Normen
11997E010 EG Art10;
11997E049 EG Art49;
11997E234 EG Art234;
EURallg;
SpitalG Vlbg 1990 §11 Abs1;
SpitalG Vlbg 1990 §3 litg;
VwGG §38a;
11997E010 EG Art10;
11997E049 EG Art49;
11997E234 EG Art234;
EURallg;
SpitalG Vlbg 1990 §11 Abs1;
SpitalG Vlbg 1990 §3 litg;
VwGG §38a;
Spruch:
Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Vorarlberg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 96/11/0103, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis war ein Bescheid der belangten Behörde vom 18. Februar 1996 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes teilweise aufgehoben worden. Mit dem aufgehobenen Abspruch war ein Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der Bewilligung zur Erweiterung und Ergänzung des Operationsschemas und des Kataloges der angebotenen Behandlungen in ihrer in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums geführten privaten Krankenanstalt mangels Bedarfes abgewiesen worden, soweit ihr nicht mit dem nicht angefochtenen Abspruch die entsprechende Bewilligung erteilt worden war.
Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 9 des Vorarlberger Spitalgesetzes LGBl. Nr. 1/1990 die beantragte Bewilligung erteilt; dies jedoch mit der als "Auflage" bezeichneten Ausnahme näher genannter Leistungen (Spruchpunkt I.1.) und unter der ebenfalls als "Auflage" bezeichneten Vorschreibung von drei baulichen Bedingungen (Spruchpunkt I.2.) sowie unter der auf § 9 Abs. 10 leg. cit. gestützten Bedingung, dass innerhalb von drei Jahren ab Zustellung des Bescheides um die Bewilligung zum Betrieb der Krankenanstalt angesucht wird (Spruchpunkt II.). Die Ausnahmen zu I.1. betreffen:
"Aus dem Sonderfach Haut- und Geschlechtskrankheiten: alle Operationen der Gruppe IV. Aus dem Sonderfach Urologie: alle Operationen der Gruppen IV und V. Aus dem Sonderfach Orthopädie und Orthopädische Chirurgie: alle Operationen der Gruppen IV und V mit Ausnahme von acht näher bezeichneter Operationen. Aus dem Sonderfach Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde: Reposition eines unkomplizierten Nasenbeinbruches, Incision eines Abzesses durch die Haut ('Außenincision') und Tracheotomie." Die baulichen Bedingungen zu I.2.betreffen in einer Anlage des Bescheides speziell bezeichnete Operationen, die nur durchgeführt werden dürfen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt werden: "2.1. Vor der OP-Einheit ist eine zweikammrige Schleuse einzubauen. 2.2. Die Wand zwischen OP und Waschraum ist zu verschließen. 2.3. Der 'Unreinraum' der Sterilisation ist so einzurichten, dass er nicht vom Reinbereich des Operationssaales her betreten werden kann".
In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei geltend, durch die "Auflagen" zu I. und durch die Befristung zu II. beschwert zu sein. Diese Inhalte des angefochtenen Bescheides litten unter Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Sie beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass es vor dem Hintergrund der Definition des Begriffes "Errichtung" im zweiten Satz des § 9 Abs. 1 Vlbg. SpitalG , wonach darunter die Neuerstellung einer Krankenanstalt sowie die Ausgestaltung eines bisher anderen Zwecken gewidmeten Gebäudes zu einer solchen zu verstehen sind, im gegenständlichen Verwaltungsverfahren nicht um die Erteilung einer Errichtungsbewilligung gegangen ist. Es handelte sich vielmehr um die Bewilligung einer Veränderung im Sinne des § 11 leg. cit. (vgl. das Vorerkenntnis vom 20. Jänner 1998). Auf das Verfahren betreffend Erteilung der Bewilligung für eine Veränderung in diesem Sinne sind die §§ 9 und 10 sinngemäß anzuwenden.
Ferner ist zunächst zu klären, was die beschwerdeführende Partei mit ihrer Beschwerde anstrebt. In Spruchpunkt I. wurden - ungeachtet der verfehlten Formulierung im Spruch des angefochtenen Bescheides - keine Auflagen normiert, sondern es wurde einerseits ihr Antrag in Ansehung einer Reihe von Operationen abgewiesen und andererseits die Bewilligung zur Durchführung einer Reihe von Operationen an die Bedingung geknüpft, dass vorher näher beschriebene bauliche Adaptionen durchgeführt werden.
In der Ausführung der Beschwerdegründe (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) nimmt der Sache nach die Versagung der Bewilligung breiten Raum ein. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass sich die beschwerdeführende Partei mit der Verwendung des Begriffes "Auflagen" im Zusammenhang mit der Anführung der Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) in Anlehnung an die Diktion des angefochtenen Bescheides sprachlich vergriffen hat und in Wahrheit ihre Beschwer darin erblickt, dass 1. ihr Antrag in Ansehung bestimmter Operationen abgewiesen wurde, 2. ihr für den Fall der tatsächlichen Durchführung einer Reihe bewilligter Operationen bauliche Adaptierungen vorgeschrieben wurden und 3. eine Frist von lediglich drei Jahren für die Stellung des Antrages auf Erteilung einer Betriebsbewilligung im Sinne des § 9 Abs. 10 Vlbg SpitalG eingeräumt wurde.
Abgesehen von den Operationen, die in dem Ambulatorium der beschwerdeführenden Partei schon bisher durchgeführt werden durften, ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid drei Typen weiterer Operationen: solche
a) die auf Grund des angefochtenen Bescheides ohne weiteres durchgeführt werden dürfen,
b) die erst nach Vornahme der baulichen Adaptionen durchgeführt werden dürfen, und
c) die schlechthin untersagt bleiben.
Die beschwerdeführende Partei kann durch den angefochtenen Bescheid nur in Ansehung von Operationen obiger lit. b und c beschwert sein.
Diktion von Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass durch diesen Bescheid in die der beschwerdeführenden Partei erteilten Bewilligungen eingegriffen würde. Über eine allgemein gehaltene Behauptung in dieser Richtung hinaus enthält auch die Beschwerde keine substantiierten Ausführungen. Sollten unter den Operationen, die schon bisher im Ambulatorium der beschwerdeführenden Partei durchgeführt werden durften, auch solche sein, für die sich aus der Anlage II des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit dem Spruchpunkt I.2. die Notwendigkeit der angeordneten baulichen Adaptierungen ergäbe, so diente das der Wahrung des nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft gebotenen Standards. Die belangte Behörde wäre daher zu einer derartigen Anordnung berechtigt. Im Übrigen wird zur Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung der baulichen Adaptierungen auf die unten stehenden Ausführungen zu Spruchpunkt I.2. hingewiesen.
Die belangte Behörde hat die teilweise Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Partei damit begründet, dass die nicht bewilligten Operationen in ambulanter Weise nicht durchgeführt werden können.
Sie stützte sich dabei aber nicht auf Gutachten von Sachverständigen. Nachdem sich ihr ärztlicher Amtssachverständiger im Verfahren zur Beantwortung dieser Frage für außer Stande erklärt hatte, holte sie im Wege der Ärztekammer für Vorarlberg Stellungnahmen von Ärzten der jeweiligen Fachrichtungen ein. Diese Stellungnahmen sind aber keine Gutachten im Sinne des AVG, sondern erschöpfen sich in Äußerungen von mehr oder weniger begründeten Meinungen oder in der Wiedergabe üblicher Weise gepflogener Vorgangsweisen.
Dazu kommt, dass die belangte Behörde mit ihrer Aussage, tageschirurgische Leistungen seien nur dem stationären Bereich zuzurechnen und in den ambulanten Bereich fielen nur Fälle, in denen "der Patient nach Beendigung der ambulanten Behandlung ohne weiteres die Einrichtung verlassen kann", die gesetzliche Bestimmung des Begriffes "selbständiges Ambulatorium" in § 3 lit. g Vlbg. SpitalG nicht beachtet, wonach "der Verwendungszweck ... dann keine Änderung" erfährt, "wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist". Die von ihr getroffene Unterscheidung von tageschirurgischen und ambulanten Behandlungen beruht offenbar auf - hier nicht anzuwendenden - Bestimmungen über die Abrechnung der Kosten des Betriebes von Krankenanstalten zwischen deren Trägern und den Trägern der Sozialversicherung.
Der Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die bedingte Vorschreibung baulicher Adaptierungen in Spruchpunkt I.2. auf eine sachverständige Äußerung ihrer ärztlichen Amtssachverständigen gestützt. Diese fußt auf der schlüssigen These, das ambulante Operieren dürfe für die Patienten in Ambulatorien nicht mit einem höheren Infektionsrisiko verbunden sein als in anderen Krankenanstalten. Der hygienische Standard habe diesbezüglich in allen Krankenanstalten derselbe zu sein. Die beschwerdeführende Partei bestreitet zwar die Notwendigkeit dieser Vorschreibungen. Mit ihren diesbezüglichen allgemein gehaltenen Ausführungen vermag sie aber keine Rechtswidrigkeit des in Rede stehenden Spruchpunktes darzutun.
Was schließlich die auf § 9 Abs. 10 Vlbg. SpitalG gestützte Verfügung, binnen drei Jahren sei die Erteilung der Betriebsbewilligung zu beantragen - welcher Ausspruch sich begrifflich nur auf die zu I.2. angeordnete Bedingung der Vornahme baulicher Adaptierungen beziehen kann -, anlangt, vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen. Diese Anordnung ist im Gesetz zwingend vorgesehen. Hinsichtlich der Länge der gesetzten Frist ist die beschwerdeführende Partei auf die Möglichkeit, aus berücksichtigungswürdigen Umständen eine Verlängerung der Frist zu beantragen (§ 9 Abs. 10 vorletzter Satz) zu verweisen. Der von der beschwerdeführenden Partei angestellte Vergleich der Länge der Planungen im Zusammenhang mit dem Umbau eines Landeskrankenhauses mit der für die Vornahme der gegenständlichen baulichen Adaptierungen erforderlichen Planung ist ganz offensichtlich unzulässig. Die Regelung des § 9 Abs. 10 leg cit. ist aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes insgesamt sachlich und es besteht für ihn kein Anlass, den Verfassungsgerichtshof damit zu befassen.
Die beschwerdeführende Partei nimmt mit der beabsichtigten Erweiterung des Betriebes ihres Ambulatoriums in Österreich keine der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (auch nicht dessen Art. 59) in Anspruch; auch im Übrigen kommt bei der gegebenen Sachlage Gemeinschaftsrecht schon mangels jeglichen zwischenstaatlichen Bezuges nicht zum Tragen, was aber die Grundvoraussetzung für einen denkbaren Anwendungsvorrang von Gemeinschaftsrecht wäre (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 1999 G 64,65/98, S 20, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1998, Zl. 96/11/0103, S 5). Aus diesem Grund sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst, der Anregung nach Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof nachzukommen.
Die Beschwerde erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I.2. und II. richtet, als unbegründet. Sie war in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. Oktober 1999
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)