VwGH 97/17/0201

VwGH97/17/020123.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, in der Beschwerdesache des Y in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in F, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien je vom 29. Oktober 1996,

  1. 1. Zl. UVS-05/K/06/01199/96, 2. Zl. UVS-05/K/06/01200/96 und
  2. 3. Zl. UVS-05/K/06/01201/96, jeweils betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

ParkometerG Wr 1974 §4 Abs1;
VStG §19;
VStG §6;
ParkometerG Wr 1974 §4 Abs1;
VStG §19;
VStG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 1.695,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 22. August 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, ein näher bezeichnetes mehrspuriges Kraftfahrzeug 1. am 6. Februar 1996 und 2. am 12. Februar 1996 zu jeweils näher bezeichneten Zeitpunkten in Wien an näher umschriebenen Orten jeweils in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne für dessen Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da dieser gefehlt habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der geltenden Fassung, verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von je S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, wobei als mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, als erschwerend hingegen kein Umstand gewertet wurde.

1.2. Mit dem (weiteren) Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 22. August 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe das näher bezeichnete mehrspurige Kraftfahrzeug am 15. Jänner 1996 zu einer näher umschriebenen Zeit an einer näher umschriebenen Stelle in Wien in einer gebührenpflichtige Kurzparkzone abgestellt, ohne für dessen Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da dieser gefehlt habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und gegen § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der geltenden Fassung, verstoßen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, wobei gleichfalls als mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und als erschwerend kein Umstand gewertet wurde.

1.3. Der Beschwerdeführer bekämpfte diese Bescheide mit seinen mit 23. September 1996 bzw. 17. September 1996 datierten Berufungen (eingelangt bei der Erstbehörde am 24. September 1996 bzw. am 18. September 1996) mit im wesentlichen gleichlautenden Vorbringen. Er erklärte in beiden Berufungen die Bescheide "der Höhe nach" anzufechten und begründete dies unter Verweis auf ein Schreiben mit seiner ungünstigen wirtschaftlichen Lage, da sein Einkommen 1994 laut der Steuererklärung nur S 39.823,40 betragen habe. Er führte weiters - inhaltlich übereinstimmend - aus, daß er als Marktfahrer mit einem Verkaufsstand für Obst und Gemüse auch einen "positiven Beitrag zur Nahversorgung" leiste. Er baue frühmorgens vom Großmarkt kommend seinen Stand auf, räume die Frischware aus und sei dann gezwungen, einen Parkplatz zu suchen, während der Verkaufsstand unbewacht sei. Abends "das Gleiche retour". Es gelinge ihm meist, in den 5. Bezirk auszuweichen, von wo er dann zu Fuß zu seiner eigentlichen Arbeit "zurückgehe". Diese Ausweichmöglichkeit werde jedoch wahrscheinlich ab dem 1. Jänner 1997 auch nicht mehr bestehen.

Die ihm mit Bescheid vom 12. Dezember 1995 zugestandene Ausnahmebewilligung empfinde er eher als "Bürgerverhöhnung denn als Erleichterung", da die "aufrechte Parkometerabgabepflicht" in voller Höhe über S 30.000,-- pro Jahr betragen würde. Auch die mögliche Pauschalierung mit S 14.000,-- pro Jahr sei für ihn noch unzumutbar. Er ersuche daher unter Berücksichtigung aller Umstände um die äußerst mögliche Herabsetzung bzw. den gänzlichen Nachlaß der verhängten Strafen.

1.4. Mit den jeweils vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheiden der belangten Behörde gab diese der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Sie ging dabei davon aus, daß der Beschwerdeführer Berufung nur gegen das Strafausmaß erhoben habe, weshalb auf den objektiven Tatbestand der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht näher einzugehen sei. Bei der Strafbemessung nahm die belangte Behörde gleichfalls die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers an und ging davon aus, daß Erschwerungsgründe nicht vorlägen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien - wie sich aus der Einnahmen- und Ausgabenrechnung für 1994 ergebe - mit einem Gewinn von S 39.823,-- sehr ungünstig; im Hinblick auf den Strafrahmen bliebe jedoch aus general- und spezialpräventiven Erwägungen für eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kein Raum.

1.5. Der Beschwerdeführer bekämpft diese Bescheide vor dem Verwaltungsgerichtshof in einer einzigen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Aus dem insoweit eindeutigen Text der Berufungen folgt, daß die erstinstanzlichen Bescheide jeweils nur hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafen bekämpft wurden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Berufungen seien nicht bloß gegen die Strafhöhe gerichtet gewesen, ist daher unrichtig. Wenn sich die Berufung aber nur gegen den Ausspruch über die Strafzumessung richtet, wird mit Ablauf der Berufungsfrist der in erster Instanz ergangene Schuldspruch bereits rechtskräftig, bevor ein rechtskräftiger Ausspruch über die Strafzumessung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. April 1979, Slg. 9828/A). "Sache" der Berufungsentscheidung im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG war daher jeweils ausschließlich der Strafausspruch (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1982, Slg. 10.653/A). Dies gilt auch bei der Anrufung des Unabhängigen Verwaltungssenates (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, 396). Beschwerdeausführungen zum Schuldspruch sind daher nicht zu berücksichtigen, insbesondere ist auch schon aus diesem Grunde auf die Behauptung, es sei beim Beschwerdeführer eine "Notstandssituation" vorgelegen, nicht weiter einzugehen. Ergänzend sei jedoch diesbezüglich angemerkt, daß als ein Notstand im Sinne des § 6 VStG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden kann, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muß sich dabei um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln; dies trifft aber bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 788 unter 1a wiedergegebene hg. Rechtsprechung zu § 6 VStG). Daß eine lebensbedrohende wirtschaftliche Schädigung zu den Tatzeitpunkten vom Beschwerdeführer nicht anders als durch Übertretung der erwähnten Parkgebührenvorschriften abgewendet werden konnte, ist weder dem Inhalt der Verwaltungsakten noch dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen.

2.2. Gemäß § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der Fassung Landesgesetzblatt für Wien Nr. 30/1977 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.

§ 19 VStG regelt die Strafbemessung wie folgt:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

2.3. Unter Berücksichtigung der für die Strafbemessung ausschlaggebenden Kriterien erweisen sich die bekämpften Bescheide als im Ergebnis zutreffend. Wie der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 19 VStG zu entnehmen ist, ist das Verschulden eine wesentliche Komponente der Strafzumessung.

Im Beschwerdefall ist nach dem eigenen (Berufungs)Vorbringen des Beschwerdeführers davon auszugehen, daß dieser üblicherweise außerhalb der Kurzparkzone parkt. Daraus folgt, daß er trotz der ihm gemäß § 45 Abs. 2 StVO erteilten Ausnahmebewilligung (welche aber ausdrücklich nicht die Entrichtung der Parkometerabgabe durch Entwerten entsprechender Parkscheine umfaßte) in der verfahrensgegenständlichen Kurzparkzone nicht parkte. Dies deshalb, da ihm - gleichfalls nach seinem Vorbringen - die Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe wirtschaftlich untragbar erschien. Wenn er daher in den den Verfahren zugrundeliegenden Fällen ausnahmsweise doch in der Kurzparkzone parkte und dabei die Kurzparkzonenabgabe verkürzte, begründet dies ein schwerwiegendes Verschulden. Damit aber erscheint im Hinblick auf den vorgegebenen Strafrahmen die jeweils verhängte Strafe als angemessen, dies trotz der schlechten Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers.

2.5. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

3.0. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.

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