VwGH vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018, vom 18. Juni 2014, Ra 2014/20/0002, vom 16. November 2016, Ra 2016/18/0233) - von einem geklärten Sachverhalt ausgegangen sei. Die revisionswerbenden Parteien hätten die Beweiswürdigung des BFA substantiiert bestritten und vorgebracht, dass sich das BFA nicht mit dem neuen Sachverhalt und den vorgelegten Beweisen auseinandergesetzt habe. Vor diesem Hintergrund sei auch die Beweiswürdigung des BVwG, welche sich ausschließlich auf jene des BFA stütze, mangelhaft.

5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Kriterien aus den zitierten hg. Erkenntnissen vom 28. Mai 2014, 18. Juni 2014 sowie 16. November 2016, auf die sich die revisionswerbenden Parteien berufen, beziehen sich ausschließlich auf den ersten Tatbestand des § 21 Abs. 7 BFA-VG. Dabei übersehen sie jedoch, dass die Verhandlungspflicht in Zulassungsverfahren - wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählen (VwGH vom 10. Dezember 2015, Ra 2015/20/0040, mwN) - besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFA-VG, folgt. Dass das BVwG von den in der hg. Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren abgewichen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen (vgl. VwGH vom 30. Juni 2016, Ra 2016/19/0072).

10 "Sache" der Beschwerdeverfahren vor dem BVwG war die Frage, ob die Zurückweisung der verfahrenseinleitenden Anträge durch das BFA gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zu den rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (VwGH vom 12. Oktober 2016, Ra 2015/18/0221).

11 Diesbezüglich ist den Revisionsausführungen zu entgegnen, dass der behauptete Sachverhalt - sofern er sich vor Rechtskraft der das erste Verfahren erledigenden Erkenntnisse des BVwG vom 6. April 2015 bzw. vom 26. Mai 2015 zugetragen haben soll - bereits von der Rechtskraftwirkung der genannten Erkenntnisse mitumfasst ist. Schon daher sind die vorgelegten Beweismittel - wie etwa die Ladung der armenischen Polizei, die der erstrevisionswerbenden Partei im Jänner oder Februar 2015 zugekommen sein soll - nicht geeignet, eine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände zu belegen, die Folgeanträge gerechtfertigt hätten. Darüber hinaus wurden - entgegen den Revisionsausführungen - das im Zusammenhang mit den Folgeanträgen erstattete Vorbringen bzw. die vorgelegten Beweismittel vom BFA berücksichtigt und gewürdigt.

12 Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen vermag die Revision keine Rechtsfragen aufzuzeigen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. Juli 2017

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