VwGH 98/13/0074

VwGH98/13/007428.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, Pirmoserstraße 5, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 25. November 1997, MD-VfR - A 53/97, betreffend Haftung für Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §15 Abs1;
GmbHG §18;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §15 Abs1;
GmbHG §18;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Kommunalsteuer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Begründung

Der Beschwerdeführer war bis zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Inntal-Bagger GmbH am 17. Juni 1996 Geschäftsführer und damit Vertreter dieser Gesellschaft. Mit einem Schriftsatz des Magistrates der Stadt Wien vom 23. April 1997 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass Abgabenschuldigkeiten der angeführten GmbH an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die Zeit vom November 1995 bis Februar 1996 samt Nebengebühren im Gesamtbetrag von S 76.117,-- aushafteten.

In einer Eingabe vom 6. Mai 1997 wurde vom Beschwerdeführer hierauf ausgeführt, er habe die Zahlungsunfähigkeit der GmbH erst erkennen können, als Gespräche mit dem Hauptauftraggeber, der ARGE Erdarbeiten, über eine Nachtragsforderung in Höhe von S 15,000.000,-- gescheitert waren, welche Forderung durch ein Universitätsgutachten belegt gewesen sei. Man habe sich schließlich auf die Leistung eines Betrages von S 5,000.000,-- geeinigt. Auf Grund dieses Forderungsausfalles von S 10,000.000,-- sei ein Ausgleichsverfahren eingeleitet worden, das schließlich mit einem Anschlusskonkurs geendet habe. Die Zahlungsunfähigkeit der Inntal Bagger GmbH habe sich erst durch den Forderungsausfall von S 10,000.000,-- ergeben.

Mit einem Bescheid vom 26. Mai 1997 wurde der Beschwerdeführer zur Haftung für die oben bezeichneten Abgabenschuldigkeiten herangezogen. In der Begründung wurde darauf verwiesen, der Beschwerdeführer habe nur die Gründe für die Insolvenz der GmbH, nicht aber die Gleichbehandlung der Abgabenschulden mit anderen Verbindlichkeiten dargetan.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde neuerlich auf die Gründe für die Insolvenz der GmbH hingewiesen. Da das ihr zustehende Entgelt von der ARGE Erdarbeiten nicht bezahlt worden sei, sei die GmbH Ende des Jahres 1995 praktisch zahlungsunfähig gewesen. Es sei dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, den laufenden Zahlungsverpflichtungen einschließlich der abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die Abgaben der Stadt Wien seien bis Oktober 1995 bezahlt worden. Erstmal seien die Abgaben zur Fälligkeit am 15. Dezember 1995 nicht mehr entrichtet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei aber ein absoluter Zahlungsstillstand eingetreten, welcher sogar die Dienstnehmerlöhne betroffen habe. Der Ausgleich sei am 11. April 1996 eröffnet worden. Danach habe die ARGE Erdarbeiten mit Schreiben vom 24. April 1996 die pauschale Vergütung der geltend gemachten Nachtragsforderungen von S 6,500.000,-- zusammen mit dem offenen Deckungsrücklass von S 5,229.000,-- abzüglich S 446.000,-- als Abgeltung für den Aufwand zur Erstellung der Schlussrechnung bestätigt. Die GmbH sei in der Folge nicht mehr in der Lage gewesen, die Leasingraten für die Baumaschinen und ein Grundstück in Kufstein zu bezahlen. Der Ausgleich sei in einen Anschlusskonkurs gemündet. Die Entrichtung der Abgabenschulden sei nicht anderen Verbindlichkeiten nachgestellt worden. In dieser Zeit seien nicht einmal die Arbeitnehmerbezüge ausbezahlt worden.

Die Berufung wurde mit einer Berufungsvorentscheidung vom 23. Juli 1997 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde insbesondere darauf hingewiesen, der Beschwerdeführer habe eine Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum von November 1995 bis zur Ausgleichseröffnung mit einer nach Monaten gegliederten Aufstellung der Gesamtverbindlichkeiten (Abgaben, Mieten, Löhne und Gehälter etc.) und eine nach Monaten aufgegliederte Auflistung aller Einnahmen und liquiden Mittel nicht vorgelegt. Es sei ein Nachweis, dass die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt worden seien als andere Verbindlichkeiten, nicht erbracht worden.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde insbesondere ausgeführt, im betreffenden Zeitraum seien überhaupt keine Überweisungen mehr durchgeführt worden, also auch nicht an Lieferanten, Subunternehmer, Dienstnehmer oder Gebietskörperschaften.

Der Eingabe war ein Schriftstück einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft vom 3. September 1997 angeschlossen, worin unter anderem ausgeführt wurde, durch eine Globalzession gegenüber der A-Bank sei die Verfügungsmöglichkeit des Geschäftsführers seinem Entscheidungsbereich entzogen gewesen. In dieser Phase seien "laufend und wiederholt" vorbereitete Überweisungen an Lieferanten, Subunternehmer, Dienstnehmer und Gebietskörperschaften "mangels Kontodeckung" nicht durchgeführt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde darauf hingewiesen, der Beschwerdeführer habe nach dem Ergehen der Berufungsvorentscheidung lediglich eine globale Aufstellung über Forderungen und Verbindlichkeiten vorgelegt, aus der weder die Gleichbehandlung der Gläubiger noch eine allfällige Insolvenz während des Haftungszeitraumes ersichtlich gewesen sei. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es seien keine Löhne und Gehälter ausbezahlt worden, erweise sich als "haltlos", da dies den vorgelegten Steuererklärungen für die Jahre 1995 und 1996 widerspreche. Der Beschwerdeführer habe somit nicht dargetan, es hätten ihm die Mittel gefehlt, die aushaftenden Steuern und Abgaben zumindest aliquot zu bezahlen. Aus der Stellungnahme der Wirtschaftstreuhandgesellschaft vom 3. September 1997 gehe hervor, dass der Beschwerdeführer eine Globalzession abgeschlossen habe, "ohne darin offensichtlich für die Entrichtung der fälligen Abgaben und Steuern Sorge zu tragen."

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde

wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Februar 1998, B 182/98, abgelehnt.

Über die dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde hat dieser Gerichtshof in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Vertreter eines Abgabepflichtigen haftet für nicht entrichtete Abgaben auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Steuerpflichtigen zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (vgl das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, 91/13/0037, 0038, zu § 9 BAO).

Der Beschwerdeführer hat im Abgabenverfahren insbesondere vorgebracht, er habe gegen das Gleichbehandlungsgebot aller Verbindlichkeiten ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuldigkeiten zum 15. Dezember 1995 bis zur Eröffnung des Ausgleichsverfahrens deswegen nicht verstoßen, weil danach überhaupt keine Verbindlichkeiten mehr bezahlt worden seien. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde aber nicht ausreichend auseinander gesetzt. Allein hinsichtlich der Aufwendungen für Löhne und Gehälter hat die belangte Behörde aus der Kommunalsteuererklärung für 1995 und einem - vom Masseverwalter unterfertigten - Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung den Schluss gezogen, dass die Behauptung, Löhne und Gehälter seien ab dem 15. Dezember 1995 nicht mehr ausbezahlt worden, unzutreffend seien. Da in den genannten Beweismitteln keine Angaben darüber, wann die in Rede stehenden Löhne und Gehälter tatsächlich ausbezahlt worden sind, enthalten sind, hat die belangte Behörde die Grundlagen für ihre Schlussfolgerung nicht in einem mängelfreien Verfahren gewonnen. Aus dem Umstand, dass in der Kommunalsteuererklärung für 1995 Löhne für Dezember 1995 ausgewiesen waren, konnte nicht der Schluss gezogen werden, dass die Behauptung des Beschwerdeführers, nach dem 15. Dezember 1995 seien von der GmbH keine Zahlungen mehr geleistet worden, unzutreffend war. Aus dem Umstand, dass in dem dem Masseverwalter zur Kenntnis gebrachten Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung die Vermerke "nicht ausbezahlte Bezüge 1-4/96 S 3.654,--" und "teilweise ausbezahlte Bezüge 12/95 S 2.346,--" enthalten waren, konnte ohne entsprechende Aufklärung über die Bedeutung dieser Vermerke nichts für den Standpunkt der belangten Behörde gewonnen werden.

Die Folgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe eine Globalzession abgeschlossen, ohne für die Entrichtung der fälligen Abgaben und Steuern Sorge zu tragen, ist überdies im Akteninhalt nicht gedeckt. Von einer solchen Globalzession ist allein im Schriftsatz der Wirtschaftstreuhandgesellschaft vom 3. September 1997 die Rede, ohne dass über den näheren Inhalt der Zessionsvereinbarung und die tatsächliche Abwicklung Angaben gemacht wurden.

Da sich die belangte Behörde somit mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die GmbH habe seit dem 15. Dezember 1995 keine Zahlungen mehr geleistet, nur unzureichend auseinander gesetzt hat, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als darin über die Haftung für Kommunalsteuer abgesprochen wurde, gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung bleibt der die Haftung für Dienstgeberabgabe betreffenden Entscheidung vorbehalten.

Wien, am 28. April 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte