European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017130066.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 18. Februar 2009 wurde u.a. festgehalten, trotz mehrmaliger Aufforderungen seien Belege über im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung angeführte Aufwendungen für beigestelltes Personal nicht vorgelegt worden. Es müsse daher angenommen werden, dass es sich um Aufwendungen für eigenes Personal handle. Die darauf entfallenden Lohnabgaben seien im Schätzungsweg gemäß § 184 BAO festzusetzen.
2 Das Finanzamt schloss sich der Beurteilung der Prüferin an, zog die revisionswerbende Bau-GmbH zur Haftung für Lohnsteuer für die Jahre 2006 und 2007 heran und setzte für diese Jahre Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag fest.
3 Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufung. Aus beiliegenden Unterlagen sei ersichtlich, dass es sich nicht um "Fremdpersonal", sondern um "Subunternehmer" handle. Die Personen hätten einen Gewerbeschein bzw. seien bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft versichert.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrige) Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 4 B-VG) nicht zulässig sei. Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, weder die als "Werkverträge" bezeichneten Vereinbarungen noch die Rechnungen ließen erkennen, dass als Werk deutbare Leistungen geschuldet bzw. erbracht worden wären. Aus der Zusammenschau der Vereinbarungen und der Rechnungen ergebe sich vielmehr, dass sich die "Werkvertragsnehmer" vertraglich dazu verpflichtet hätten, der Revisionswerberin für einen bestimmten Zeitraum für die Durchführung diverser Hilfsarbeiten (Heben, Senken, Tragen und Befördern von Lasten) zur Verfügung zu stehen. Dies bedeute, dass diese Personen der Revisionswerberin ihre Arbeitskraft für die Durchführung der angesprochenen Hilfsarbeiten zur Verfügung gestellt hätten. Die Revisionswerberin habe diese Leistungen auch zeitraumbezogen (monatlich oder nach Wochen) abgerechnet und entlohnt. Die Werkvertragsnehmer hätten sich dazu verpflichtet, die vereinbarten Hilfsarbeiten "nach Bedarf" der Revisionswerberin zu verrichten. Die Revisionswerberin habe sich auch vorbehalten, die Leistungen dieser Personen zu überprüfen. Die Revisionswerberin habe das Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Darin komme das typische Bild eines Dienstverhältnisses zum Ausdruck: Der Arbeitgeber (die Revisionswerberin) habe die Arbeitskräfte nach seinem Bedarf eingesetzt, habe deren Tätigkeit laufend überprüft und auch das Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Die persönliche Weisungsgebundenheit und die betriebliche Eingliederung seien im Ergebnis zu bejahen. Dass diese Personen ihr eigenes Kleinwerkzeug zu verwenden hatten und ihre Arbeitsschuhe hätten mitbringen müssen, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen.
5 Zur Frage, wann ein Dienstverhältnis vorliege, gebe es umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die einheitlich sei. Das Bundesfinanzgericht sei hievon nicht abgewichen.
6 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
11 Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. das Erkenntnis vom 18. Dezember 2013, 2009/13/0230, mwN).
12 Die Revisionswerberin macht zur Zulässigkeit geltend, das Bundesfinanzgericht habe nur geprüft, ob Werkverträge oder echte Dienstverträge vorlägen und dadurch verkannt, dass es sich um freie Dienstverträge handle. Nach den vorliegenden, gleichlautenden Werkverträgen sei der "Hersteller" berechtigt, die versprochene Leistung jederzeit und ohne vorherige Rücksprache mit dem Werkbesteller (der Revisionswerberin) völlig frei durch geeignete Dritte erbringen zu lassen.
13 Es ist zwar zutreffend, dass eine Vertretungsmöglichkeit gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses spricht, jedoch nicht zwangsläufig zur Verneinung des Bestehens einer unselbständigen Erwerbstätigkeit führt (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 18. Dezember 2013). Kommt eine Vertretung etwa auf Grund der betrieblichen Abläufe, der Art der Tätigkeit oder deren Entlohnung tatsächlich nicht in Betracht, kann die vereinbarte Vertretungsmöglichkeit ihre sonst bestehende Indizwirkung gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses unter Umständen zur Gänze verlieren (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 2004, 2000/14/0125). In diesem Zusammenhang ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass nach derselben Vertragsbestimmung (Punkt IX) der "AN" (gemeint wohl "Auftragnehmer" oder "Arbeitnehmer") nicht berechtigt ist, den Auftrag oder Teile hievon an Subunternehmer weiterzugeben. Eine Vertretung wäre demnach nur durch eigene Mitarbeiter des jeweiligen "Herstellers" möglich. Dass diese Personen aber eine eigene betriebliche Struktur (mit eigenen Mitarbeitern) aufgewiesen hätten, wird auch in der Revision nicht behauptet (und wäre im Hinblick darauf, dass schon die von diesen Personen gelegten Rechnungen jeweils ein einheitliches Schriftbild aufwiesen, wenig überzeugend).
14 Wenn in der Revision geltend gemacht wird, die Personen seien nach der vertraglichen Regelung "hinsichtlich der konkreten Ausführungsmethoden und auch sonst in der Gestaltung und Dauer der selbständigen Tätigkeit - innerhalb des oben genannten Rahmens - weisungsfrei", so ist zu entgegnen, dass diese Personen - nach eben dieser Regelung - sich zur Erbringung von Bauhilfsarbeiten ("Heben, Senken, Tragen und Befördern von Lasten"; vgl. zu Bauhilfsarbeiten auch das Erkenntnis vom 31. Juli 2012, 2008/13/0071, VwSlg. 8735/F) "nach Bedarf des WB" verpflichtet haben. Da die Arbeiten also nach dem Bedarf der Revisionswerberin zu erbringen waren, hatten diese Personen gerade nicht die Möglichkeit, den vorgegebenen Ablauf der Arbeit jederzeit selbst zu regeln und auch zu ändern, wie es für einen freien Dienstvertrag typisch wäre (vgl. das Erkenntnis vom 20. Jänner 2016, 2012/13/0095, mwN). Dass aber die Arbeiten nach dem (im Vertrag nicht näher konkretisierten) Bedarf der Revisionswerberin zu erbringen waren, bedeutet gerade, dass die Arbeiten nach den jeweiligen Anweisungen der (Vertreter der) Revisionswerberin zu erbringen waren. Die Personen versprachen damit nicht die Ausführung einzelner Arbeiten, sondern stellten ihre Arbeitskraft zur Verfügung (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juli 2010, 2007/15/0223, mwN).
15 Wenn in der Revision weiters geltend gemacht wird, Überprüfungen hätten sich im vorliegenden Fall nur auf ein sachliches bzw. technisches Weisungsrecht bezogen, so widerspricht dies schon dem Wortlaut der Vereinbarung. Die Revisionswerberin war nicht nur - wie es im Rahmen von Werkverträgen üblich wäre - zur Überprüfung des Ergebnisses ("Werkes") berechtigt, sondern zur Überprüfung des Ablaufes der Leistungen, was auch wieder indiziert, dass die Revisionswerberin den Ablauf der Leistungen im Einzelnen konkretisieren - also über den Einsatz der von den Personen zur Verfügung gestellten Arbeitskraft durch persönliche Weisungen disponieren - konnte.
16 Dass - wie die Revision weiters ausführt - eine bestimmte Arbeitszeit nicht vereinbart war, lässt nicht ohne Weiteres auf das Fehlen persönlicher Weisungsgebundenheit schließen. Gerade ein Tätigwerden nach den jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten des Auftraggebers (nach dessen Bedarf) bringt eine Eingliederung in dessen Unternehmensorganismus zum Ausdruck (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 2004, 2000/14/0125, mwN).
17 Weiters steht die Verrechnung von Pauschalbeträgen einer Beurteilung der Tätigkeit als unselbständig nicht entgegen; eine Erfolgsabhängigkeit (und damit ein Unternehmerwagnis) ist daraus jedenfalls nicht ableitbar.
18 Dass den tätigen Personen Gewerbebefugnisse zugekommen seien, stellt keinen für die steuerliche Beurteilung maßgeblichen Umstand dar (vgl. das Erkenntnis vom 18. Dezember 2013, 2009/13/0230, mwN).
19 Dass nur ein geringes zeitliches Ausmaß der Beschäftigung vorgelegen wäre, kann weder dem angefochtenen Erkenntnis noch dem Akteninhalt entnommen werden. Auch daraus könnte aber für sich nicht geschlossen werden, dass die Tätigkeit nicht in persönlicher Abhängigkeit erbracht worden wäre.
20 In der Revision werden sohin insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Oktober 2017
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)