VwGH Ra 2016/07/0110

VwGHRa 2016/07/011026.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des R H in N, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 25. Oktober 2016, Zl. LVwG- 2016/37/0773-9, betreffend Regulierung eines Weiderechtes (belangte Behörde: Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde; mitbeteiligte Partei: Gemeindegutsagrargemeinschaft D, zum einen vertreten durch den Obmann E E in N, und zum anderen vertreten durch den Substanzverwalter Bürgermeister G R in N), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Eigentümer einer Liegenschaft, die auf Grundstücken der mitbeteiligten Partei, einer Gemeindegutsagrargemeinschaft, nach dem Tiroler Wald- und Weideservituten-Landesgesetz (WWSG) einforstungsberechtigt (weideberechtigt) ist. Das Weiderecht fußt auf einem agrarbehördlich genehmigten Parteienübereinkommen aus dem Jahr 1941, das an Stelle des für diese Liegenschaft ursprünglich vorgesehenen Anteilsrechts an der mitbeteiligten Partei trat und insofern den Regulierungsplan der mitbeteiligten Partei aus dem Jahr 1937 abänderte.

2 Die belangte Behörde leitete über Antrag des Obmanns der mitbeteiligten Partei im Jahr 2014 ein Regulierungsverfahren in Bezug auf das Weiderecht des Revisionswerbers ein und erließ - nach Einholung eines agrartechnischen Regulierungskonzeptes und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit Bescheid vom 17. März 2016 einen Servituten-Regulierungsplan.

3 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde. 4 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Einholung

von Gutachten und Stellungnahmen der Parteien gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2016 der Beschwerde insofern statt, als der Spruch des Regulierungsplanes in einzelnen Punkten adaptiert wurde. Insbesondere wurde die mit 4,2 GVE vorgenommene Festlegung des Ausmaßes des Weiderechtes auf 4,9 GVE abgeändert.

5 Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht zugelassen, weil der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme und auch keine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtigen Fragen des materiellen oder formellen Rechtes betreffe.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Der Revisionswerber macht als Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung mehrere Fragen geltend. So stellt er die Frage, ob der Umfang eines für das überwinterte Vieh bestehenden Weiderechtes vom errechneten oder tatsächlich erzielten Ertrag abhängig sei und in welchem Umfang ein Weiderecht in Jahren mit einem überdurchschnittlich hohen Ertrag bestehe. Weiters wirft er die Frage der Rangordnung von Servitutsrechten (WWSG-Rechten) im Verhältnis zu agrargemeinschaftlichen Rechten auf, und stellt die Frage, welche Auslegungsregeln für einen Bescheid gälten, mit dem auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen den Parteien ein Regulierungsplan geändert worden sei. Es sei nicht zulässig, behördlich beurkundete Übereinkommen in einer mit dem Wortlaut nicht mehr zu vereinbarenden Weise auszulegen.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die aufgeworfenen Fragen zeigen keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf.

Nach § 7 Abs. 1 WWSG bildet das durch Übereinkommen festgestellte oder durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der zustehenden Nutzungsrechte und Gegenleistungen die Grundlage für die Regulierung oder Neuregulierung. Grundlage für die Festlegung des Umfangs des Weiderechts des Revisionswerbers (nun mit 4,9 GVE) war daher dessen - im agrarbehördlich genehmigten Übereinkommen aus dem Jahr 1941, das im Zuge des damaligen Regulierungsverfahrens bewilligt wurde - historisch festgelegter Umfang.

Die vom Revisionswerber geltend gemachten Fragen zielen daher auf die Art der Ermittlung des Ausmaßes des historischen Weiderechtsumfangs ab.

11 Nun stellt die Auslegung eines Bescheides - hier: des Übereinkommens aus dem Jahr 1941 - die Lösung eines Einzelfalls dar, dem regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Februar 2014, Ro 2014/04/0022).

Allerdings würde das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts auch in einer solchen Frage von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen, wenn es in seine Einzelfallbeurteilung Aspekte einbezöge, welche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutungslos sind, oder wenn es die zu der in Rede stehenden Rechtsfrage entwickelten Grundsätze verkennen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2015, Ra 2014/12/0015, und den hg. Beschluss vom 26. April 2016, Ra 2016/07/0009).

12 Dass dies der Fall wäre oder dass die vom Revisionswerber genannten Rechtsfragen über den hier vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung hätten, ist aber nicht erkennbar.

So liegt der näher begründeten Ansicht des LVwG, sowohl das ursprünglich vorgesehene Anteilsrecht der Liegenschaft des Revisionswerbers an der mitbeteiligten Partei (ein Fünftel von 20 GVE) als auch das später stattdessen eingeräumte Weiderecht habe sich auf den überwinterten Viehstand bezogen, weshalb davon auszugehen sei, dass sich auch das historische Weiderecht auf ca. 4 GVE bezogen habe, kein Rechtsirrtum im obgenannten Sinn zu Grunde. Es ist auch nicht erkennbar, dass das behördlich beurkundete Übereinkommen über die Einräumung von Weiderechten zugunsten der Liegenschaft des Revisionswerbers in einer mit dem Wortlaut nicht mehr zu vereinbarenden oder sonst unvertretbaren Weise ausgelegt worden wäre.

13 Schließlich spielt die Beantwortung der Fragen, ob der Umfang eines für das überwinterte Vieh bestehenden Weiderechtes vom errechneten oder tatsächlich erzielten Ertrag der Liegenschaft abhängig sei und in welchem Umfang ein Weiderecht in Jahren mit einem überdurchschnittlich hohen Ertrag bestehe, im vorliegenden Fall für die rechtliche Beurteilung des historischen Weiderechtsumfangs keine tragende Rolle.

14 Auch die Frage der "Rangordnung" von Servitutsrechten (WWSG-Rechten) zu agrargemeinschaftlichen Rechten ist ohne Relevanz, geht es doch vor dem Hintergrund des hier gegebenen Einzelfalls nur um die Ermittlung des Ausmaßes des der Liegenschaft des Revisionswerbers damals eingeräumten Weiderechtes und nicht um die Rangordnung zwischen diesen Rechten.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. Jänner 2017

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