VwGH Ra 2016/21/0262

VwGHRa 2016/21/026215.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Halm-Forsthuber, über die Revision des D W in I, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Herbert Fink, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kaiser-Josefstraße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. Juni 2016, G311 2117081-1/19E, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL Art16 Abs1;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art16 Abs3;
BFA-VG 2014 §18 Abs3;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs2;
FrPolG 2005 §70 Abs3;
NAG 2005 §53a Abs1;
NAG 2005 §53a Abs2 Z1;
SMG 1997 §28a Abs1;
SMG 1997 §28a Abs2 Z3;
VerbotsG 1947 §3g;
VwGG §34 Abs1;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art16 Abs1;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art16 Abs3;
BFA-VG 2014 §18 Abs3;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs2;
FrPolG 2005 §70 Abs3;
NAG 2005 §53a Abs1;
NAG 2005 §53a Abs2 Z1;
SMG 1997 §28a Abs1;
SMG 1997 §28a Abs2 Z3;
VerbotsG 1947 §3g;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Gegen den Revisionswerber, einen deutschen Staatsangehörigen, wurde - im Hinblick auf die der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung vom 17. Juni 2015 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren zugrunde liegende Begehung eines Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz - mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29. Oktober 2015 gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein mit neun Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Ihm wurde in Anwendung des letzten Halbsatzes des § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) wurde die dagegen erhobene Beschwerde zur Gänze als unbegründet abgewiesen. Außerdem sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

5 In der diesbezüglichen Begründung bezieht sich der Revisionswerber zunächst auf die Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, dass er sich "seit September 2010 in Österreich" aufhalte, und auf die der Interessenabwägung zugrunde liegende Annahme, der Revisionswerber "lebt seit 6 Jahren in Österreich". Er leitet daraus ab, ihm komme ein unionsrechtliches Recht auf Daueraufenthalt zu, sodass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 13. Dezember 2012, Zl. 2012/21/0181) die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Erfüllung des höheren Gefährdungsmaßstabs des § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG ("schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") vorausgesetzt hätte. Das BVwG habe demgegenüber aber lediglich auf das Vorliegen einer geringeren Gefährdung iSd § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG ("Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit") abgestellt und sei insofern von der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

6 In Bezug auf den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt verlangt der hier in Betracht kommende § 53a Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 NAG - entsprechend Art. 16 Abs. 1 und 3 der Freizügigkeitsrichtlinie - einen fünf Jahre rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet, wobei die Kontinuität des Aufenthalts durch Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr nicht unterbrochen wird. Entgegen dem Revisionsvorbringen lassen sich die erwähnten - auslegungsbedürftigen - Formulierungen im angefochtenen Erkenntnis jedoch nicht dahin deuten, das BVwG sei von einem (rechtmäßigen und) ununterbrochenen Aufenthalt des Revisionswerbers in Österreich im dargestellten Sinn ausgegangen. Die diesbezüglichen Annahmen gründen sich nämlich laut den Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung auf die Angaben des Revisionswerbers. Dessen Aussage in der Beschwerdeverhandlung zufolge, ist er (zwar) im September 2010 "über eine Personalbereitstellungsfirma" nach Österreich gekommen und dann bis Februar 2011 hier gewesen, er hält sich (aber erst) seit August 2012 wieder in Österreich auf. Das entspricht auch dem Vorbringen des Revisionswerbers gegenüber dem BFA in der Stellungnahme vom 20. April 2015. Schon deshalb gehen die wiedergegebenen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision fallbezogen ins Leere.

7 Im Übrigen ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes durch die Verübung des im angefochtenen Erkenntnis näher beschriebenen Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und fünfter Fall sowie Abs. 2 Z 3 SMG (Einfuhr und Überlassen von Suchtgift jeweils in einer großen Menge im Zeitraum zumindest seit Jahresbeginn 2013 bis zur Festnahme am 1. März 2015), was zur Verhängung einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren führte, ihrer Art und Schwere nach auch der in der Revision angesprochene erhöhte Gefährdungsmaßstab erfüllt, zumal der Revisionswerber im Laufe des Beschwerdeverfahrens überdies noch wegen der auf näher festgestellte Weise erfolgten Betätigung im nationalsozialistischen Sinn nach § 3g VerbotsG 1947 zu einer bedingt nachgesehenen Zusatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt werden musste. Dieser Annahme stehen die in der Revision ins Treffen geführten "Schritte für eine erfolgreiche Resozialisierung" nicht entgegen, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem (beim Revisionswerber noch andauernden) Vollzug der Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa nur den Beschluss vom 22. Mai 2014, Ra 2014/21/0014, mwN). Das gilt auch im Fall einer (erfolgreich) absolvierten Therapie (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 22. September 2011, Zl. 2009/18/0147, mwN, und darauf Bezug nehmend etwa den Beschluss vom 22. Mai 2014, Ro 2014/21/0007). Darauf hatte auch schon das BVwG zu Recht hingewiesen.

8 Die Zulässigkeit der Revision wird weiters noch darauf gegründet, bei der Interessenabwägung sei auf näher genannte, für den Revisionswerber sprechende Umstände nicht ausreichend eingegangen worden. Dazu genügt es darauf hinzuweisen, dass die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom BVwG gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene Abwägung im Ergebnis jedenfalls vertretbar ist und auch keinen maßgeblichen Begründungsmangel aufweist. Demzufolge sind die in diesem Zusammenhang relevierten Fragen nicht revisibel (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa den ebenfalls ein Aufenthaltsverbot gegen einen EWR-Bürger betreffenden Beschluss vom 28. Jänner 2016, Ra 2016/21/0013, mwN).

9 Insgesamt werden somit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG dargetan, sodass sie sich als unzulässig erweist. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2016

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