VwGH Ra 2016/15/0006

VwGHRa 2016/15/000617.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der Agrargemeinschaft U in L, vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 5/2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 11. Dezember 2015, Zl. RV/3100552/2011, betreffend Kapitalertragsteuer 2010, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §167 Abs2;
BAO §21;
BAO §22;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Im Revisionsfall ist die steuerliche Qualifikation von als Darlehen deklarierten Zahlungen einer Agrargemeinschaft an ihre Mitglieder strittig.

2 Das Bundesfinanzgericht traf im angefochtenen Erkenntnis die Feststellung, dass einem im Zusammenhang mit den Zahlungen der Agrargemeinschaft an ihre Mitglieder zugrunde liegenden Beschluss und diesbezüglichen Verpflichtungserklärungen der Mitglieder keine ernsthafte Absicht auf Abschluss von Darlehensverträgen zugrunde gelegen habe. Es stellte weiters fest, die vorliegende Konstruktion habe dazu gedient eine - als "Darlehen" verschleierte - Ausschüttung der Agrargemeinschaft an ihre Mitglieder zu bewirken und es sei auszuschließen, dass Kapitalrückflüsse jemals angedacht gewesen seien.

3 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht mit der Begründung für unzulässig, dass es sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur, insbesondere zu nahen Angehörigen und zu verdeckten Ausschüttungen von Körperschaften, orientiert habe.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revisionswerberin stellt unter Punkt V.1. der Revision den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die gegenständliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulassen und führt sodann Folgendes aus:

"Es trifft nicht zu, dass sich das belangte Verwaltungsgericht angesichts des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes bei zutreffender rechtlicher Beurteilung undifferenziert auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufen kann. Nach seiner bisherigen Rechtsprechung hätte der Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen, dass der Rechtsbegriff ‚Darlehen' willkürlich einschränkend in der Weise ausgelegt wird, wie das im bekämpften Urteil geschieht. Der Lösung der Rechtsfrage, welche subsumierbaren normativen Begriffsinhalte vorliegen müssen, damit auch aus der Sicht des öffentlichen Rechtes ein Darlehen iSv § 983 ABGB vorliegt bzw unter welchen Voraussetzungen ein Sachverhalt nicht mehr diesem Rechtsbegriff subsumierbar ist, stellt eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage dar. Sie berührt insbesondere den in den obigen Ausführungen angesprochenen Grundsatz der einheitlichen Rechtsordnung und einheitlichen Rechtssprache. Träfe die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes im bekämpften Urteil zu, könnten - obwohl eine Darlehenszuzählung nicht als steuerbare Grundlage für die Anlastung von Kapitalertragsteuer im einschlägigen Gesetz vorgesehen ist - dennoch Darlehenshingaben mit Kapitalertragsteuer belastet werden, soferne bestimmte Vertragsbedingungen, die aber an der Erfüllung des Normenbegriffes nichts ändern, vorliegen oder nicht vorliegen. Die bekämpfte Entscheidung greift daher in die grundsätzlich bedeutungsvolle Frage ein, inwieweit es einer Verwaltungsbehörde überlassen bleibt, nach eigenem Dafürhalten aufgrund von zulässigen Bestimmungen eines Darlehensvertrages zu entscheiden, ob zwecks Besteuerbarkeit ein Darlehen losgelöst vom bürgerlichrechtlichen Begriffsinhalt vorliegt oder nicht. Sie mündet letztlich in eine vom § 983 ABGB abweichende Ersatznorm."

8 Ein allgemein gehaltenes und nicht näher konkretisiertes Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, es fehle eine entsprechende Rechtsprechung bzw. die zu lösende Rechtsfrage sei in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet worden, genügt dem Konkretisierungsgebot des § 28 Abs. 3 VwGG nicht (vgl. z.B. VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0053, mwN).

9 Ob ein Darlehensvertrag den Anforderungen des Fremdvergleichs entspricht und daher steuerrechtlich anzuerkennen ist bzw. ob in Bezug auf tatsächlich erfolgte - als Darlehen deklarierte - Zahlungen eine Rückzahlungsabsicht bestanden hat, ist keine Frage der rechtlichen Beurteilung, sondern eine Tatfrage und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu lösen. Dass dem Bundesfinanzgericht dabei ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre, wird im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision ebenfalls nicht dargestellt.

10 Da die Überprüfung der Zulässigkeit der Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu erfolgen hat und sich das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG aus diesem Vorbringen nicht ableiten lässt, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. Oktober 2017

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