VwGH Ra 2015/15/0050

VwGHRa 2015/15/005023.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des H-J H in St. M, vertreten durch Dr. Klaus Oberndorfer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 22. April 2015, Zl. RV/5101210/2011, betreffend Einkommensteuer 2010, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §4 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art140 Abs7;
EStG 1988 §46 Abs1;
UmgrStG 1991 §9 Abs8;
VwGG §34 Abs1;
BAO §4 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art140 Abs7;
EStG 1988 §46 Abs1;
UmgrStG 1991 §9 Abs8;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit aus, das Bundesfinanzgericht habe bei der Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, angewendet, obwohl eine Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer betreffend das Jahr 2010 begehrt worden sei und somit richtigerweise die Bestimmung des § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2012 anzuwenden gewesen wäre.

5 § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996 lautete:

"(8) Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, sind den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt. Dabei sind die Anteile abfindungsberechtigter Anteilsinhaber den Rechtsnachfolgern quotenmäßig zuzurechnen. § 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger mit der Maßgabe, daß die Mindeststeuern im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschulden nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge anzurechnen sind.

§ 46 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist nicht anzuwenden."

6 Gemäß § 46 Abs. 1 EStG 1988 werden auf die Einkommensteuerschuld einerseits die für den Veranlagungszeitraum festgesetzten Vorauszahlungen, andererseits die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen (somit insbesondere Lohnsteuer), angerechnet.

7 Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 30. Juni 2011, G 15/11, die Wortfolge "nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge" im dritten Satz des § 9 Abs. 8 UmgrStG, BGBl. Nr. 699/1991 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996, als verfassungswidrig aufgehoben, weil die Berücksichtigung von Mindeststeuern einer umgewandelten Kapitalgesellschaft bei den vormaligen Gesellschaftern (natürlichen Personen) dadurch von zufälligen Umständen abhängt. Dass der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge" im dritten Satz des § 9 Abs. 8 UmgrStG idF BGBl. Nr. 201/1996 aufgehoben hat, wurde mit BGBl. I Nr. 79/2011 vom 18. August 2011 kundgemacht.

8 Bestimmt der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis für das Außerkrafttreten des aufgehobenen Gesetzes bzw. der aufgehobenen Wortfolge eines Gesetzes keine Frist, so tritt die Aufhebung am Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Auf die vor diesem Zeitpunkt verwirklichten Tatbestände ist mit Ausnahme des Anlassfalles das Gesetz in der bis zur Aufhebung geltenden Fassung weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht (Art. 140 Abs. 7 B-VG). Ein derartiger Ausspruch erfolgte im vorliegenden Fall nicht (vgl. hiezu etwa VwGH vom 18. Dezember 2008, 2006/15/0053, VwSlg 8397/F). Der vorliegende Fall war auch kein Anlassfall (vgl. hingegen - zur Einkommensteuer 2004 des Revisionswerbers - das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. September 2011, B 776/10).

9 Im Bereich des Abgabenrechts ist jene Rechtslage maßgebend, unter deren zeitlichen Geltung der Abgabentatbestand verwirklicht worden ist (vgl. VwGH vom 24. Juni 1999, 97/15/0123, mwN). Nach Z 19 des 3. Teils des UmgrStG ist § 9 Abs. 8 in der Fassung des BGBl. I Nr. 112/2011 erstmals bei der Veranlagung 2011 anzuwenden. Der Abgabenanspruch hinsichtlich der zu veranlagenden Einkommensteuer für das Jahr 2010 entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres 2010. Demzufolge ist im Revisionsfall § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, anzuwenden.

10 Das Bundesfinanzgericht hat die Mindestkörperschaftsteuer mit der Begründung nicht angerechnet, dass zunächst die einbehaltene Lohnsteuer auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen sei und bereits diese Verrechnung zu einer Steuergutschrift geführt habe. Eine Berücksichtigung der übergegangenen Mindestkörperschaftsteuer sei nicht möglich, weil die Anrechenbarkeit der Mindestkörperschaftsteuer mit der Höhe der Einkommensteuerschuld begrenzt sei und zu keiner Gutschrift führen könne.

11 Zwar führt das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis an, dass zu prüfen sei, "in welchem Ausmaß gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2012 (BGBl I 112/2011) nicht verrechnete Mindeststeuern (...) anrechenbar sind". Im Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen des angefochtenen Erkenntnisses (insbesondere aus der vorrangigen Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 EStG 1988 genannten Beträge) ist jedoch eindeutig und offenkundig ersichtlich, dass die (Nicht‑)Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer in Anwendung des § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, erfolgte. Die unrichtige Angabe "idF des Budgetbegleitgesetzes 2012 (BGBl I 112/2011)" in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses verletzt den Revisionswerber nicht in subjektiven Rechten oder in dem als Revisionspunkt geltend gemachten Recht.

12 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. Februar 2017

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