VwGH 99/21/0241

VwGH99/21/024120.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des JB, (geboren am 1. Dezember 1969), in Graz, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 17/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 16. April 1999, Zl. FR 601/1998, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §31;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §31;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 16. April 1999 wurde der Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein liberianischer Staatsangehöriger, gemäß den §§ 31, 33 Abs. 1 und § 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des Fremdengesetzes führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge am 5. Dezember 1996 "über unbekannt" (gemeint offensichtlich: an einem unbekannten Ort) illegal, in einem LKW versteckt, in das Bundesgebiet eingereist sei, wobei er sich der Hilfe eines Schleppers bedient habe, und um Asyl angesucht habe. Sein Asylantrag sei mit rechtskräftigem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. Februar 1998, rechtswirksam erlassen am 16. Februar 1998, abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer halte sich seit seiner illegalen Einreise unberechtigterweise im Bundesgebiet auf, weil er weder nach dem Asylgesetz noch dem Fremdengesetz über eine "Bewilligung" verfüge.

Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodass die Ausweisung zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei. Das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei zusätzlich noch in der Form verletzt worden, dass der Beschwerdeführer sich bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe. Durch die Ausweisung komme es zu keinem relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben, zumal er sich im Bundesgebiet nicht auf das Vorhandensein von Familienangehörigen oder nahen Verwandten berufen könne, die vom Schutzbereich des § 37 Abs. 1 FrG umfasst wären. So habe er in seiner am 6. Februar 1998 vor der Bundespolizeidirektion Wien aufgenommenen Niederschrift angeführt, ledig zu sein und keine Sorgepflichten sowie keine Familienangehörigen in Österreich zu haben. Seinen Lebensunterhalt hätte er mit "unangemeldeten" Gelegenheitsarbeiten bestritten. Weiters habe er in der am 9. September 1997 vor der erstinstanzlichen Behörde aufgenommenen Niederschrift angegeben, seinen Lebensunterhalt durch Unterstützungszahlungen von Seiten des Sozialamtes in Höhe von monatlich S 2.800,-- zu bestreiten und zeitweise eine namentlich genannte Zeitschrift zu verkaufen, wodurch er noch ca. S 500,-- bis S 600,-- dazu verdienen würde. Auch sei es während seines noch nicht allzu langen, noch dazu seit seiner Einreise unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zu keiner nennenswerten "oder" sozialen Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gekommen, zumal er im Bundesgebiet keiner (erlaubten) Erwerbstätigkeit nachgehe und seinen Unterhalt durch Unterstützungszahlungen der Sozialhilfe bestreite. Weitere konkrete Umstände hinsichtlich des Vorliegens eines relevanten Eingriffs in sein Privat- oder Familienleben seien von ihm in seiner Berufungsschrift nicht vorgebracht worden. Seine persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich seien angesichts seines noch keineswegs langen, zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthaltes in der Dauer von zwei Jahren und ca. vier Monaten nicht so stark ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse an der Erlassung der Ausweisung. Der Beschwerdeführer sei trotz des rechtskräftigen negativen Asylbescheides weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben und hier sogar straffällig geworden. So sei er mit dem seit 16. Februar 1998 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wegen § 15 StGB i.V.m. § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 Suchtmittelgesetz zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden.

Somit habe die von der belangten Behörde im Rahmen des § 33 Abs. 1 FrG zu treffende Ermessensentscheidung keinesfalls zu seinen Gunsten ausgehen können. Aus dem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers sei nicht einmal ansatzweise zu erkennen, dass er gewillt sei, sich der österreichischen Rechtsordnung zu unterwerfen und zu versuchen, seinen allfälligen künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet vom Ausland aus zu legalisieren.

Darüber hinaus stehe nicht einmal fest, dass der Beschwerdeführer derjenige sei, als der er sich ausgebe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer - seinen eigenen Angaben zufolge - am 5. Dezember 1996 unter Zuhilfenahme eines Schleppers illegal, in einem LKW versteckt, in Österreich eingereist sei, er über keine "Bewilligung" nach dem Asylgesetz oder Fremdengesetz verfüge und sein Asylantrag mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. Februar 1998 (rechtswirksam erlassen am 16. Februar 1998) abgewiesen worden sei. Auf dem Boden der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und der Tatbestand des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG erfüllt sei, keinem Einwand.

2.1. Die Beschwerde bekämpft indes die von der belangten Behörde nach § 37 Abs. 1 FrG vorgenommene Beurteilung und macht geltend, dass mit der Ausweisung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde und er mit seiner Erwerbstätigkeit als Kolporteur versuche, sich in Österreich sozial zu integrieren. Die Wertung, dass ein Zeitraum von zwei Jahren und ca. vier Monaten keinen langen Zeitraum darstelle, sei verfehlt. Die Behörde hätte die gesamte Lebenssituation, insbesondere das "soziale Beziehungsgeflecht", des Beschwerdeführers in Österreich zu prüfen gehabt und sei ihrer Verpflichtung zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens nicht nachgekommen. Insbesondere gebe es keinen Hinweis darauf, ob dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben worden sei, darzulegen, inwieweit sich seine privaten bzw. familiären Verhältnisse seit dem 9. September 1997 und dem 6. Februar 1998 geändert hätten.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Selbst unter der Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers wäre im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht schwerer zu gewichten als das gegenläufige öffentliche Interesse. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Juni 1999, Zl. 99/21/0124, m.w.N.) kommt der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seine unter Zuhilfenahme eines Schleppers und unter Verbergung in einem LKW, somit unter Umgehung der Grenzkontrolle, erfolgte Einreise sowie durch seinen jedenfalls seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich gravierend beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer - unbestrittenermaßen - nach dem Suchtmittelgesetz straffällig wurde.

Wenn die Beschwerde diesem öffentlichen Interesse entgegenhält, dass der seit 5. Dezember 1996 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer einer erlaubten Erwerbstätigkeit als Kolporteur nachgehe, so kann dies nicht zu seinen Gunsten ausschlagen (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis). Im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, welche sonstigen privaten oder welche familiären Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführer in Österreich habe, sodass die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge (Unterlassung ausreichender Ermittlungen, Verletzung des Parteiengehörs) ins Leere geht. § 37 Abs. 1 FrG steht somit der Ausweisung des Beschwerdeführers nicht entgegen.

3. Das weitere Beschwerdevorbringen, dass der angefochtene Bescheid und der erstinstanzliche Bescheid verschiedene Aktenzeichen aufwiesen, was den Grundsatz "der Einheitlichkeit des Verfahrens" verletze und einen Verfahrensmangel auch deshalb darstelle, weil die einzigen von der belangten Behörde herangezogenen Niederschriften, die auf direkten Kontakten mit dem Beschwerdeführer beruhten, in anderen Verfahren erstellt worden seien, lässt nicht erkennen, welche Feststellungen der belangten Behörde bestritten werden. Darüber hinaus stellt die Beschwerde die inhaltliche Richtigkeit der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Angaben des Beschwerdeführers laut den Niederschriften vom 9. September 1997 und 6. Februar 1998 nicht in Abrede.

Mangels Darlegung der Relevanz ist daher auch diese Verfahrensrüge nicht zielführend.

4. Soweit die Beschwerde geltend macht, dass mit der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden und über diesen noch nicht entschieden worden sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde ohnedies über die Berufung inhaltlich entschieden hat, sodass nicht ersichtlich ist, inwieweit der Beschwerdeführer durch die Unterlassung eines formellen Abspruches über den Wiedereinsetzungsantrag in seiner Rechtsposition beeinträchtigt sein könnte.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. September 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte