VwGH 98/04/0082

VwGH98/04/008224.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der K N in D, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. November 1997, Zl. MA 63-N 105/97, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Normen

11992E006 EGV Art6;
11992E177 EGV Art177;
AVG §13 Abs3;
EURallg;
GewO 1994 §339 Abs3;
GewO 1994 §339;
GewO 1994 §340 Abs1;
GewO 1994 §340;
GewO 1994 §5 Abs1;
VwGG §38a;
VwRallg;
11992E006 EGV Art6;
11992E177 EGV Art177;
AVG §13 Abs3;
EURallg;
GewO 1994 §339 Abs3;
GewO 1994 §339;
GewO 1994 §340 Abs1;
GewO 1994 §340;
GewO 1994 §5 Abs1;
VwGG §38a;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. November 1997 wurde gemäß § 340 Abs. 7 in Verbindung mit § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 GewO 1994 festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des von der Beschwerdeführerin am 2. Juli 1996 angemeldeten Gewerbes: "Naturpraktiker, das ist die Förderung des Wohlbefindens von Menschen mit natürlichen Methoden unter Ausschluß jeder gesetzlich den Ärzten oder anderen Heilberufen vorbehaltenen heilkundlichen Tätigkeit" nicht gegeben seien und die Ausübung des Gewerbes untersagt. In der Begründung führte der Landeshauptmann aus, die Beschwerdeführerin habe das in Rede stehende Gewerbe mit Schreiben vom 1. Juli 1996 (bei der Erstbehörde eingelangt am 2. Juli 1996) angemeldet. Der Eingabe sei lediglich eine - nicht beglaubigte - Kopie eines Bescheides der Stadt Augsburg, Gesundheitsamt, vom 27. Mai 1993 angeschlossen gewesen, mit dem der Beschwerdeführerin die Erlaubnis erteilt worden sei, die Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes auszuüben. Die Gewerbeanmeldung sei ein konstitutiver Akt; mit der Anmeldung des Gewerbes werde das Gewerberecht begründet. Fehle ein wesentliches Element der Gewerbeanmeldung, dann liege keine Gewerbeanmeldung im Sinne des Gesetzes vor und es könne kein Gewerberecht entstehen. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 339 Abs. 3 GewO 1994 ergebe sich, daß die Vorlage der darin genannten Unterlagen Voraussetzung für das Entstehen eines Gewerberechtes sei. Da die im § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 GewO 1994 genannten Unterlagen nicht gleichzeitig mit der Gewerbeanmeldung vorgelegt worden seien, habe es am 2. Juli 1996 jedenfalls an den gesetzlichen Voraussetzungen für das Entstehen eines Gewerberechtes durch Anmeldung gemangelt. Es erübrige sich daher zu prüfen, ob auch noch weitere Gründe - insbesondere, daß die beantragte Tätigkeit überhaupt nicht unter die Gewerbeordnung falle und es sich dabei um die Ausübung der Heilkunde handle - für eine Feststellung gemäß § 340 Abs. 7 GewO 1994 und eine Untersagung der Gewerbeausübung vorgelegen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 28. November 1997, Zl. B 2675/97-3, deren Behandlung ab und trat sie mit Beschluß vom 17. April 1998, Zl. B 2675/97-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in den Rechten auf Annahme ihrer Gewerbeanmeldung und auf Ausübung des Gewerbes "Naturpraktiker" verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie vor, die angeblich fehlenden Unterlagen wären der Behörde über erste Aufforderung vorgelegt worden. Es sei nicht richtig, daß das Fehlen eines Nachweises über Vor- und Familiennamen, Wohnung, Alter und Staatsangehörigkeit sowie einer Strafregisterbescheinigung einen Abweisungsgrund für die Gewerbeanmeldung bilde. Die Behörde hätte einen Verbesserungsauftrag erteilen müssen, was sie aber nur wegen der Stempelmarken, nicht aber wegen der angeblich fehlenden Urkunden getan habe. Der belangten Behörde sei es offenkundig nicht darum gegangen, irgendwelche Urkunden vorgelegt zu erhalten, sondern einer heiklen und unangenehmen, weil rechtlich schwierigen und auch vom Europarecht bestimmten Entscheidung aus dem Weg zu gehen. Selbst wenn die österreichische Gewerbeordnung für sich betrachtet den angefochtenen Bescheid denkmöglich zuließe, was nicht zutreffe, hätte sich die belangte Behörde nicht über das gegenüber österreichischen Rechtsvorschriften Anwendungsvorrang genießende Europarecht hinwegsetzen dürfen. Die Beschwerdeführerin sei behördlich zugelassene Heilpraktikerin in der Bundesrepublik Deutschland. Sie sei daher berechtigt, von der durch den EU-Vertrag gewährleisteten Niederlassungsfreiheit Gebrauch zu machen und sich in Österreich niederzulassen. Es werde angeregt, den Europäischen Gerichtshof in Luxenburg mit der Frage anzurufen, ob die Republik Österreich berechtigt sei, deutschen Heilpraktikern die berufliche Tätigkeit in Österreich zu verweigern. Der Beschwerdeführerin bleibe kein anderer Weg, als eine Gewerbeanmeldung zu erstatten. Es könne daher die rechtliche Antwort nicht sein, daß ihr Beruf nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung falle, weil damit wiederum offen bliebe, ob die Beschwerdeführerin in Österreich als Heilpraktikerin tätig werden dürfe. Es sei ihr nämlich nicht zumutbar, sich den dann einsetzenden Bestrafungen auszusetzen, da es für den Beruf des Heilpraktikers in Österreich auch außerhalb der Gewerbeordnung keine rechtliche Grundlage gäbe.

Gemäß § 5 Abs. 1 GewO 1994 dürfen - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

Nach § 339 Abs. 1 leg. cit. hat, wer ein Gewerbe ausüben will, soweit es sich nicht um ein bewilligungspflichtiges gebundes Gewerbe handelt, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.

Nach § 339 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. sind der Anmeldung Urkunden, die dem Nachweis über Vor- und Familiennamen der Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit dienen, und nach der Z. 2 dieser Gesetzesstelle die Bescheinigung über die im Strafregister enthaltenen Verurteilungen oder darüber, daß das Strafregister keine solche Verurteilung enthält (Strafregisterbescheinigung), anzuschließen; die Strafregisterbescheinigung darf nicht älter als drei Monate sein und ist auch hinsichtlich der Personen anzuschließen, denen ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht.

Gemäß § 340 Abs. 1 leg. cit. hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen.

Nach dem Abs. 4 dieser Gesetzesstelle gilt als Tag der Gewerbeanmeldung jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind.

Nach § 340 Abs. 7 leg. cit. hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn die im Abs. 1 erwähnten Voraussetzungen nicht vorliegen - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z. 1 -, dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist die im § 340 Abs. 1 der Behörde aufgetragene Prüfung der Anmeldungsvoraussetzungen - von dem hier nicht bedeutsamen, im § 340 Abs. 6 GewO 1994 geregelten Fall der Erteilung einer Nachsicht abgesehen - wegen des sich aus § 5 Abs. 1 leg. cit. ergebenden konstitutiven Charakters der Gewerbeanmeldung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1983, Slg. N. F. Nr. 11.243/A). Wegen des konstitutiven Charakters der Gewerbeanmeldung kommt auch ein Auftrag zur Nachreichung von Unterlagen durch die Behörde nicht in Betracht, da die Unterlassung der Beibringung von Belegen, die den in § 339 Abs. 3 GewO 1994 geforderten Nachweisen dienen, nicht als Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG qualifiziert werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, Zl. 98/04/0049).

An dieser Rechtslage hat die Einfügung des letzten Satzes des § 340 Abs. 4 ("Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind.") nichts geändert. Das ergibt sich nicht zuletzt aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieser Novelle (BlgNR 18. GP, 102), wonach dieser Satz lediglich der Klarstellung der bisherigen Rechtslage, also zur Präzisierung des Zeitpunktes, in welchem die Anmeldung als erstattet gilt, dienen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, Zl. 98/04/0049).

Von dieser Rechtslage ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Vorgangsweise der belangten Behörde, wegen des Fehlens der im § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 GewO 1994 vorgeschriebenen Nachweise ohne Erlassung eines Verbesserungsauftrages sofort im Sinne des § 340 Abs. 7 GewO 1994 vorzugehen, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Für den Verwaltungsgerichtshof ist überdies - zumal eine entsprechende Begründung auch der Beschwerde nicht zu entnehmen ist - nicht erkennbar, warum die Beschwerdeführerin meint, die im gegenständlichen Fall - unabhängig von der Art des angemeldeten Gewerbes - anzuwendenden Vorschriften der §§ 339 und 340 GewO 1994 stünden im Widerspruch zum europarechtlichen Gemeinschaftsrecht. Eine europarechtliche Regelung des bei Anmeldung eines Gewerbes, zu dessen Ausübung bereits in einem anderen Mitgliedsland der Europäischen Union eine Berechtigung erworben wurde, einzuhaltenden Verwaltungsverfahrens, insbesondere der der Behörde vorzulegenden Nachweise, besteht nicht. Auch ist ganz allgemein in den Regelungen der §§ 339 und 340 GewO 1994 eine durch Art. 6 EG-Vertrag verbotene Diskriminierung nicht zu erblicken.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, der in der Beschwerde enthaltenen Anregung zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 177 EG-Vertrag zu folgen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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