VwGH 97/16/0473

VwGH97/16/047318.12.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der B GmbH in A, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Villacher Straße 1A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 23. September 1997, Zl. RV 119/1-6/97, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1120;
GebG 1957 §21;
ABGB §1120;
GebG 1957 §21;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, dem Inhalt des angefochtenen Bescheides und den übrigen vorgelegten Beilagen ergibt sich der folgende Sachverhalt:

Am 12. März 1992 war zwischen der Bleiberger Bergwerksunion Aktiengesellschaft als Bestandgeberin und der BBU Metalle GesmbH als Bestandnehmerin ein Bestandvertrag abgeschlossen worden, der laut seinem Punkt 2 Betriebsflächen von 26.023 m2 (mehr oder weniger) und Büroflächen von 338,54 m2 (mehr oder weniger) umfaßte. Der Bestandzins betrug laut Punkt 5 des Vertrages jährlich S 1,564.969,-- Hauptbestandzins zuzüglich Betriebskosten. Eine Verbücherung dieses Vertrages war nicht vorgesehen.

Eine der vermieteten Flächen wurde in der Folge von der Bestandgeberin mit Vertrag vom 30. November 1994 an die Euro Nova Industrie- und Gewerbepark Dreiländereck GmbH verkauft und übereignet, die dadurch gemäß § 1120 ABGB auf Vermieterseite in das Bestandverhältnis eintrat und auf eine Aufkündigung des Bestandverhältnisses verzichtete.

Datiert mit 13. März 1996 (letzte Unterschrift: 24. April 1996) errichteten die Bleiberger Bergwerksunion Aktiengesellschaft in Liquidation und die Euro Nova Industrie- und Gewerbepark Dreiländereck GmbH als Bestandgeberinnen einerseits und die Beschwerdeführerin (bei der es sich um die ursprüngliche Mieterin handelt, die zwischenweilig ihren Firmenwortlaut geändert hatte) eine als "Vertragsnachtrag" bzw. "Aufsandungsurkunde zum Bestandvertrag vom 12. März 1992" bezeichnete Urkunde, die inhaltlich in ihrem Punkt 3 (zum Zwecke der Neufassung des Bestandvertrages vom 12. März 1992) vier (dort näher bezeichnete) Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 21.275 m2 betrifft und einen Hauptbestandzins von jährlich öS 1,531.081,-- (ohne Zinkumschmelze und ohne Büro) zuzüglich Mehrwertsteuer festlegte.

In Punkt 4 der Urkunde ist eine Aufsandungserklärung zwecks Verbücherung des Vertrages enthalten.

Diese Urkunde wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt am 23. Mai 1996 angezeigt, wobei von Gebührenfreiheit gemäß § 21 bzw. § 25 Abs. 3 GebG ausgegangen wurde.

Die belangte Behörde erachtete (in Abweisung der von der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid - der für die Urkunde Bestandvertragsgebühr vorgeschrieben hatte - erhobenen Berufung) die Urkunde vom 13. März 1996 nicht (wie von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung angestrebt) als Nachtrag iS des § 21 GebG und auch § 25 Abs. 3 leg. cit. nicht für anwendbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf Gebührenfreiheit gemäß § 21 und/oder § 25 GebG" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 21 GebG lautet:

"Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz oder Nachtrag im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig."

§ 25 Abs. 3 leg. cit. bestimmt:

(3) Wurde über ein Rechtsgeschäft eine die Gebührenpflicht begründende Urkunde errichtet, so ist die Hundertsatzgebühr für dieses Rechtsgeschäft auf Grund jeder weiteren Urkunde nur dann nicht neuerlich zu entrichten, wenn diese Urkunde innerhalb eines Monats nach dem für sie maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld einem für die Erhebung der Gebühren zuständigen Finanzamt mit dem Nachweis vorgelegt wird, daß auf Grund der ersten gebührenpflichtigen Beurkundung die Hundertsatzgebühr für das Rechtsgeschäft in Stempelmarken entrichtet wurde oder bei diesem Finanzamt die Hundertsatzgebühr zu erheben war."

Die Beurteilung, ob eine Urkunde in bezug auf eine andere Urkunde die Qualifikation eines "Zusatzes oder Nachtrages" gemäß § 21 GebG hat, ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ausschließlich durch einen Vergleich der "bereits ausgefertigten Urkunde" (im Beschwerdefall somit der vom 12. März 1992) und derjenigen Urkunde vorzunehmen, die den Zusatz oder Nachtrag darstellen soll. Aus diesem Grund ist auf jene Beschwerdeargumente, die andere Urkunden ins Spiel zu bringen suchen, gar nicht einzugehen.

Bei Prüfung der vorliegenden Urkunde fällt zunächst auf, daß zum Unterschied von der Urkunde vom 12. März 1992 auf Bestandgeberseite zwei Parteien aufschienen, und zwar neben der ursprünglichen Bestandgeberin auch jene Partei, die zwischenweilig einen Teil des Bestandobjektes käuflich erworben und gemäß § 1120 ABGB in den Bestandvertrag (kraft gesetzlich normierter Einzelrechtsnachfolge) eingetreten war.

Der Beschwerdeführerin, die diesen Vorgang als Vertragsübernahme erachten will, ist diesbezüglich entgegenzuhalten, daß der gesetzliche Eintritt eines Liegenschaftserwerbers in einen Bestandvertrag gemäß § 1120 ABGB keinen sogenannten Volleintritt in das Bestandverhältnis darstellt, sondern dieses (abgesehen von der allfälligen Verlängerung einer ursprünglich bestimmten Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit) insoweit verändert, als die gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine relevant werden (vgl. dazu die näheren Ausführungen bei Würth, in Rummel, ABGB I2, Rz 5 zu § 1120 ABGB). Ein sogenannter Volleintritt bedürfte dagegen auch der Zustimmung des betroffenen Bestandnehmers (Würth a.a.O. Rz 8) und wird nach Inhalt der Beschwerdeausführungen im vorliegenden Fall auch gar nicht behauptet, weil keine Rede davon ist, daß die Beschwerdeführerin dem Kaufvertrag vom 30. November 1994 zugestimmt hätte. Dazu kommt noch, daß die Käuferin im vorliegenden Fall nicht das gesamte Bestandobjekt erworben hat, sondern nur einen Teil davon.

Von einer vor Errichtung der jetzt streitgegenständlichen Urkunde stattgefundenen Vertragsübernahme im Sinne eines vollständigen Parteiwechsels ist im folgenden daher nicht auszugehen, weshalb auch die mit dem Rechtsinstitut der Vertragsübernahme verbundenen gebührenrechtlichen Konsequenzen nicht weiter zu erörtern sind.

Aus der schon oben erwähnten Tatsache, daß in der Urkunde vom 13. März 1996 neben der ursprünglichen Vermieterin auch die Käuferin als Vermieterin aufscheint, folgt iS der hg. Judikatur schon mangels Parteienidentität, daß nicht mehr von einem Nachtrag iS des § 21 GebG gesprochen werden kann (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren Erg D 3 D und 4 D referierte hg.

Judikatur: 24. Jänner 1956, Slg. 1346/F; 3. Oktober 1961, Zl. 81/61 und 2. Mai 1974, Zl. 1780/73). Dazu kommt noch, daß die in Rede stehende Urkunde auch betreffend den Vertragsgegenstand und Bestandzins eine erhebliche Änderung im Vergleich zur Urkunde vom 12. März 1992 aufweist, weil für ein vergleichsweise wesentlich verkleinertes Bestandobjekt ein nahezu gleich hoher Bestandzins vereinbart wurde, worin ganz abgesehen von der zusätzlich vorgesehenen Verbücherung eine substantielle Vertragsänderung zu erblicken ist.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht sowohl den Tatbestand des § 21 GebG als auch (mangels Identität der Urkunden) auch den des § 25 Abs. 3 GebG für nicht erfüllt erachtet.

Da sich dies bereits aus dem Beschwerdeinhalt ergab, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Mit Rücksicht auf die durch die oben zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

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