Normen
BAO §167 Abs2;
EStG §47 Abs2;
EStG §67 Abs1;
EStG §68;
EStG §82;
BAO §167 Abs2;
EStG §47 Abs2;
EStG §67 Abs1;
EStG §68;
EStG §82;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Haftung für "Lohnsteuer-Fehlberechnungen" betrifft (987.786 S), wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Die beschwerdeführende AG mit Sitz in Österreich ist mit der CS PLC mit Sitz in London ("Muttergesellschaft der Gruppe") konzernmäßig verbunden. CS PLC, London, hat Herrn AM für einige Jahre nach Österreich zur Dienstverrichtung bei der Beschwerdeführerin entsendet. AM erhält daher seit August 1992 Bezüge von der Beschwerdeführerin. Der Entsendung liegt eine Vereinbarung zwischen CS PLC und AM zugrunde. In der Bestätigung der CS PLC vom 10. Juli 1992 sind die Bedingungen der Versetzung des AM zur Beschwerdeführerin in die Funktion eines Managing Directors festgehalten. Demnach bleibt AM Dienstnehmer der CS PLC. Er bleibt CS PLC unterstellt, die berechtigt ist, ihn abzuberufen bzw an einem anderen Ort einzusetzen. Während der Dauer der Versetzung ist der Dienstort allerdings in Österreich. Für die Zeit des Aufenthaltes in Österreich wurde ein "Netto-Zielbezug" in konkreter Höhe festgelegt. AM kann bestimmen, welchen Teil des Ziel-Nettobezuges er im Vereinigten Königreich ausbezahlt erhalten will. Nach der Vereinbarung wird der Restbetrag in periodischen Teilbeträgen in österreichischer Währung zur Auszahlung gebracht.
Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Lohnsteuerprüfung beanstandete der Prüfer, dass die Beschwerdeführerin einen Teil der an AM ausbezahlten Löhne als Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration zu Unrecht mit den festen Steuersatz nach § 67 Abs 1 EStG 1988 besteuert und Sachbezug für die Überlassung eines Pkw unrichtig berechnet habe. Dieser Auffassung folgend erließ das Finanzamt einen Bescheid, mit dem es die Beschwerdeführerin u.a. zur Haftung für Lohnsteuer im Ausmaß von 306.626 S (Spruchpunkt "Lohnsteuer-Fehlberechnungen") heranzog.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und erhöhte den Betrag der "Lohnsteuer-Fehlberechnung", für den die Beschwerdeführerin zur Haftung herangezogen wurde, auf 987.786 S. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt:
Sonstige Bezüge iSd § 67 Abs 1 EStG 1988 müssten sich sowohl nach dem Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten könne, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden. Die Beschwerdeführerin habe in der Berufung vorgebracht, sie habe mit AM mündlich bzw konkludent einen Anstellungsvertrag geschlossen, der einen hinreichenden Titel für die Auszahlung darstelle. Die jährliche Auszahlung einer Weihnachtsremuneration und eines Urlaubszuschusses gehe sohin auf eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zurück. Dieses Vorbringen erscheine der belangten Behörde als unglaubwürdig, weil ihr die Übersetzung der schriftlichen Bestätigung der Bedingungen über die Versetzung des AM zur Beschwerdeführerin zum 1. August 1992 vorliege. Diese Bestätigung sei von der CS PLC, also einer britischen Gesellschaft, die zum selben Konzern gehöre wie die Beschwerdeführerin, erstellt und regle die Vertragsbedingungen so genau, dass der Beschwerdeführerin kaum Spielraum bleibe, um eigenständige zusätzliche Zahlungen, insbesondere Sonderzahlungen, zu vereinbaren. In dieser Bestätigung sei ausdrücklich von einem "Netto-Zielbezug" des AM die Rede und werde eindeutig festgestellt, dass AM weiterhin der CS PLC unterstellt sei und nur von dieser abberufen werden könne. Es werde auch festgehalten, dass die Konzernabteilung "Besoldung und Leistung" die Höhe der Bezüge überwache und der Beschwerdeführerin die zu leistenden Zahlungen bekannt gebe.
Die belangte Behörde verweise darauf, dass hinsichtlich eines anderen Dienstnehmers, nämlich des Dr. S, ein schriftlicher Vertrag vorliege, der das Anstellungsverhältnis bis ins kleinste Detail regle; darin liege ein Hinweis, dass bei der Beschwerdeführerin schriftliche Dienstverträge üblich seien. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Einfluss der CS PLC auf Verträge für von ihr zur Beschwerdeführerin entsandte Angestellte nicht geringer sei, als dies etwa hinsichtlich Miss M der Fall gewesen sei, deren Dienstvertrag der belangten Behörde vorliege. Miss M sei wie AM nicht von der Beschwerdeführerin eingestellt worden, sondern von CS PLC vorübergehend zur Beschwerdeführerin abgestellt worden. Sowohl Miss M als auch AM seien laut Punkt 1 der "schriftlichen Versetzungs- bzw Abstellungsbedingungen" Dienstnehmer der CS PLC geblieben, die das Recht gehabt habe, Miss M und AM abzuberufen bzw an einen anderen Ort zu entsenden. In Bezug auf ihre Arbeitsaufgaben seien beide der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin unterstellt gewesen. In beiden Verträgen sei ein Jahresgehalt vereinbart gewesen, bei Miss M allerdings "zahlbar in 14 monatlichen Teilbeträgen" und bei AM nur als "Netto-Zielbezug" in einer konkret genannten Höhe samt einem Jahresbonus. Nach der Vereinbarung mit CS PLC sei es AM frei gestanden festzulegen, welchen Teil des "Netto-Zielbezuges" er im Vereinigten Königreich, und welchen Teil er in Österreich ausbezahlt erhalten solle.
In den Verträgen mit Dr. S und mit Miss M seien Einzelheiten, wie die Abgeltung von 30 Überstunden, in Schriftform festgelegt worden. Daraus sei zu ersehen, dass im Konzern die schriftliche Festlegung von Vertragsbedingungen durchaus üblich gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum bei AM eine andere Vorgangsweise hätte gewählt werden sollen.
Bei der Vereinbarung zwischen CS PLC und AM handle es sich daher nicht, wie dies die Beschwerdeführerin behaupte, "bestenfalls um die Festlegung von Rahmenbedingungen", sondern um einen schriftlichen Versetzungs-Dienstvertrag, der die Konditionen für die Zeit der Versetzung exakt festlege. Da ausdrücklich festgestellt worden sei, dass AM Dienstnehmer der CS PLC bleibe, sei nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin die von der CS PLC festgesetzten Bedingungen durch einen mündlichen Vertrag habe abändern können. Das Finanzamt sei daher richtig davon ausgegangen, dass eine entsprechende Vereinbarung über einen Anspruch auf sonstige Bezüge - mit Ausnahme des Jahresbonus bzw der Prämie, die ohnedies als sonstiger Bezug anerkannt worden seien - nicht getroffen worden sei, weshalb die Besteuerung nicht nach § 67 Abs 1 EStG erfolgen könne.
Die Berufungsbehörde sei verpflichtet, den Bescheid des Finanzamtes auch außerhalb der Berufungspunkte auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Im Zuge der Überprüfung habe die belangte Behörde festgestellt, dass verschiedene Zahlungen an AM nicht richtig besteuert worden seien. Die Beträge, die als Ersatz für Schul-, Reise- Telefon-, und Arztkosten "netto" ausbezahlt worden seien, seien für die Besteuerung auf Bruttobeträge umzurechnen, was auch für die unter dem Titel "Housing", Gehalt und Pension ausgezahlten Zahlung gelte. Überdies seien ab Mitte 1994 pauschalierte Überstundenzuschläge zu Unrecht steuerfrei behandelt worden. Ab dem Lohnzahlungszeitraum Mai 1994 seien nämlich unter gleichzeitiger Herabsetzung des Grundgehaltes von AM monatlich fünf Überstundenzuschläge herausgerechnet worden. Da hinsichtlich AM weder Aufzeichnungen noch Überstundenvereinbarungen vorgelegt worden seien, sei von einem steuerlich nicht anzuerkennenden Überstundenpauschale auszugehen. Der erstinstanzliche Bescheid müsse somit entsprechend abgeändert werden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Besteuerung der sonstigen Bezüge (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) nach § 67 Abs 1 EStG 1988 und auf Steuerfreiheit der Überstundenzuschläge verletzt .
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Sonstige Bezüge:
Sonstige Bezüge iSd § 67 Abs 1 EStG 1988 liegen nur vor, wenn sie sich sowohl durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden (vgl das hg Erkenntnis vom 19. März 1997, 95/13/0070).
Die belangte Behörde hat nicht in Zweifel gezogen, dass sich die an AM gezahlten Urlaubszuschüsse und Weihnachtsremunerationen durch die tatsächliche Auszahlung von den laufenden Bezügen unterschieden haben. Sie hat die Anwendbarkeit des § 67 Abs 1 EStG 1988 aber deshalb verneint, weil für die Auszahlung dieser beiden Bezugsarten keine (dienst)vertragliche Grundlage bestanden habe.
Die Annahme, dass eine vertragliche Vereinbarung nicht getroffen worden sei, ist eine Sachverhaltsfeststellung. Diese Sachverhaltsfeststellung hält der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht stand, was zur Folge hat, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet ist:
Die belangte Behörde stützt ihre Feststellung darauf, dass die Vereinbarung zwischen AM und CS PLC kaum einen Spielraum einräume, zumal ein Netto-Zielbezug vereinbart sei und AM weiterhin CS PLC unterstellt sei. Die Vereinbarung mit CS PLC stelle somit den "Versetzungs-Dienstvertrag" dar. Die Beschwerdeführerin habe diese Vereinbarung nicht durch einen mündlichen Vertrag ändern können. Die belangte Behörde verweist auch auf schriftliche Verträge für die Dienstnehmer Dr. S und Miss M, in denen die Auszahlung in 14 Bezügen festgehalten sei.
Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Arbeitgeber ist derjenige, dem der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft schuldet (vgl Hofstätter/Reichel, § 47 Tz 4.1.)
Dass die Beschwerdeführerin Arbeitgeberin des AM gewesen ist, nehmen sowohl die Beschwerdeführerin als auch die belangte Behörde an. Solcherart kann aber die Vereinbarung zwischen AM und CS PLC, auf welche sich die belangte Behörde stützt, nicht die abschließende Regelung des Dienstverhältnisses darstellen, zumal sich aus dieser Vereinbarung in keiner Weise die Arbeitgebereigenschaft der Beschwerdeführerin ergibt. Es muss daher, wie dies von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren behauptet worden ist, eine weitere Vereinbarung zustande gekommen sein, aus der sich die Einbindung bzw Arbeitgebereigenschaft der Beschwerdeführerin ergibt.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung u.a. vorgebracht:
"Bei der CS PLC handelt es sich um einen weltweit tätigen Konzern. Die Mitarbeiter, die von CS PLC zu einer Konzerngesellschaft entsandt werden, erhalten einen ähnlichen Vertrag. Da in jedem Staat unterschiedlich gesetzliche oder ortsübliche Regelungen über die Art der Auszahlung und Besteuerung der Bezüge bestehen, regelt der genannte Vertrag prinzipiell die Ansprüche der Mitarbeiters bezogen auf ein Jahr und dient in der Folge als Grundlage für den zwischen der Konzerngesellschaft (Beschwerdeführerin) und dem jeweiligen Mitarbeiter (AM) abzuschließenden Dienstvertrag. Selbstverständlich liegt auch im konkreten Fall ein Dienstvertrag zwischen der (Beschwerdeführerin) und AM vor, wenn auch nicht schriftlich. Dieses Dienstverhältnis ist durch Willensübereinstimmung bzw schlüssiges Verhalten zustandegekommen und gilt auch für die Gehaltsansprüche und deren Ausbezahlung in 14 Teilbeträgen."
Ausgehend von der - für die Anwendbarkeit der Haftungsbestimmung des § 82 EStG erforderlichen - Annahme, dass die Beschwerdeführerin eine (mündliche oder konkludente) Vereinbarung abgeschlossen hat, aus der sich ihre Arbeitgebereigenschaft iSd § 82 EStG ergibt, widerspricht es der Lebenserfahrung, dass in einer solchen Vereinbarung nicht auf lohnsteuerliche Regelungen des österreichischen Steuerrechts Bedacht genommen worden wäre. Daran ändert nichts, dass für andere Dienstnehmer schriftliche Verträge geschlossen worden sind, in denen ebenfalls die Auszahlung in 14 Bezügen festgelegt worden ist. Die belangte Behörde vermag keine Erklärung dafür anzugeben, aus welchem Grund in einer Vereinbarung, in welche die Beschwerdeführerin (als Arbeitgeberin) eingebunden ist, nicht ebenfalls die Auszahlung in 14 Bezügen vereinbart worden sein solle, zumal es tatsächlich zu dieser Auszahlung gekommen ist.
2. Überstundenzuschläge:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt ein Herausrechnen von Überstundenzuschlägen aus einer Gesamtentlohnung jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn keine Vereinbarung über die Anzahl der vom Dienstnehmer zu erbringenden Arbeitsstunden (Normalarbeitszeit und Überstunden) vorliegt (vgl Hofstätter/Reichel, § 68 EStG 1988 Tz 4.3.3. und 4.3.4).
Der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, dass im gegenständlichen Fall eine derartige Vereinbarung nicht getroffen worden sei, tritt die Beschwerde nicht entgegen. Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Besteuerung der Überstundenzuschläge keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, wird die Wesentlichkeit eines Verfahrensfehlers nicht dargetan. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, AM habe tatsächlich zumindest fünf Überstunden pro Monat erbracht, sie hätte dies im Verwaltungsverfahren einwenden können, ist ihr entgegenzuhalten, dass damit die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der rechnerisch herausgeschälten Überstundenzuschläge nach § 68 EStG 1988 noch nicht dargetan sind.
Der angefochtene Bescheid war somit - im Hinblick auf die Untrennbarkeit des Spruchpunktes, der den Haftungsbetrag der "Lohnsteuer-Fehlberechnungen" in einer Summe ausweist - gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit cVwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, soweit er die Haftung für "Lohnsteuer-Fehlberechnungen" betrifft.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Juni 2001
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