VwGH Ra 2015/18/0010

VwGHRa 2015/18/00108.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des E H in W, geboren am 1. Jänner 1990, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Jänner 2015, Zl. W119 1432920-1/20E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

32011L0095 Status-RL Art9 Abs3;
AsylG 2005 §3 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;
32011L0095 Status-RL Art9 Abs3;
AsylG 2005 §3 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid vom 1. Februar 2013, mit dem sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen und der Revisionswerber nach Afghanistan ausgewiesen worden war, im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen, ihm jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3.1. In der gegenständlichen außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Vorliegen eines Konventionsgrundes verneint werde, obwohl der afghanische Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, die Verfolgung durch den früheren Verlobten der Ehefrau des Revisionswerbers zu unterbinden.

3.2. Eine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. etwa VwGH vom 20. Mai 2015, Ra 2015/20/0030, mwN).

Dem BVwG ist beizupflichten, dass es sich bei der vom Revisionswerber vorgebrachten Verfolgung durch den früheren Verlobten seiner Ehefrau um eine Verfolgung durch eine Privatperson ohne Anknüpfung an einen Konventionsgrund handelt. Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Rechtsansicht kommt es in einem solchen Fall nicht allein darauf an, ob der Staat Schutz gewähren kann. Entscheidungswesentlich ist vielmehr, auf welche Ursachen allenfalls fehlender staatlicher Schutz zurückzuführen ist. Nur wenn der Heimatstaat des Revisionswerbers aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren, käme einer primär kriminell motivierten Verfolgung nämlich asylrelevanter Charakter zu.

Das BVwG führte in diesem Zusammenhang unter Verweis auf Länderfeststellungen aus, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Revisionswerber ausreichender staatlicher Schutz zuteil würde. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Effektivität der afghanischen Polizei in Afghanistan großteils nicht in dem nötigen Ausmaß gegeben sei. Ausgehend von diesen Feststellungen, aus welchen sich kein Konnex zwischen dem Fehlen staatlichen Schutzes und einem Konventionsgrund ergibt, ist nicht erkennbar, dass das BVwG von der dargestellten hg. Rechtsprechung abgewichen wäre.

Sofern der Revisionswerber darüber hinaus unter Verweis auf die von ihm vorgelegte Ladung bloß allgemein ins Treffen führt, er würde in Afghanistan strafrechtlich verfolgt und könne sich daher nicht an die staatlichen Behörden wenden, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

Zwar ist es im Hinblick auf wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes des Heimatstaates zu bedienen, wenn die bei Verfolgung durch Privatpersonen in Erwägung zu ziehende Inanspruchnahme staatlichen Schutzes asylrelevante Verfolgung durch den Staat verursachen würde (vgl. VwGH vom 20. Mai 2015, Ra 2015/20/0030, mwN), allerdings stellt die bloße Ladung im Gefolge einer Anzeige für sich genommen noch keine (staatliche) Verfolgung im asylrechtlichen Sinn dar (vgl. zur Unterscheidung zwischen "persecution" und "prosecution" etwa VwGH vom 27. Mai 2015, Ra 2014/18/0133, mwN). Im Übrigen hat der Revisionswerber auch weder dargelegt, aufgrund welchen Verhaltens ihm strafrechtliche Verfolgung drohen, noch dass dieses Verhalten etwa unverhältnismäßig sanktioniert werden würde.

4. In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. September 2015

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