VwGH Ra 2017/02/0081

VwGHRa 2017/02/008127.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision des *****, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 27. Februar 2017, Zl. LVwG-S-76/001-2017, betreffend Übertretungen des KFG (Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Korneuburg), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §13 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Strafverfügung der BH Korneuburg vom 10. April 2014 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft verschiedener Übertretungen des KFG für schuldig erachtet, wofür über ihn Geldstrafen sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden.

2 Mit E-Mail vom 1. Mai 2014 erhob der Revisionswerber gegen diese Strafverfügung Einspruch an die BH Korneuburg, in dem er unter anderem angab, die Strafverfügung vom 10. April 2014 sei ihm am 28. April 2014 zugegangen, er sei von 11. April 2014 bis 27. April 2014 auf Urlaub gewesen.

3 Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 wies die BH Korneuburg den gegen die Strafverfügung vom 10. April 2014 erhobenen Einspruch des Revisionswerbers vom 1. Mai 2014 als verspätet zurück. Die Strafverfügung sei am 15. April 2014 zugestellt worden, die zweiwöchige Einspruchsfrist habe am 29. April 2014 geendet. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wurde vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 16. Dezember 2014 abgewiesen.

4 Dieses Erkenntnis wurde in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2016, Ra 2015/02/0028, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil das Verwaltungsgericht - trotz darauf gerichtetem Antrag des Revisionswerbers - keine mündliche Verhandlung durchgeführt hatte. Der Verwaltungsgerichtshof wies in seinem Erkenntnis darauf hin, dass das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren zum einen zu ermitteln habe, ob die Strafverfügung der BH Korneuburg vom 10. April 2014 am 15. April 2014 wirksam an einen Ersatzempfänger im Sinne des § 16 Abs. 2 Zustellgesetz zugestellt wurde; zum anderen werde durch Aufnahme geeigneter Beweise die Frage zu klären sein, ob der Revisionswerber, wie von ihm vorgebracht, von 11. April 2014 bis 27. April 2014 von der Abgabestelle abwesend war.

5 In der Folge führte das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in der unter anderem der Revisionswerber sowie drei Zeugen einvernommen wurden.

6 Im nunmehr angefochtenen Erkenntnis stellte das Verwaltungsgericht fest, dass der Revisionswerber innerhalb der Einspruchsfrist nicht ortsabwesend gewesen sei. Zur Begründung dieser Feststellung geht das Verwaltungsgericht auf die Aussagen zweier Zeugen (des Postzustellers und des Bruders des Revisionswerbers, der auch die verfahrensgegenständliche, mit RSb-Brief versandte Strafverfügung der der BH Korneuburg übernommen hatte) sowie auf das Vorbringen des Revisionswerbers ein. Die Strafverfügung sei am 15. April 2014 am Sitz des Unternehmens des Revisionswerbers von C.H. (Bruder des Revisionswerbers und verantwortlicher Beauftragter der Gesellschaft, als deren zur Vertretung nach außen Berufener der Revisionswerber in der Strafverfügung belangt wurde) übernommen worden.

7 Weiters stellte das Verwaltungsgericht - wenngleich disloziert im Rahmen der rechtlichen Ausführungen - aufgrund der übereinstimmenden Aussagen des Revisionswerbers und seines Bruders, wonach der Bruder des Revisionswerbers aufgrund einer Vereinbarung berechtigt sei, für diesen RSb-Briefe übernehmen zu dürfen, fest, dass vom Revisionswerber eine Bevollmächtigung (des Bruders des Revisionswerbers) für die Übernahme von RSb-Briefen ausgesprochen worden sei.

8 Ausgehend von diesen Feststellungen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers ab. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Der Revisionswerber führt in seinen Ausführungen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision zunächst aus, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes betreffend die (nicht festgestellte) Ortsabwesenheit des Revisionswerbers insgesamt unschlüssig und grob gesetzwidrig sei.

12 Damit wendet sich der Revisionswerber gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/02/0242). Dass dem VwG im vorliegenden Fall ein derartig krasser Fehler der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, ist aber nicht zu erkennen.

13 Als zweiten Grund für die Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber geltend, dass eine Ersatzzustellung im Sinne des § 16 Abs. 1 ZustG nicht vorliege. Nach der Rechtsprechung ermögliche nur ein Dienstverhältnis zwischen Übernehmer und Empfänger eine Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs. 2 ZustG. Ein solches Dienstverhältnis zwischen dem Übernehmer C.H. und dem Revisionswerber sei allerdings gar nicht festgestellt worden.

14 Dazu ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht aufgrund diesbezüglich übereinstimmender Aussagen des Revisionswerbers und des Zeugen R.H. zum Ergebnis kam, dass C.H. vom Revisionswerber bevollmächtigt worden sei, für ihn RSb-Briefe zu übernehmen. Damit ist das Verwaltungsgericht von einer formfrei rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht zur Entgegennahme derartiger Postsendungen durch C.H. ausgegangen, die nach der Rechtsprechung (vgl. - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - VwGH vom 14. Oktober 2015, 2013/17/0482, 0483) im Sinne des § 13 Abs. 2 ZustG zur Empfangnahme solcher Dokumente durch den Bevollmächtigten - mit Wirkung der Zustellung - berechtigt. Auf die Frage, ob C.H. allenfalls (auch) Dienstnehmer des Revisionswerbers war, kommt es daher nicht an.

15 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte