VwGH 99/14/0040

VwGH99/14/004029.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des W L in K, vertreten durch Dr. Bernhard Huber und Mag. Eva Huber-Stockinger, Rechtsanwälte in Linz, Schillerstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. Dezember 1998, Zl RV475/1-10/1998, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
EStG §78 Abs3;
GmbHG §18;
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
EStG §78 Abs3;
GmbHG §18;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde und dem ihr in Kopie angeschlossenen angefochtenen Bescheid war der Beschwerdeführer neben Franz E selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der EC GmbH, welche Komplementärgesellschaft der EC KG war. Im Mai 1997 wurde über das Vermögen der EC KG der Konkurs eröffnet, welcher im Mai 1998 nach Verteilung des Vermögens (Quote rd 3 %) aufgehoben wurde.

Im Juli 1997 erließ das Finanzamt einen Bescheid, mit welchem es den Beschwerdeführer für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der EC KG (rd S 374.000,--, im Wesentlichen bestehend aus Lohnabgaben und rd S 105.000,-- Umsatzsteuer) zur Haftung gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO heranzog.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Finanzamt eine dagegen eingebrachte Berufung ab. In der Berufung war darauf hingewiesen worden, unter welch guten Voraussetzungen die EC KG im Jänner 1996 zum Betrieb eines Hotels gegründet worden sei - Franz E, der zweite Geschäftsführer der EC GmbH sei ein international anerkannter Hotelfachmann gewesen - und welche zunächst erfolgversprechenden, letztlich aber insgesamt gescheiterten Maßnahmen vom Beschwerdeführer gesetzt worden seien, um den Hotelbetrieb trotz entstandener Liquiditätsengpässe, zu welchen es auch durch von Franz E versprochene, in der Folge aber nicht geleistete Geldmittel von mindestens S 1,5 Mio gekommen sei, fortzuführen. Ausgehend davon, dass eine der Voraussetzungen für die Haftung nach § 9 BAO die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten ist, maß die belangte Behörde den im Vordergrund der Berufungsausführungen stehenden Ausführungen, der aus sicher und seriös scheinenden Geschäftsverbindungen erwartete Geldfluss sei ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht zustande gekommen, keine Bedeutung zu. Vielmehr vertrat die belangte Behörde den Standpunkt, dass allein die Frage zu klären sei, ob finanzielle Mittel vorhanden gewesen und wie diese verwendet worden seien. Zu dieser Frage nahm die belangte Behörde im Hinblick auf die eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen und die (bis März 1997) gezahlten Löhne als erwiesen an, dass Geldmittel vorhanden gewesen und auch verwendet worden seien. An die Finanzverwaltung sei aber die letzte Zahlung vor Konkurseröffnung (im Mai 1997) im September 1996 erfolgt, woraus die belangte Behörde folgerte, dass die vorhandenen Mittel nicht zumindest anteilig verwendet worden seien. Gründe für diese die Abgabenbehörde benachteiligende Vorgangsweise habe der Beschwerdeführer nicht angegeben, weshalb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein Verschulden an der Verletzung abgabenrechtlicher Vorschriften zur Last legte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Auch in der Beschwerde wird in den Vordergrund der Ausführungen gestellt, dass dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden könne, dass die Einschätzung der Erfolgsaussichten der EC KG verfehlt gewesen seien und seine (ab Sommer 1996, nach Bekanntwerden unzureichend zur Verfügung stehender Geldmittel, forcierten) Bemühungen, ausreichende Geldmittel zu beschaffen, letztlich nicht erfolgreich gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe vielmehr aus verschiedenen Gründen mit einem Erfolg seiner diesbezüglichen Bemühungen rechnen können.

Dazu ist zu sagen, dass dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde als das ihm im Hinblick auf die Heranziehung zur Haftung relevante Verschulden in keiner Weise die Fehleinschätzung der Erfolgsaussichten des Hotelbetriebes oder die Fehleinschätzung der Erfolgsaussichten seiner Bemühungen, zusätzliche Geldmittel zu beschaffen, zur Last gelegt wurde. Als Verschulden des Beschwerdeführers wurde vielmehr der Umstand beurteilt, dass er nicht für die (zumindest anteilige) Abgabentilgung Sorge getragen habe. Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Bemühungen des Beschwerdeführers zur Beschaffung weiterer Geldmittel sein Verschulden an der den Abgabengläubiger benachteiligenden Verwendung vorhandener Geldmittel nicht ausschließen. Es mag durchaus zutreffen, dass der Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen alles getan hat, um die Fortführung des Hotelbetriebes zu ermöglichen, er diesbezüglich auch nicht leichtsinnig vorgegangen ist und konkrete Finanzierungspläne gehabt hat. Solange die entsprechenden Pläne aber nicht verwirklicht und die Bemühungen noch nicht tatsächlich erfolgreich abgeschlossen (sondern nur erfolgversprechend) waren, hätten zur Vermeidung eines zur Heranziehung zur Haftung relevanten Verschuldens die anfallenden Abgabenverbindlichkeiten zumindest anteilig entrichtet werden müssen und die Löhne gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 nur in einem entsprechend geringeren Ausmaß ausgezahlt werden dürfen.

Der Beschwerdeführer behauptet zwar in seiner Beschwerde, dass er "pflichtgemäß bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im März 1997 sämtliche Gläubiger entsprechend dem Gleichbehandlungsgrundsatz" anteilig befriedigt und danach sämtliche Zahlungen eingestellt habe, an anderer Stelle der Beschwerde wird aber eingeräumt, dass die Löhne zur Gänze ausbezahlt wurden, um "den Hotelbetrieb weiterhin aufrechterhalten zu können". Der im angefochtenen Bescheid dargestellten Einstellung der Zahlungen an die Abgabenbehörde im September 1996 tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Damit ist aber klargestellt, dass ab September 1996 gewisse (unter anderem zur Zahlung der vollen Löhne ausreichende) Geldmittel zur Verfügung standen und ausbezahlt wurden, der Abgabengläubiger aber keine Zahlungen erhielt. Zu Recht weist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Unterlassung der Abfuhr der Lohnsteuer für ausgezahlte Löhne schon im Hinblick auf § 78 Abs. 3 EStG 1988 nicht mit dem Hinweis der nicht ausreichenden Mittel als unverschuldete Pflichtverletzung gewertet werden kann. Der belangten Behörde kann aber auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie hinsichtlich der anderen Abgabenverbindlichkeiten deren nicht zumindest anteilige Befriedigung als Verschulden des Beschwerdeführers beurteilt hat.

Das Vorbringen, der Beschwerdeführer könne in jedem Fall nicht für den gesamten vom Finanzamt eingeforderten Betrag haftbar gemacht werden, da die Abgabenbehörde selbst bei anteiliger Befriedigung sämtlicher Gläubiger im Sinn des Gleichbehandlungssatzes nur einen Bruchteil dieses Betrages erhalten hätte, ist ebenfalls nicht geeignet, eine Rechtsverletzung aufzuzeigen. Ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Verpflichtung, die Gründe anzugeben, warum es ihm unmöglich gewesen sei, seine Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls angenommen werden darf, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist. Wenngleich diese besondere Behauptungs- und Beweislast einerseits nicht überspannt und andererseits nicht so aufgefasst werden darf, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre, obliegt es dem (potentiell) Haftungspflichtigen, nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, etwa auch im Hinblick auf die Quote aufzustellen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. April 1999, 94/14/0147). Derartige Behauptungen hat der Beschwerdeführer aber nicht aufgestellt.

Ebenfalls ungerechtfertigt ist die Rüge des Beschwerdeführers, der angefochtene Bescheid sei auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weil die belangte Behörde die rechtzeitig beantragte mündliche Verhandlung nicht durchgeführt habe. Diesbezüglich hat die belangte Behörde bereits im angefochtenen Bescheid zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bundesabgabenordnung (§ 283 BAO im Rahmen der "besonderen Bestimmungen über das Verfahren vor den Berufungssenaten") mündliche Verhandlungen nur in Berufungsfällen vorsieht, in welchen gemäß § 260 oder § 261 BAO ein Berufungssenat zu entscheiden hat. Da die gegenständliche Berufung nicht von einem solchen Berufungssenat zu entscheiden war, stellt der Umstand, dass ungeachtet des Antrages eine mündliche Verhandlung nicht durchgeführt worden war, keine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass dem angefochtenen Bescheid die behaupteten Rechtsverletzungen nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Juni 1999

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