VwGH Ra 2014/03/0023

VwGHRa 2014/03/002324.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der F E in I, vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Claudiaplatz 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 26. Mai 2014, Zl. LVwG-2013/K2/3314-3 und 2013/30/3315-3, betreffend Übertretung des Landes-Polizeigesetzes, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art130 Abs1;
VStG §22;
VwGVG 2014 §38;
B-VG Art130 Abs1;
VStG §22;
VwGVG 2014 §38;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).

Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revisionswerberin bringt in diesem Zusammenhang vor, bei der ihr angelasteten, am 4. Oktober 2013 begangenen Übertretung handle es sich um ein fortgesetztes Delikt, weshalb der Tatzeitraum bis zur Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz zusammenzufassen und nur eine Strafe zu verhängen sei. Sie sei wegen gleicher Tathandlungen (gesetzt am 3. Juli bzw 13. August 2013) mit Straferkenntnissen vom 31. Juli bzw 12. September 2013 bestraft worden; der dagegen erhobenen Berufung (Beschwerde) sei vom Unabhängigen Verwaltungssenat Tirol bzw vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnissen vom 4. Dezember 2013 bzw 2. April 2014 nicht Folge gegeben worden.

Gemäß § 17 VwGVG seien im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (ua) jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Nach Auffassung der Revisionswerberin hätte das Verwaltungsgericht wegen § 17 VwGVG ebenso vorgehen müssen wie die Erstbehörde nach § 22 VStG, weshalb für die nun angelastete, am 4. Oktober 2013 und damit vor Erlassung des über die Berufung (Beschwerde) ergangenen - früheren - Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Tirol keine gesonderte Strafe mehr hätte verhängt werden dürfen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Auf der Grundlage von § 22 VStG, wonach dann, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder die Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind, judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass bei Vorliegen eines Dauerdelikts oder eines fortgesetzten Delikts die Bestrafung alle bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Einzeltathandlungen abdeckt. Hingegen werden jene Tathandlungen, die nach diesem Zeitpunkt gesetzt werden, von dieser Abgeltungswirkung nicht erfasst. Setzt also der Täter sein strafbares Verhalten nach vorangegangener Bestrafung fort, so können die seit der letzten Bestrafung, also nach Erlassung des letzten erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Teilakte einer neuerlichen Bestrafung unterzogen werden (vgl dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 22 VStG, E 341 ff wiedergegebene Judikatur).

Gemäß § 38 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des VStG (von im Revisionsfall nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) anzuwenden; vom Verwaltungsgericht ist daher auch § 22 VStG anzuwenden.

Da im vorliegenden Fall nicht strittig ist, dass die Tatzeit der nunmehr angelasteten Übertretung nach dem für die Bestimmung der Abgeltungswirkung der Bestrafung maßgeblichen Zeitpunkt (Zustellung des - letzten - erstinstanzlichen Straferkenntnisses) lag, die nunmehr angelastete Übertretung davon also nicht erfasst wurde, war vom Verwaltungsgericht zutreffend eine weitere Strafe verhängt worden.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. September 2014

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