VwGH Ra 2015/16/0083

VwGHRa 2015/16/008328.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, in der Revisionssache des M K in W, vertreten durch die Jirovec & Partner RechtsanwaltsGesmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 23. April 2015, Zl. RV/7102122/2012, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt W), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

Die Revision und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision werden zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis zog das Bundesfinanzgericht den Revisionswerber gemäß § 9 und 80 BAO im Instanzenzug zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der T GesmbH in näher angeführtem Ausmaß heran und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das angefochtene Erkenntnis wurde dem Vertreter des Revisionswerbers am Dienstag, dem 28. April 2015, zugestellt.

Die mit 9. Juni 2015 datierte, dagegen erhobene außerordentliche Revision langte am 17. Juni 2015 in einem Briefumschlag beim Bundesfinanzgericht ein, welcher zwar den Absenderaufdruck einer Freistempelmaschine mit dem Datum "09.06.2015" trägt, jedoch den Poststempel (OT-Stempel) des Postamtes Wien 1000 mit dem Datum "15-6.15-22".

Das Bundesfinanzgericht legte die außerordentliche Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens mit Schreiben vom 25. August 2015 dem Verwaltungsgerichtshof vor und vermerkte unter "Angaben zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit der außerordentlichen Revision" das "Datum der Postaufgabe der ao. Revision:

15. Juni 2015".

Der Verwaltungsgerichtshof hielt diesen Sachverhalt dem Revisionswerber mit Verfügung vom 21. Oktober 2015, dem Vertreter des Revisionswerbers zugestellt am 29. Oktober 2015, zur Stellungnahme vor.

Mit Schriftsatz vom 19. November 2015 führte der Revisionswerber in einer Stellungnahme aus:

"In umstehend bezeichneter Beschwerdesache hat der Revisionswerber durch die ausgewiesene Rechtsvertretung erstmals mit der Verständigung des BFG vom 25. August, zugekommen am 28. August 2015 Kenntnis davon erlangt, dass die außerordentliche Revision nicht wie vorgesehen und vorbereitet am 9.6.2015 zur Post gekommen ist sondern offensichtlich erst am 12.6.2015 und am nächsten Arbeitstag (15.6.2015) mit einer Datumstempelung der Postverteilstelle versehen wurde.

Gegen dieses Säumnis hat der außerordentliche Revisionswerber Antrag auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist beantragt.

Es wird höflich gebeten, die diesbezügliche Entscheidung, wofür das Finanzgericht zuständig ist, entsprechend abzuwarten."

Mit Schriftsatz vom 27. November 2015 brachte der Revisionswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision einerseits beim Bundesfinanzgericht und andererseits beim Verwaltungsgerichtshof ein.

Gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen und beginnt dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Diese nach Wochen bestimmte Frist endet gemäß § 62 Abs. 1 VwGG iVm § 32 Abs. 2 AVG mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Gemäß § 62 Abs. 1 VwGG iVm § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Im vorliegenden Revisionsfall wurde das angefochtene Erkenntnis am Dienstag, dem 28. April 2015, zugestellt. Die sechswöchige Revisionsfrist endete daher mit Ablauf des Dienstags, des 9. Juni 2015.

Die unstrittig später, nämlich nach den Ausführungen des Revisionswerbers im Schriftsatz vom 19. November 2015 einerseits und im Wiedereinsetzungsantrag andererseits erst am 12. Juni 2015 zur Post gegebene Revision erweist sich daher als verspätet.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Als Hindernis iSd § 46 Abs. 3 VwGG ist jenes Ereignis iSd § 46 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Hindernis in einem Tatsachenirrtum über den Tag, an dem die Revision einem Zustelldienst übergeben wurde, so hört dieses Hindernis iSd § 46 Abs. 3 VwGG auf, sobald der Revisionswerber oder Vertreter des Revisionswerbers den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste (vgl. zum Irrtum über den Tag der Zustellung einer Entscheidung und über den davon abhängenden Ablauf einer Rechtsbehelfsfrist etwa den hg. Beschluss vom 25. Oktober 2011, 2011/15/0146 und 0147). Der Irrtum über den Tag der "Postaufgabe" kann jedenfalls mit der Möglichkeit einer Lektüre eines den tatsächlichen Tag der "Postaufgabe" anführenden gerichtlichen Schriftstückes im Verfahren erkannt werden (vgl. auch den hg. Beschluss vom 9. Februar 2005, 2004/13/0094 und 0149).

Die Ausführungen im Schriftsatz vom 19. November 2015 sind nicht als Wiedereinsetzungsantrag zu sehen. In diesem Schriftsatz wird lediglich darauf verwiesen, dass der Revisionswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt habe. Der Antrag selbst ist jedoch erst mit Schriftsatz vom 27. November 2015 gestellt worden.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Revisionswerber oder sein Vertreter bereits bei Lektüre der "Verständigung" durch das Bundesfinanzgericht von der Vorlage der Revision oder erst durch den Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 2015 den Irrtum über den Tag der "Postaufgabe" der Revision hätte erkennen müssen. Selbst wenn das Hindernis iSd § 46 Abs. 1 VwGG erst mit der Zustellung des Vorhaltes des Verwaltungsgerichtshofes am 29. Oktober 2015 weggefallen wäre, erfolgte der im Schriftsatz vom 27. November 2015 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 46 Abs. 3 VwGG.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision war daher als verspätet zurückzuweisen.

Die Revision war bei dieser Sachlage gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2016

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