VwGH Ra 2014/15/0031

VwGHRa 2014/15/003119.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revisionen 1. der Miteigentümergemeinschaft K in H mit den Miteigentümern DI M S, Ing. R Ö, Ing. E A, A A und G S, und 2. der Miteigentümergemeinschaft K in H mit den Miteigentümern F GmbH und H GmbH, beide vertreten durch die Bechtold Gunz Wichtl Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Marktplatz 9, gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes vom 4. August 2014, Zl. RV/1100003/2010 (betreffend Erstrevisionswerber, protokolliert zur hg. Zl. Ra 2014/15/0031) und Zl. RV/1100004/2010 (betreffend Zweitrevisionswerber, protokolliert zur hg. Zl. Ra 2014/15/0032), jeweils betreffend Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2007, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §166;
BAO §269 Abs2;
EStG 1988 §4 Abs4;
VwRallg;
BAO §166;
BAO §269 Abs2;
EStG 1988 §4 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber haben eine Liegenschaft im Miteigentum erworben, das darauf bestehende Gebäude saniert und um einen Zubau erweitert. Die Investitionen erfolgten zum Zwecke der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bzw. im Falle der zweitrevisionswerbenden Kapitalgesellschaften von Einkünften aus Gewerbebetrieb. Im Streitjahr 2007 sind im Vorfeld der Vermietungstätigkeit während der Phase des Erwerbes des Grundstücks und der Errichtung des Gebäudes von den Revisionswerbern Aufwendungen für Beratungsleistungen getätigt worden, deren steuerliche Behandlung als sofort absetzbare Werbungskosten oder als zu aktivierende Anschaffungs- und Herstellungskosten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig war.

2 Mit den angefochtenen Erkenntnissen schloss sich das Bundesfinanzgericht - abgesehen von einer außer Streit stehenden Korrektur zu Gunsten der Revisionswerber - der Beurteilung des Finanzamtes in seiner Berufungsvorentscheidung vom

4. bzw. 5. November 2009 an. Es sei davon auszugehen, dass sich die Aufwendungen für die "wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Konzeption" in Höhe von 173.100 EUR zum weitaus größten Teil auf den Erwerb des Grundstücks und die Sanierung des Altgebäudes sowie die Errichtung des Neugebäudes bezögen. Lediglich die Leistungen im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsrechnung und der steuerlichen Konzeption stellten sofort abziehbare Werbungskosten dar. Diese Leistungen seien, soweit dies den Akten zu entnehmen sei, nur von untergeordneter Bedeutung und daher im Schätzungsweg mit 10 % der Pauschalsumme zu bemessen.

3 Auch die Kosten für die "wirtschaftliche und steuerliche Projektierung" in Höhe von 96.100 EUR und für die "Werbung und Zusammenführung der Miteigentümergemeinschaft" in Höhe von 42.000 EUR beträfen vor allem den Erwerb der Liegenschaft und die Errichtung (Sanierung) der Gebäude und stellten nur zu 10 % sofort absetzbare Werbungskosten dar.

4 Die Kosten für die "Treuhandtätigkeit und die Überwachung der Zahlungsströme" seien zur Gänze zu aktivieren, weil sich die damit verbundenen Leistungen laut Rechnung (Erstellung des Grundkaufvertrages, Überwachung der Kaufabwicklung, etc.) zur Gänze auf den Erwerb der Einkunftsquelle bezögen. Hingegen seien die Kosten für die "Finanzierungsbeschaffung", für die "Hausverwaltung" und die "Erstvermietung" sowie für die Rechtsberatung als sofort abzugsfähige Werbungskosten anzuerkennen.

5 Das Gericht sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei, da die in den Erkenntnissen vorgenommene Beurteilung der Rechts- und Beratungskosten als zur Gänze sofort absetzbare Werbungskosten oder als aktivierungspflichtige Kosten auf dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 2007, 2005/15/0071, beruhe. Die Rechtsfrage sei daher höchstgerichtlich geklärt.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Zur Zulässigkeit der Revisionen wird zunächst geltend gemacht, es fehle gegenständlich - seit dem Erkenntnis vom 19. April 2007, 2005/14/0071, - an einer einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das "Verhältnis Veranlassungsprinzip/Verursachungsprinzip zu der Frage der (nicht mehr zwingend erforderlichen) Einordnung des Steuerschuldners hinsichtlich einer etwaigen Bauherreneigenschaft." Es werde höchstgerichtlich die Frage zu klären sein, ob bei Beurteilung der einzelnen Kosten das Veranlassungsprinzip oder das Verursachungsprinzip anwendbar sei.

10 Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Aus dem Werbungskostenbegriff ergibt sich, dass es entscheidend auf den Veranlassungszusammenhang von Aufwendungen und Ausgaben ankommt (vgl. für viele VwGH vom 28. Mai 2015, 2012/15/0104, vom 7. Juni 2005, 2002/14/0011, und vom 24. Juli 2007, 2006/14/0034).

11 Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betriebs veranlasst sind. Voraussetzung der Abzugsfähigkeit ist, dass ein Veranlassungszusammenhang zur jeweiligen Tätigkeit vorliegt (vgl. VwGH vom 28. Oktober 2009, 2007/15/0103).

12 Im Revisionsfall haben weder das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung noch das Bundesfinanzgericht in den angefochtenen Erkenntnissen in Zweifel gezogen, dass die streitgegenständlichen Aufwendungen durch die künftige (außerbetriebliche bzw. - soweit Kapitalgesellschaften als Gesellschafter betroffen sind - betriebliche) Einnahmenerzielung veranlasst waren. Strittig war ausschließlich, ob Teile der Aufwendungen als Anschaffungskosten des Grundstücks bzw. Herstellungskosten der Gebäude zu behandeln und solcherart nicht sofort im Jahr ihrer Bezahlung abzugsfähig sind.

13 Soweit die Revisionswerber eine grundsätzliche Rechtsfrage darin erblicken, dass ungeklärt sei, ob die in den Einkommensteuerrichtlinien 2000, Rz 6499, dargelegte Erlassmeinung im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 2007 fortbestehen könne, ist daran zu erinnern, dass Erlässe oder Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen keine für den Verwaltungsgerichtshof maßgebende Rechtsquelle darstellen (vgl. VwGH vom 29. Jänner 2015, 2012/15/0007).

14 Die Revisionswerber begründen die Zulässigkeit der Revisionen weiters mit dem Vorliegen von Verfahrensfehlern. Es liege eine Verletzung des Parteiengehörs und ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot ("etwa Schätzung und Begründung des Aufteilungsschlüssels") vor.

15 Einen eine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel zeigen die Revisionswerber mit diesem Vorbringen nicht auf, weil die schätzungsweise Aufteilung bestimmter Aufwandspositionen in sofort abzugsfähige Werbungskosten einerseits und zu aktivierende Anschaffungs- und Herstellungskosten andererseits bereits im erstinstanzlichen Feststellungsbescheid bzw. der Berufungsvorentscheidung vorgenommen worden war. In der Berufung bzw. dem Vorlageantrag wurden (abgesehen von dem in den Erkenntnissen berücksichtigten Einwand betreffend das Rechtsanwaltshonorar) dagegen keine konkreten Einwendungen erhoben oder Beweisanträge gestellt. Die Revisionswerber haben lediglich moniert, dass das Finanzamt sie bisher nicht aufgefordert habe, die strittigen Aufwandspositionen näher zu konkretisieren. Im Hinblick auf diesen Vorwurf hat das Bundesfinanzgericht die Revisionswerber im Ergänzungsersuchen vom 7. Juni 2013 eingeladen, die in Rede stehenden Kosten zu detaillieren und insbesondere anzugeben, welche konkreten Leistungen den verrechneten Kosten zu Grunde lagen und diese Angaben mittels entsprechender Unterlagen zu belegen. Die behauptete sofortige Absetzbarkeit als Werbungskosten möge begründet werden. In ihrem Antwortschreiben gaben die Revisionswerber im Wesentlichen ihrer Verwunderung darüber Ausdruck, dass bei anderen Projekten "mit verschiedenen Maß vorgegangen" worden sei. Eine Detaillierung der in Anspruch genommenen Leistungen lehnten die Revisionswerber mit der Begründung ab, dass es in der Natur der Sache liege, dass pauschal verrechnete Honorare nicht im Detail aufgegliedert werden könnten, "da in der Regel und hier ist von durchaus amtsbekannten Verhältnissen auszugehen, gerade wegen der Pauschalvereinbarungen keine detaillierten Aufzeichnungen und Aufschlüsselungen geführt werden".

Damit liegt im Revisionsfall weder eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör noch ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot vor.

16 Schließlich stützen sich die Revisionen zu Unrecht auf eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes durch die belangte Behörde, weil dieser Grundsatz im Abgabenverfahren nicht gilt (vgl. VwGH vom 31. März 2011, 2009/15/0199). Vielmehr kommt im Abgabenverfahren nach § 166 BAO alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist (vgl. auch § 269 Abs. 2 BAO).

17 In den Revisionen werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die - wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 2016

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