VwGH 98/21/0220

VwGH98/21/022023.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des HD in Gleisdorf, geboren am 4. Juli 1972, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 25. November 1997, Zl. FR 1347/1997, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge am 24. Oktober 1996 "illegal" versteckt in einem Lkw über einen unbekannten Ort in das Bundesgebiet eingereist und habe in der Folge um Gewährung von Asyl angesucht. Der Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Dezember 1996, rechtswirksam erlassen am 27. Dezember 1996, abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer halte sich bereits seit seiner illegalen Einreise am 24. Oktober 1996 unberechtigt im Bundesgebiet auf, weil er über keine Bewilligung nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz verfüge. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die Ausweisung stelle keine Strafe im Sinn des Art. 31 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern eine administrativ-rechtliche Maßnahme dar. Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergebe sich, daß zufolge des § 9 Abs. 1 leg. cit. der Anwendung des § 17 FrG kein rechtliches Hindernis entgegengestanden sei. Aufgrund des Umstandes, daß dem Beschwerdeführer die Unterkunft im Bundesgebiet von seiner Schwester zur Verfügung gestellt werde und er mit dieser somit in einem gemeinsamen Haushalt lebe, komme es durch die Ausweisung zu einem relevanten Eingriff in sein Familienleben, welcher Eingriff jedoch zu relativieren sei, weil der Beschwerdeführer schon erwachsen sei. Wegen des bloß kurzfristigen, noch dazu unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet liege mangels einer Integration im Bundesgebiet kein relevanter Eingriff in sein Privatleben vor. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu, sodaß die Ausweisung trotz des damit verbundenen relevanten Eingriffes in sein Familienleben dringend geboten sei. Überdies sei das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens noch zusätzlich in der Form verletzt worden, daß sich der Beschwerdeführer bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe und trotz des negativen letztinstanzlichen Asylbescheides im Inland verblieben sei. Wenn auch der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 15. Mai 1997 der vom Beschwerdeführer gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres betreffend die Abweisung seines Asylantrages erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung im Umfang der Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zuerkannt habe, habe dies nicht zur Folge gehabt, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Aufenthaltsberechtigung zukomme. Mangelte es dem Beschwerdeführer schon bis zur Erlassung des zitierten Beschlusses an einer Aufenthaltsberechtigung, so habe sich an dieser rechtlichen Situation durch die in Rede stehende Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts geändert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß ihm keine Bewilligung zum Aufenthalt in Österreich erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer behauptet, er sei direkt von seinem Verfolgerland eingereist und genieße auch ohne bescheidmäßige Zuerkennung der Aufenthaltsberechtigung die "Rechtswohltaten bzw. die Rechtswirkung der nach dem Asylgesetz 1991 normierten Bestimmungen der §§ 6 und 7 AsylG 1991". Demgegenüber hatte die belangte Behörde - wie oben ausgeführt - festgestellt, der Beschwerdeführer sei in einem Lkw versteckt über einen unbekannten Ort in das Bundesgebiet eingereist. Um Zweifel an der Schlüssigkeit der genannten Feststellung zu erwecken, hätte der Beschwerdeführer konkret vorbringen müssen, auf welche Weise er "direkt von seinem Verfolgerland (Türkei)" nach Österreich eingereist sei. Die bloße Behauptung, direkt eingereist zu sein, stellt im Hinblick auf die geographische Situation keine ausreichende Grundlage für das Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 dar. Der Beschluß, mit dem seiner Beschwerde gegen den zweitinstanzlichen ablehnenden Asylbescheid die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war, vermochte dem Beschwerdeführer somit keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung (wieder) zu verschaffen und steht demnach der auf § 17 Abs. 1 FrG gestützten Ausweisung nicht entgegen. Durchaus im Sinn des Beschwerdevorbringens hatte die belangte Behörde die Frage des "illegalen Aufenthaltes" selbständig zu prüfen. Warum das Verfahren in diesem Zusammenhang mangelhaft geblieben sei, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich hatte die belangte Behörde - vorbehaltlich des § 19 FrG - zwingend die Ausweisung des Beschwerdeführers zu verfügen, welche entgegen seiner Ansicht keine Strafe im Sinne des Art. 31 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern eine administrativ-rechtliche Maßnahme darstellt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0791).

Gemäß § 19 FrG ist eine Ausweisung, wenn damit in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist. Es kann der Ansicht des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, daß seine Ausweisung im Hinblick auf § 19 FrG unzulässig wäre. Unter der Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffes in sein Privat- und Familienleben steht dem daraus erfließenden Interesse an einem Weiterverbleib in Österreich das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 24. April 1998, Zl. 98/21/0110), gegenüber. Unter Berücksichtigung des erst kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich von knapp über einem Jahr und des familiären Zusammenlebens lediglich mit seiner Schwester ist seine Integration entgegen seiner Ansicht keineswegs so stark, daß das dargelegte öffentliche Interesse, gegen das der Beschwerdeführer durch seinen zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt in gravierender Weise verstoßen hat, zurückzutreten hätte. Zutreffend erachtete die belangte Behörde somit die Ausweisung des Beschwerdeführers als dringend geboten und im Sinne des § 19 FrG als zulässig.

Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge führt nicht zum Erfolg. Zum einen hat die belangte Behörde die Zulässigkeit der Ausweisung auch im Lichte des § 19 FrG ausreichend begründet und zum anderen unterläßt der Beschwerdeführer ein für eine erfolgreiche Verfahrensrüge erforderliches Vorbringen, welche Feststellungen die belangte Behörde hätte treffen müssen, die zu einem günstigen Ergebnis in der Sache geführt hätten. Im übrigen wird entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers eine Ausweisung nicht dadurch unzulässig, daß der Fremde abgesehen vom unrechtmäßigen Aufenthalt "weder verwaltungsbehördlich noch strafrechtlich in Erscheinung getreten ist".

Letztlich verweist der Beschwerdeführer darauf, daß die Anfechtung des im Asylverfahren ergangenen letztinstanzlichen Bescheides vor der am 14. Juli 1997 erfolgten Kundmachung des Asylgesetzes 1997 erfolgt sei und leitet daraus ab, daß gemäß § 44 Abs. 2 dieses Gesetzes das Asylverfahren mit 1. Jänner 1998 in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurückgetreten sei, und der Beschwerdeführer somit ab 1. Jänner 1998 als Asylwerber, dem Schutz vor Aufenthaltsbeendigung zukomme, gelte. Dieses Vorbringen geht schon deswegen ins Leere, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zitiert in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 559) der angefochtene Bescheid nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit seiner Erlassung zu prüfen ist. Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Bescheid am 28. November 1997 zugestellt und mit diesem Zeitpunkt erlassen. Gemäß § 42 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76, trat dieses Gesetz mit 1. Jänner 1998 in Kraft, weshalb zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Asylverfahren nicht im Sinn des § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997 in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurückgetreten sein konnte. Die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997, demzufolge ein Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf, geht schon deshalb fehl, weil mit der Ausweisung weder über eine Zurückweisung noch über eine Zurückschiebung oder Abschiebung abgesprochen wird.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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