VwGH 98/17/0167

VwGH98/17/016730.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Magistrats der Stadt Wien gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. März 1998, Zl. UVS-05/K/49/00040/98, betreffend Übertretung nach dem Wiener Parkometergesetz (mitbeteiligte Partei: PR in T), zu Recht erkannt:

Normen

ParkometerG Wr 1974;
StVO 1960 §45 Abs2;
ParkometerG Wr 1974;
StVO 1960 §45 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 9. Dezember 1997 wurde der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Last gelegt, sie habe ein näher bezeichnetes mehrspuriges Kraftfahrzeug am 24. September 1997 um 9.43 Uhr in Wien an einer näher bezeichneten Stelle in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein gefehlt habe; die mitbeteiligte Partei habe demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und § 1 Abs. 3 Parkometergesetz, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der geltenden Fassung (in der Folge: ParkometerG), verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe gemäß § 4 Abs. 1 ParkometerG in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Überdies wurde die mitbeteiligte Partei zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verhalten.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die mitbeteiligte Partei vor, auf Grund einer bescheidmäßigen Ausnahmebewilligung gemäß § 45 StVO berechtigt zu sein, das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug im gesamten 1.Wiener Gemeindebezirk innerhalb der flächendeckenden Kurzparkzone ohne Parkschein abzustellen. Vor allem aber sei nicht berücksichtigt worden, dass es der mitbeteiligten Partei aus dienstlichen Gründen unmöglich gewesen sei, den Arbeitsplatz zu verlassen. Der Mitbeteiligte habe bis zum Beanstandungszeitpunkt um 9.43 Uhr überraschend Dienst versehen müssen, sodass es ihm nicht möglich gewesen sei, eine Parkkarte zu hinterlegen. Darüber hinaus sei ihm auch auf Grund von diversen Dienstanweisungen untersagt, den Arbeitsplatz, aus welchen Gründen auch immer, zu verlassen. Zum Tatzeitpunkt sei er von 6.00 bis 9.00 Uhr in seiner Dienststelle, der Bundespolizeidirektion Wien, als Notrufbeamter eingeteilt gewesen; völlig unerwartet und vor allem unvorhersehbar sei seine Dienstablöse am selben Tag in der Zeit von 8.00 bis 10.00 Uhr "zum StG.-schießen" eingeteilt worden. Mit diesem bereits in erster Instanz erstatteten Vorbringen habe sich die Behörde in keiner Weise auseinander gesetzt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1998 gab diese der Berufung Folge, behob das erstinstanzliche Straferkenntnis und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein. Sie führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Berufungsvorbringens begründend aus:

"Gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Pauschalentrichtung der Parkometerabgabe vom 3. Juli 1997, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 53/1995 idgF, gilt als Hilfsmittel zur Kontrolle der Abgabenentrichtung bei Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 2 StVO eine Einlegetafel gemäß den im Gesetz zitierten Anlagen. Diese Einlegetafeln sind bei Kraftfahrzeugen mit einer Windschutzscheibe hinter diese und durch diese gut lesbar anzubringen. Darüber hinaus wurde im zu Grunde liegenden Bescheid ausgeführt, dass als Nachweis für die Ausgabebewilligung die übergebene Parkkarte sowie der gefaltete Bescheid hinter der Windschutzscheibe derart anzubringen ist, dass die Vorderseite (Kennzeichen bzw. Gültigkeitsdauer, siehe Faltmarke) von außen gut sichtbar und gut lesbar ist.

Nach Einsichtnahme in den bezughabenden Akt des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, steht fest, dass für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug eine Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO von der im gesamten 1. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der flächendeckenden Kurzparkzone in der Zeit Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 bis 19.00 Uhr geltenden Parkzeitbeschränkung von 1 1/2 Stunden mit Wirksamkeit 1.12.1996 bis 30.11.1998 erteilt wurde.

Für das zur Tatzeit am Tatort abgestellte verfahrensgegenständliche Fahrzeug war somit die Parkometerabgabe entrichtet worden und wurde dem Bw daher zu Unrecht die Verkürzung dieser Abgabe zur Last gelegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, hinsichtlich der Beschwerdelegitimation auf § 14a des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. für Wien Nr. 53/1990, gestützte Beschwerde, mit der (ausschließlich) Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. wegen einer schwere Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.

Nach § 1 Abs. 1 des ParkometerG (dieses in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 8/1994) kann der Gemeinderat für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der StVO 1960 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 275/1982) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben. Zur Entrichtung dieser Abgabe sind nach § 1 Abs. 3 leg. cit. der Lenker, der Besitzer und Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Gemäß § 1 Abs. 5 leg. cit. werden die Bestimmungen der StVO 1960 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 275/1982 sowie die darauf gestützten Verordnungen und Anordnungen durch dieses Gesetz nicht berührt.

Der Gemeinderat hat nach § 2 Abs. 1 erster Satz ParkometerG die Parkometerabgabe durch Verordnung festzusetzen. Nach den ersten beiden Sätzen des § 2 Abs. 2 leg. cit. kann der Magistrat aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung mit den Abgabepflichtigen Vereinbarungen über die Höhe und die Form der zu entrichtenden Abgabe treffen. Hiebei können insbesondere Pauschalierungsvereinbarungen und Vereinbarungen über die Fälligkeit getroffen werden.

Nach § 4 Abs. 1 ParkometerG sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen. Gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. sind die sonstigen Übertretungen der Gebote und Verbote dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 1.000,-- zu bestrafen.

Nach § 7 leg. cit. hat die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.

Der Gemeinderat hat von der ihm eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben. Diese ist in der Verordnung des Gemeinderates vom 30. November 1995, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird, ABl. Nr. 48, näher geregelt. § 4 der erwähnten Verordnung bestimmt, dass die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines entrichtet ist; § 5 normiert, dass Übertretungen dieser Verordnung gemäß § 4 des Parkometergesetzes geahndet werden.

Die im § 2 Abs. 2 ParkometerG ermöglichte Pauschalierungsvereinbarung wird in der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Pauschalentrichtung der Parkometerabgabe, LGBl. für Wien Nr. 53/1995 in der Fassung LGBl. Nr. 65/1995, auch der Höhe nach näher geregelt. Im § 5 Abs. 1 dieser Verordnung werden als Hilfsmittel zur Kontrolle der Abgabenentrichtung (§ 1 Abs. 2 ParkometerG) u.a. auch Einlegetafeln erwähnt, die, wie sich aus Abs. 3 der Verordnung ergibt, bei Kraftfahrzeugen mit einer Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese gut lesbar, bei anderen mehrspurigen Kraftfahrzeugen an sonst geeigneter Stelle gut wahrnehmbar anzubringen und auf Verlangen den Organen der öffentlichen Aufsicht zur Einsichtnahme auszuhändigen sind.

Soweit der Begründung des angefochtenen Bescheides entnommen werden könnte, allein die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO bewirke die Entrichtung der Parkometerabgabe, träfe diese Ansicht nicht zu. Schon aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang des § 45 Abs. 2 StVO mit den anderen Regelungen der StVO ergibt sich nämlich, dass die dort geregelte Ausnahmebewilligung nur Gebote oder Verbote auf Grund der Straßenverkehrsordnung betrifft. Eine Befugnis der mit der Vollziehung der StVO betrauten Behörden, durch Bescheid eine Ausnahmebewilligung für abgabenrechtliche Tatbestände zu erteilen, ist weder dem Wortlaut, der Systematik noch dem Zweck der Straßenverkehrsordnung zu entnehmen und könnte dem Bundesgesetzgeber, der damit die ihm gezogene Kompetenzschranken überschritte, auch nicht zugesonnen werden. Eine an die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO anknüpfende gemeindeabgabenrechtliche Norm etwa des Inhaltes, dass diesfalls die Abgabe als entrichtet gelte, sieht das Wiener ParkometerG nicht vor.

Ein von der Gesetzeslage abweichender Bescheidwille hinsichtlich der Ausnahmebewilligung ist überdies weder den Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid noch dem Akteninhalt zu entnehmen.

Soweit aber die belangte Behörde in der Begründung des bekämpften Bescheides davon ausgehen könnte, es liege - wie die beschwerdeführende Partei vor dem Gerichtshof vorbringt - eine Pauschalvereinbarung des Dienstgebers der mitbelangten Partei, der Republik Österreich-Bund (Bundespolizeidirektion Wien), für eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen der Bediensteten der Bundespolizeidirektion Wien (ohne nähere Spezifizierung derselben) mit der Abgabenbehörde vor und es sei eine entsprechende pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe erfolgt (vgl. das Zitat des § 5 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Pauschalentrichtung der Parkometerabgabe in der Begründung des bekämpften Bescheides), so kann insoweit auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/17/0166, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.

Aus den dargelegten Erwägungen war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 30. April 2002

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