VwGH Ra 2015/15/0014

VwGHRa 2015/15/00141.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Revision der S T GmbH in L, vertreten durch die Summer Schertler Stieger Kaufmann Droop Rechtsanwälte GmbH in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 14. Jänner 2015, Zl. RV/1100359/2012, betreffend Lohnsteuerhaftung, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2006 bis 2008, den Beschluss gefasst:

Normen

EStG §47 Abs2;
EStG §47 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Bundesfinanzgericht die revisionswerbende GmbH im Instanzenzug zur Haftung für Lohnsteuer ihres Dienstnehmers P herangezogen und Dienstgeberbeitrag sowie einen Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. P sei im Zeitraum ab Jänner 2006 als LKW-Fahrer auf einer bestimmten täglich zurückgelegten Strecke eingesetzt gewesen. Seine Beschäftigung durch die Revisionswerberin sei von Beginn an (und nicht erst wie von der Revisionswerberin vertreten ab Juni 2007) als Dienstverhältnis zu qualifizieren.

Zugleich sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Revisionswerberin wendet sich gegen die Beurteilung der Beschäftigung des P als Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988. In der Revision wird zu deren Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Im Erkenntnis vom 24. November 2011, 2008/15/0180, habe der Verwaltungsgerichtshof darauf verwiesen, dass ein dem Vertragsverhältnis zu Grunde liegendes Entlohnungssystem ohne einen "Mindest-Fixbezug" das Vorliegen eines Unternehmerrisikos nicht ausschließe. Insoweit das Bundesfinanzgericht vom Fehlen eines Unternehmerrisikos ausgegangen sei, weil P keine Ausgaben für Werbung und unternehmerische Infrastruktur gehabt habe, liege eine Verkennung der Rechtslage vor. Hätte das Bundesfinanzgericht, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend, festgestellt, dass P im Falle des Ausbleibens der Fahrten keinen Entgeltsanspruch gehabt hätte, wäre es zur Ansicht gelangt, dass P ein Unternehmerrisiko getragen habe.

Das Bundesfinanzgericht hat - durch Übernahme der Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung insbesondere zur Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Revisionswerberin und zur Weisungsgebundenheit - festgestellt, dass P keine laufenden finanziellen Aufwendungen zu tragen hatte und er je Fahrt von der Revisionswerberin (mit einem feststehenden Betrag) entlohnt worden sei. In der Folge hat sie das Vorliegen einer leistungsbezogenen Entlohnung bejaht, darin aber kein entscheidungsrelevantes Unternehmerrisiko gesehen. Mit dieser Beurteilung befindet sich das Bundesfinanzgericht auf dem Boden der Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. März 2010, 2009/15/0200, Slg. 8532 F/2010, und vom 28. September 2004, 2000/14/0094). Ein Widerspruch zu dem Erkenntnis vom 24. November 2011 betreffend die Beurteilung der Tätigkeit eines Taxifahrers liegt schon deshalb nicht vor, weil die Entlohnung des P anders als in jenem Fall nicht von im Vorhinein nicht feststehenden Umständen (erzielbares Fahrgeld) abhängig war.

Die Revision rügt weiters das Vorliegen gravierender Verfahrensverstöße. Das Bundesfinanzgericht habe gegen die Grundsätze der freien Beweiswürdigung, der materiellen Wahrheit, des Parteiengehörs sowie der ausreichenden Bescheidbegründung verstoßen. Insbesondere habe es keine mündliche Verhandlung durchgeführt, obwohl eine solche erforderlich gewesen wäre. Auch sei es unterlassen worden, P als Zeugen zu vernehmen.

Das Vorliegen relevanter Verfahrensmängel wird mit diesem Vorbringen nicht dargelegt, zumal es der Revisionswerberin offen gestanden wäre, konkrete Beweisanträge zu stellen. Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung setzt gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO idF FVwGG 2012 einen rechtzeitigen Antrag des Beschwerdeführers voraus. Dass die Revisionswerberin die Beweiswürdigung für verfehlt erachtet, vermag für sich nicht zu bewirken, dass die Behandlung der Revision von Fragen iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge.

Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP , 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Mai 2015, Ra 2014/19/0175).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nicht entscheidend darauf ankommt, ob der Beschäftigte Anspruch auf Urlaubsgeld oder auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat. Auch das Vorliegen eines Gewerbescheines steht der Annahme eines Dienstverhältnisses nicht entgegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. September 2009, 2005/15/0143, und vom 19. September 2007, 2007/13/0071).

In der Revision werden im Ergebnis keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. September 2015

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