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Spruch:
Die Revision wird, soweit sie Spruchpunkt 1 des angefochtenen Erkenntnisses (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) betrifft, als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die revisionswerbende GesmbH (Revisionswerberin) wurde durch das in der Verhandlung vor dem Spruchsenat beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg mündlich verkündete Erkenntnis vom 25. Jänner 2016 schuldig erkannt, für hinsichtlich mehrerer näher angeführter Abgaben durch den Geschäftsführer WL, ihren Entscheidungsträger, begangene Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 FinStrG gemäß § 3 Abs. 2 VbVG verantwortlich zu sein, wofür über sie eine Geldstrafe verhängt wurde. Am selben Tag meldete die Revisionswerberin dagegen Beschwerde an.
2 Die schriftliche Ausfertigung des Spruchsenatserkenntnisses wurde einem der Verteidiger der Revisionswerberin am 18. Februar 2016 zugestellt.
3 Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2016 brachte die Revisionswerberin beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der (angemeldeten) Beschwerde ein und führte die Beschwerde aus. Den Wiedereinsetzungsantrag begründete sie im Wesentlichen damit, die Anmeldung der Beschwerde sei durch den Verteidiger Mag. S erfolgt. Im Innenverhältnis der Verteidiger sei vereinbart gewesen, dass Mag. S. nach Einlangen des Erkenntnisses mit der Beschwerdeausführung befasst sei. Die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses sei jedoch dem Verteidiger Mag. N. zugestellt worden. Mag. S. habe am 9. Mai 2016 eine Anfrage an Mag. N. gerichtet, ob diesem eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses übermittelt worden sei. Mag. N. habe am 10. Mai 2016 geantwortet, dass die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ihm am 18. Februar 2016 zugestellt und von einer Kanzleimitarbeiterin an Mag. S. weitergeleitet worden wäre. Mag. S. habe eruieren können, dass er die Mails von Mag. N. mit der Anweisung an seine Sekretärin, N. P., ausgedruckt habe, diese möge den zugehörigen Akt beischaffen und ihm diesen sodann samt Unterlagen aushändigen. N. P. habe völlig unvorhersehbar die Mails von Mag. N vom 18. Februar 2016 samt der Anlage (Spruchsenatserkenntnis) verlegt, weshalb in weiterer Folge die Vorlage an den Verteidiger unterblieben sei. Im Hinblick auf die bisherige absolute Zuverlässigkeit der Kanzleimitarbeiterin sei dem Verteidiger kein Organisationsverschulden anzulasten. Er habe sich drauf verlassen können, dass "das vorhandene Kontrollsystem, nämlich (nach erfolgter Aktbeischaffung und Zuordnung des Poststückes) einerseits die Fristeintragung ins Fristenbuch und nachfolgende Kontrolle durch ihn selbst" funktioniere. Der Fehler der Kanzleiangestellten sei damit zu erklären, dass zu diesem Zeitpunkt eine massive Arbeitsüberlastung wegen Kündigung einer weiteren Sekretariatskraft wenige Wochen zuvor und Einarbeitungsphase der neuen Sekretärin vorgeherrscht habe.
4 Mit zwei Bescheiden jeweils vom 5. Juli 2016 wies das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg die Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurück und den Wiedereinsetzungsantrag ab.
5 Die Revisionswerberin erhob mit Schriftsatz vom 8. August 2016 Beschwerde gegen diese Bescheide des Finanzamtes und relevierte die Unzuständigkeit der belangten Behörde, weil nicht der Vorsitzende des Spruchsenates über den Wiedereinsetzungsantrag entschieden habe. Im Übrigen führte sie ins Treffen, dass die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages unzureichend begründet sei und im Wesentlichen nur aus bloßen Stehsätzen bestünde.
6 Das Bundesfinanzgericht wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages richtet, mit Spruchpunkt 1 und, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Beschwerde gegen das Spruchsenatserkenntnis richtet, mit Spruchpunkt 2, als unbegründet ab. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
8 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die belangte Behörde reichte eine Revisionsbeantwortung ein und beantragte die Abweisung der Revision.
9 Die Revisionswerberin erachtet sich in Ausführung des Revisionspunktes zusammengefasst im Recht, dass über ihren Wiedereinsetzungsantrag der Vorsitzende des Spruchsenates entscheidet, und im Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung einer angemeldeten Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Spruchsenates verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Der vorliegende Revisionsfall gleicht hinsichtlich des rechterheblichen Sachverhaltes und der zu beantwortenden Rechtsfragen jenem den eingangs genannten Geschäftsführer der Revisionswerberein betreffenden Revisionsfall, den der Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom heutigen Tag, Ra 2017/16/0101, erledigt hat.
11 Aus den Gründen jener Entscheidung, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen wird, war auch die vorliegende Revision, soweit sie die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen und, soweit sie die Zurückweisung der Beschwerde gegen das erwähnte Spruchsenatserkenntnis betrifft, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
12 Einen Aufwandersatz hat die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht in ihrer Revisionsbeantwortung nicht beantragt.
Wien, am 19. Oktober 2017
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