Normen
FrG 1997 §8 Abs5;
FrG 1997 §8 Abs5;
Spruch:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerinnen beantragten am 20. März 1997 (Überreichung bei der österreichischen Botschaft in Zagreb) die erstmalige Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen. Diese Anträge langten am 2. April 1997 beim Landeshauptmann von Wien ein.
Als Aufenthaltszweck gaben die Beschwerdeführerinnen jeweils die Familienzusammenführung mit dem Vater der Erstbeschwerdeführerin bzw. Ehegatten der Zweitbeschwerdeführerin, einem in Österreich niedergelassenen Fremden, an.
Den Verwaltungsakten ist die Bestätigung eines inländischen Bauunternehmens vom 19. März 1997 angeschlossen, wonach der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin seit 18. März 1997 als Fassader in ungekündigter Stellung tätig sei. Aus einer Bestätigung vom 2. März 1998 ergibt sich, dass dieser bei einem anderen inländischen Unternehmen seit 2. März 1997 beschäftigt sei.
Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien je vom 26. März 1998, Zlen. MA 62 - 9/2222329/1 und MA 62 - 9/2115436/3, wurden die am 2. April 1997 eingelangten Anträge der Beschwerdeführerinnen, die gemäß § 112 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) als solche auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen gewertet wurden, mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft gemäß § 8 Abs. 5 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 FrG 1997 abgewiesen. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, die als gesicherte Unterkunft angegebene Wohnung bestehe aus zwei Zimmern, einer Küche sowie Vorraum, Bad und WC und habe 38 m2. Dort sollten die beiden Beschwerdeführerinnen, sowie der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin wohnen. Bei Familien mit Kindern liege eine ortsübliche Unterkunft jedenfalls nur dann vor, wenn ein vom Wohnraum getrennter Schlafraum für jede Generation vorhanden sei. Das neben dem Wohnraum bestehende Zimmer solle jedoch insgesamt drei Personen als Schlafraum dienen. Damit liege keine für Inländer ortsübliche Unterkunft vor.
Die Zustellung dieses Bescheides an die Beschwerdeführerinnen erfolgte am 14. Mai 1998.
Am 11. Mai 1998 langte beim Landeshauptmann von Wien ein Schreiben des Ehegatten der Zweitbeschwerdeführerin vom 8. Mai 1998 ein, in welcher dieser erklärte, er lege gegen die "Visum Ablehnung Nr. 4116/793/98 (29.4.98)" Berufung ein. Das Vorbringen in dieser Eingabe lässt erkennen, dass der Einschreiter die Aufnahme eines Familienlebens mit den Beschwerdeführerinnen in Österreich anstrebt und dass er zu diesem Zwecke eine Wohnung erworben hat. Das Schreiben schloss mit der Bitte, dass die Beschwerdeführerinnen ein "Visum" bekommen mögen.
Mit Verfügung vom 18. Juni 1998 stellte der Landeshauptmann von Wien das in Rede stehende Schreiben an die Zweitbeschwerdeführerin (auch namens der Erstbeschwerdeführerin) zur Verbesserung durch Unterfertigung desselben oder durch Vorlage der dem Unterfertiger erteilten Vollmacht zurück. Diese Verfügung versuchte die erstinstanzliche Behörde im Wege der österreichischen Botschaft in Zagreb zuzustellen. Eine Behebung des Verbesserungsauftrages durch die Zweitbeschwerdeführerin erfolgte jedoch nicht.
Am 29. September 1998 legte der Landeshauptmann von Wien die Eingabe vom 11. Mai 1998 der belangten Behörde zur Entscheidung vor.
Am 5. Oktober 1998 gab der Beschwerdevertreter dem Landeshauptmann von Wien bekannt, dass er die Beschwerdeführerinnen in den gegenständlichen Verwaltungsverfahren vertrete.
Mit den am 19. Februar 1999 beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Säumnisbeschwerden machen die Beschwerdeführerinnen die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Inneres in Ansehung der Erledigung der Eingabe vom 11. Mai 1998 geltend.
Mit Verfügung vom 25. Februar 1999 wurde die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, den versäumten Bescheid binnen drei Monaten zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
Mit Eingaben vom 29. August 1999 und 16. September 1999 teilte die belangte Behörde mit, dass in den Fällen der Beschwerdeführerinnen eine positive Erledigung der Berufung in Aussicht genommen worden sei.
Allerdings sei die gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1998, BGBl. II Nr. 371/1997, für Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen festgelegte Quote bereits am 30. Juli 1998 erschöpft gewesen. Die Quote gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1999 sei am 26. März 1999 geschlossen gewesen.
Am 18. November 1999 äußerten sich die Beschwerdeführerinnen zu diesem Vorbringen der belangten Behörde dahingehend, dass gemäß § 7 Abs. 4 Z. 3 FrG 1997 für sie keine Quotenpflicht bestünde. Im Übrigen stünde der Bewilligung ihrer Anträge kein Hindernis entgegen.
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, darzutun, dass die Arbeitsverträge des Ehegatten der Zweitbeschwerdeführerin einen dem § 7 Abs. 4 Z. 2 FrG 1997 entsprechenden Inhalt aufweisen, äußerten sich die Beschwerdeführerinnen nicht.
Am 2. Februar 2000 übermittelte die belangte Behörde eine ihr von den Beschwerdeführerinnen übersandte Urkunde, aus welcher hervorgeht, dass der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin nunmehr bei einem dritten inländischen Unternehmen, und zwar seit 14. Juni 1999, nur unterbrochen durch die Winterperiode, als Gipser beschäftigt ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden auf Grund ihres persönlichen, rechtlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 7, § 8, § 22 und § 112 FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 7. (1) Die Aufenthaltstitel werden als
- 1. Aufenthaltserlaubnis oder
- 2.
Niederlassungsbewilligung
erteilt.
...
(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die
1. in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben ...
...
brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.
(4) Drittstaatsangehörige brauchen eine Aufenthaltserlaubnis, wenn
1. ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck eines Studiums oder einer Schulausbildung dient;
2. sie unselbstständig erwerbstätig sind und ihr Arbeitsvertrag mit ihrem international tätigen Dienstgeber sie entweder
a) als leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, oder
b) als der Unternehmensleitung zugeteilte qualifizierte Mitarbeiter, die zur innerbetrieblichen Aus- oder Weiterbildung (Führungskräftenachwuchs) verpflichtet sind, oder
c) als Vertreter repräsentativer ausländischer Interessenvertretungen ausweist
und Rotationen im Hinblick auf den Dienstort vorsieht;
3. sie Ehegatten oder minderjährige unverheiratete Kinder der in Z 1 und 2 genannten Fremden sind, sofern sie nicht erwerbstätig sein wollen;
...
§ 8. ...
...
(5) Für die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels bedarf es des Nachweises eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft für den Fremden, der sich hier niederlassen will. ...
...
§ 22. Eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung darf nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Wird die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindert sich diese Zahl entsprechend. Ist die Zahl bereits ausgeschöpft, so ist die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und über die danach einlangenden Anträge, denen im Falle noch zur Verfügung stehender Bewilligungen stattzugeben wäre, so lange aufzuschieben, bis in einer nachfolgenden Niederlassungsverordnung auf sie Bedacht genommen werden kann. § 73 AVG und § 27 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, sind nur insoweit anwendbar, als die Zeit des zulässigen Aufschubes überschritten wird.
...
§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass es sich bei der im Akt erliegenden, am 11. Mai 1998 beim Landeshauptmann von Wien eingelangten Eingabe um eine den Beschwerdeführerinnen zurechenbare Berufung gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 26. März 1998 handelte.
Ob diese Auffassung zutrifft, kann vorliegendenfalls dahinstehen:
Wäre die am 11. Mai 1998 eingelangte Eingabe keine dem Beschwerdeführerinnen zurechenbare Berufung gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 26. März 1998, so könnten sie durch die Nichterledigung dieser Eingabe auch nicht in ihrem als Beschwerdepunkt gerügten Recht auf Entscheidung durch die belangte Behörde innerhalb der Frist des § 73 Abs. 1 AVG verletzt sein. Die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Säumnisbeschwerden wären aus diesem Grund zurückzuweisen.
Für den Fall, dass die Auffassung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, bei der in Rede stehenden Eingabe handle es sich um eine den Beschwerdeführerinnen zurechenbare (vorzeitige) Berufung gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 26. März 1998, zutreffend wäre (wogegen allerdings der dargestellte - aufklärungsbedürftige - "Betreff" der Eingabe spricht), würde nun Folgendes gelten:
Die Beschwerdeführerinnen beabsichtigen, zum Zweck der Aufnahme der Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten bzw. Vater in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen zu begründen. Hiezu benötigen die Beschwerdeführerinnen aus dem Grunde des § 7 Abs. 3 Z. 1 FrG 1997 eine Niederlassungsbewilligung, es sei denn, es läge einer der in § 7 Abs. 4 FrG 1997 angeführten Fälle vor.
Die Beschwerdeführerinnen haben nun im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstmals die Behauptung aufgestellt, sie fielen unter die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 4 Z. 3 FrG 1997. Hiefür ergaben sich aus den Verwaltungsakten keine wie immer gearteten Anhaltspunkte. Auch über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Beschwerdeführerinnen keinen Nachweis dahingehend erbracht, dass ihr Ehegatte bzw. Vater zu den in § 7 Abs. 4 Z. 2 FrG 1997 angeführten Fremden zählte. Die Voraussetzungen der Z. 1 dieser Bestimmung erfüllte er schon deshalb nicht, weil er im Inland einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Wie die Beschwerdeführerinnen dazu kamen, dieses geradezu mutwillige Vorbringen zu erstatten, ist unerfindlich. Der Beschwerdevertreter wird darauf aufmerksam gemacht, dass er in Hinkunft mit der Verhängung einer Mutwillensstrafe zu rechnen haben wird.
Handelt es sich aber bei den Beschwerdeführerinnen um Fremde, die gemäß § 7 Abs. 3 FrG 1997 eine Niederlassungsbewilligung benötigen, so waren ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen vom 2. April 1997 in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 112 FrG 1997 ab dem 1. Jänner 1998 als solche auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen zu werten.
Sowohl die Beschwerdeführerinnen als auch die belangte Behörde gehen, anders als die erstinstanzliche Behörde, davon aus, dass der Erteilung von Niederlassungsbewilligungen auf Grund der Anträge der Beschwerdeführerinnen vom 2. April 1997 - von § 22 FrG 1997 abgesehen - kein Hindernis entgegenstand.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt vor dem Hintergrund seiner Judikatur zum Begriff der "für Inländer ortsüblichen Unterkunft" in § 8 Abs. 5 FrG 1997 (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/19/0010) die Auffassung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, wonach der in der letztgenannten Bestimmung umschriebene Versagungsgrund vorliegendenfalls der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung an die Beschwerdeführerinnen nicht entgegenstand. Auch sonst sind Versagungsgründe nicht erkennbar.
Im Hinblick auf den allein geltend gemachten Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit dem vor dem 1. Jänner 1998 in Österreich niedergelassenen Ehegatten der Zweitbeschwerdeführerin waren die verfahrensgegenständlichen Anträge im Rahmen der gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnungen 1998 bzw. 1999 festgelegten Quote zu behandeln.
Unbestritten bleibt die Behauptung der belangten Behörde, die Quote gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1998 sei am 30. Juli 1998 erschöpft gewesen.
Daraus ergibt sich aber, dass der der belangten Behörde bei Zurechenbarkeit der Berufung an die Beschwerdeführerinnen allein offen gestandenen Entscheidung, nämlich der Erteilung von Niederlassungsbewilligungen in der Zeit zwischen 30. Juli 1998 und 31. Dezember 1998 § 22 FrG 1997 entgegenstand.
Damit wäre die belangte Behörde aber bei Zurechenbarkeit der Berufung an die Beschwerdeführerinnen lediglich zwischen dem 11. Mai 1998 und dem 29. Juli 1998, sowie danach wieder ab dem 1. Jänner 1999 säumig gewesen. Im Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Säumnisbeschwerden am 19. Februar 1999 wäre bei Zurechenbarkeit der Berufung an die Beschwerdeführerinnen die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG noch nicht abgelaufen gewesen.
Aus diesen Erwägungen waren die Säumnisbeschwerden zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 5. Mai 2000
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