VwGH Ra 2016/17/0033

VwGHRa 2016/17/003322.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des S S in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 2. Oktober 2015, LVwG- 10/213/21-2015, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs2 idF 2014/I/013;
VStG §16;
VStG §19 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016170033.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 4. August 2014 wurde der Revisionswerber wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens von acht näher bezeichneten Glücksspielgeräten der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 1, § 2, § 3 und § 4 Abs 2 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von jeweils EUR 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden) pro Glücksspielgerät verhängt.

2 Betreffend die Strafbemessung sei aufgrund der rechtskräftigen Bestrafung des Revisionswerbers mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 22. August 2013 wegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in Bezug auf drei Glücksspielgeräte gemäß § 52 Abs 2 GSpG der Strafrahmen von EUR 6.000,-- bis EUR 60.000,-- (vierter Strafsatz) maßgeblich.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung der Beschwerde des Revisionswerbers teilweise Folge, setzte die Geldstrafe auf EUR 6.000,-- je Glücksspielgerät herab, und änderte den Spruch dahin ab, dass die jeweils verletzte Strafvorschrift "§ 52 (1) Z 1, 4. Tatbild, § 2 (1) Z 1, 4. Tatbild und § 2 (4) Glücksspielgesetz, BGBl Nr 620/1989 idgF" zu lauten habe. Die jeweilige Ersatzfreiheitsstrafe wurde nicht herabgesetzt. Im Übrigen wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

4 Begründend legte das Landesverwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren wesentlich - dar, aus der Vorstrafenevidenz sei eine rechtskräftige einschlägige Vorbeanstandung des Revisionswerbers ersichtlich, weshalb die belangte Behörde zu Recht von einer erstmaligen Wiederholung ausgegangen und der in § 52 Abs 2 GSpG dafür vorgesehene vierte Strafsatz heranzuziehen sei. Allerdings lägen keine Umstände vor, die ein Hinausgehen über die Mindeststrafe rechtfertigten. Es habe somit eine entsprechende Herabsetzung zu erfolgen. Die jeweils verhängten Ersatzfreiheitsstrafen seien hingegen nicht erhöht und daher nicht zu reduzieren.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

6 Das Verwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

 

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Der Verwaltungsgerichtshof ist nach § 34 Abs 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revision hält dem angefochtenen Erkenntnis einerseits die Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des GSpG entgegen und richtet sich andererseits gegen den vom Landesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten vierten Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG. Demgegenüber wird die schuldhafte Verwirklichung des Tatbestandes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nicht in Frage gestellt.

10 Die Revision ist jedenfalls in Bezug auf den gemäß § 52 Abs 2 GSpG idF BGBl I Nr 13/2014 anzuwendenden Strafsatz zulässig und berechtigt.

11 § 52 Abs 1 Z 1 und Abs 2 GSpG in der im Revisionsfall

maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 13/2014 lautet:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

...

(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen."

12 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg legte seiner Entscheidung - wie die Strafbehörde erster Instanz - den vierten Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG zugrunde und begründete dies mit einer einschlägigen rechtskräftigen "Vorbeanstandung". Damit gemeint ist die im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführte Bestrafung des Revisionswerbers nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 22. August 2013 in Bezug auf drei Glücksspielautomaten.

13 Der im Fall "der erstmaligen und weiteren Wiederholung" vorgesehene vierte (und hinsichtlich der Strafhöhe strengste) Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG setzt nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes die Bestrafung wegen einer Vortat nach dem dritten Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG voraus, bezieht sich das strafsatzbestimmende Kriterium der Wiederholung doch auf die Übertretung des Abs 1 Z 1 mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen (vgl VwGH vom 24. März 2004, 2001/09/0025, betreffend die Staffelung der Mindest- und Höchststrafen in § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG, an der sich die Staffelung der Strafsätze in § 52 Abs 2 GSpG idF BGBl I Nr 13/2014 orientiert (ErläutRV 24 BlgNR 24. GP , 23)).

14 Demgegenüber hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg ausgehend von einer rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des Abs 1 Z 1 mit nicht mehr als drei Glücksspielautomaten als strafsatzbestimmende Vortat in Bezug auf die Herabsetzung der Geldstrafe pro Glücksspielgerät in Verkennung der Rechtslage zum Nachteil des Revisionswerbers den vierten statt den dritten Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG angewendet.

15 Damit hat das Landesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass das Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das übrige Revisionsvorbringen näher einzugehen war.

16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

17 Angemerkt wird, dass das Landesverwaltungsgericht auch nicht begründet hat, warum es lediglich die Geldstrafe, nicht hingegen auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt hat. Wäre der Grund der Strafmilderung in mildernden Umständen gelegen, die den Bereich des Verschuldens betreffen, müssten diese auch für die Ersatzfreiheitsstrafe Geltung haben (vgl VwGH vom 26. Jänner 1998, 97/10/0155, mwN).

18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Februar 2017

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