Normen
PolStG NÖ 1975 §1 lita;
PolStG NÖ 1975 §1 lita;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
3 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.
4 Im vorliegenden Fall wurde der Revisionswerber vom Verwaltungsgericht Niederösterreich der Übertretung des § 1 lit a NÖ Polizeistrafgesetz in zehn Fällen schuldig erkannt, weil er - im Zuge eines Nachbarschaftsstreits - zu näher umschriebenen Tatzeitpunkten in der Nacht bzw den frühen Morgenstunden durch Klopfen gegen den Zaun des benachbarten Grundstücks ungebührlicherweise störenden Lärm erregt habe. Über ihn wurden für die zehn Übertretungen Geldstrafen von jeweils EUR 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 16 Stunden) verhängt.
5 In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber geltend, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts abgewichen, weil es Klopfgeräusche, die weder ihrer Art noch ihrer Intensität nach geeignet gewesen seien, als störend empfunden zu werden, als ungebührlichen Lärm qualifiziert habe. Entgegen der höchstgerichtlichen Judikatur habe es bei der Feststellung des ungebührlichen Lärms auch keinen objektiven Maßstab angelegt und es habe unterlassen, das Tatbestandsmerkmal der Ungebührlichkeit zu prüfen. Überdies habe das Verwaltungsgericht seiner Begründungspflicht nicht entsprochen und die Beweiswürdigung krass fehlerhaft durchgeführt.
6 Damit zeigt die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, die ihre Zulässigkeit begründen würde:
7 Gemäß § 1 lit a NÖ Polizeistrafgesetz begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, eine Verwaltungsübertretung, und ist mit Geldstrafe bis zu EUR 1.000,-- (Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen) zu bestrafen.
8 Unter "störendem Lärm" im Sinne dieser Norm sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Geräusche zu verstehen, die wegen ihrer Lautstärke für das menschliche Empfindungsvermögen unangenehm in Erscheinung treten. Lärm ist dann störend, wenn er wegen seiner Art und/oder seiner Intensität geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören, wobei die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen, dies zu beurteilen. Nicht schon die Erregung von störendem Lärm ist aber strafbar, sondern es muss als zweites Tatbestandsmerkmal hinzukommen, dass der störende Lärm ungebührlicherweise erregt wurde. Davon ist auszugehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss, das heißt, es muss jene Rücksichten vermissen lassen, die die Umwelt verlangen kann.
9 Die Strafbarkeit der ungebührlichen Erregung störenden Lärms ist bereits dann gegeben, wenn die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von anderen nichtbeteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden. Ob diese Voraussetzungen zur Beurteilung eines Geräuschs als ungebührlicherweise störender Lärm in einem konkreten Fall erfüllt sind, ist daher in jedem einzelnen Fall nach seinen konkreten Begleitumständen zu beurteilen (vgl etwa VwGH vom 18. Februar 2015, Ra 2015/03/0013, mit weiteren Nachweisen).
10 Im angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände des Einzelfalles hinreichend begründet, warum es den Tatbestand des § 1 lit a NÖ Polizeistrafgesetz als erfüllt ansah. Die Revision legt nicht überzeugend dar, dass das Verwaltungsgericht dabei von den oben wiedergegebenen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung, die für die Lösung auch des vorliegenden Falles ausreichen, abgewichen wäre oder die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte.
11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Juni 2016
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