VwGH 97/14/0121

VwGH97/14/012128.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Graf und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in Schärding,

Unterer Stadtplatz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 22. Juli 1997, Zl RV/031/03-10/Zi/97, betreffend Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119 Abs1;
BAO §133;
BAO §90 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §133;
BAO §90 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Rechtsfrage strittig, ob dem Beschwerdeführer eine Einreichung von Abgabenerklärungen hinsichtlich Einkommen- und Umsatzsteuer 1995 möglich und zumutbar war. Der Beschwerdeführer verneint dies, weshalb seiner Ansicht nach die Festsetzung einer Zwangsstrafe zur Erzwingung dieser Leistung unzulässig gewesen sei. Die belangte Behörde bejaht diese Frage mit dem angefochtenen Bescheid, mit welchem eine Berufung gegen die in Höhe von S 1.000,-- festgesetzte Zwangsstrafe abgewiesen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 111 Abs 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.

Der Beschwerdeführer bestreitet im Hinblick auf § 119 und § 133 BAO zu Recht nicht, daß die Einreichung von Abgabenerklärungen durch den Abgabepflichtigen mit Hilfe von Zwangsstrafen erzwungen werden kann. Unbestritten ist auch, daß die Zwangsstrafe vor ihrer Festsetzung angedroht worden war.

Der Beschwerdeführer meint in seiner Beschwerde aber, daß seine Steuerangelegenheiten und jene eines namentlich genannten Vereines, dessen Präsident er sei, keinesfalls getrennt betrachtet und behandelt werden könnten, "weil es völlig ungewiß sei, ob der Verein zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer überhaupt herangezogen werden" könne. Auf Grund dieser Tatsache sei es dem Beschwerdeführer "derzeit nicht möglich, seiner Abgabenerklärung inhaltlich ausreichend nachzukommen". Es könne daher zum vorliegenden Zeitpunkt dem Beschwerdeführer nicht "zugemutet werden, eine inhaltlich richtige, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Abgabenerklärung durchzuführen", weshalb die verlangte Leistung unter diesem Aspekt als "unmöglich" zu qualifizieren sei.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer seine (unter anderem) durch Abgabenerklärungen zu erfüllenden Offenlegungs- und Wahrheitspflichten. Offenlegen bedeutet umfassendes Aufklären, rückhaltloses Offenbaren der abgabenrechtlich bedeutsamen Tatsachen, deren Kenntnis für eine der Wahrheit entsprechende Abgabenerhebung bedeutsam und erforderlich ist. Die tatsächlichen Gegebenheiten und Verhältnisse sind wahrheitsgemäß so darzulegen, daß der Behörde die Berücksichtigung der wahren Tatsachen möglich ist (vgl Stoll, BAO, Kommentar, 1354). Bestehen Zweifel, ob ein konkretes Geschehen angesichts eines bestimmten Steuertatbestandes rechtsbedeutsam ist, bestehen somit Zweifel im Tatfragen-(nicht im Rechtsfragen-)bereich, so ist dem § 119 BAO dann korrekt entsprochen, wenn der Sachverhalt in seiner tatsächlichen Dimension aufgezeigt wird (vgl Stoll, aaO, 1356). Zu einer rechtlichen Beurteilung des so offengelegten Sachverhaltes ist der Abgabepflichtige nicht verpflichtet. Diese obliegt der Abgabenbehörde, wenngleich es dem Abgabepflichtigen unbenommen bleibt, seine eigenen rechtlichen Erwägungen hiezu darzulegen.

Der Ansicht des Beschwerdeführers, es sei ihm nicht möglich und nicht zumutbar, "derzeit" eine inhaltlich richtige, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Abgabenerklärung abzugeben, kann daher insoweit, als mit "gesetzlichen Bestimmungen" materiell-rechtliche Abgabengesetze gemeint sind, nicht gefolgt werden. Inwiefern es dem Beschwerdeführer aber unmöglich gewesen sein soll, den gesetzlichen Bestimmungen des § 119 BAO entsprechende, somit den Sachverhalt wahrheitsgemäß offenlegende Abgabenerklärungen einzureichen, wird vom Beschwerdeführer nicht dargestellt.

Soweit der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet, weil er "mitgeteilt habe, daß ihm ausreichende Akteneinsicht nicht ermöglicht" worden sei, ist darauf hinzuweisen, daß sich die belangte Behörde mit diesem Berufungsvorbringen umfassend auseinandergesetzt hat und dabei - wiewohl nicht nachvollziehbar sei, inwiefern der Beschwerdeführer durch die behauptete mangelhafte Gewährung der Akteneinsicht gehindert gewesen sein sollte, die im Jahr 1995 erzielten Erlöse bzw getätigten Umsätze zu erklären - auf die im Beschwerdefall mehrfach gewährten Gelegenheiten, Akteneinsicht zu nehmen, sowie - gestützt auf hg Judikatur (Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, 91/15/0005) - darauf hingewiesen hat, daß ein Rechtsanspruch der Partei auf Herstellung von Ablichtungen aus dem Akt und deren Überlassung an die Partei nicht besteht. In der Beschwerde räumt der Beschwerdeführer zu Recht die Richtigkeit der letztgenannten Ansicht ein und bestreitet auch nicht, daß ihm wiederholt Gelegenheit zur Akteneinsicht gegeben worden sei. Unter diesen Umständen kann der Gerichtshof die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkennen, daß dem Beschwerdeführer die Einreichung der Abgabenerklärungen auch unter diesem Gesichtspunkt nicht unmöglich und auch nicht unzumutbar war.

Zuletzt beruft sich der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt, die Einreichung der Abgabenerklärungen sei ihm unmöglich und unzumutbar gewesen, darauf, daß er in seiner Berufung inhaltlich überzeugend darauf hingewiesen habe, daß "Teile der am Abgabenverfahren beteiligten Organe befangen sind und diesbezüglich berechtigte Gründe vorliegen, um ihre völlige Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen". Der Beschwerdeführer meint, daß die belangte Behörde ungeachtet ihres Hinweises auf einen den Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers wegen Befangenheit von Organwaltern abweisenden Bescheid übersehe, daß die Frage einer allfälligen Befangenheit von am Abgabenverfahren beteiligten Organen auch "in diesem Zusammenhang" Relevanz erlange.

Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht zielführend, weil es nicht erkennen läßt, inwiefern die allfällige Befangenheit einzelner Organwalter des Finanzamtes die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Einreichung von Abgabenerklärungen ausschließen soll.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat ergehen konnte.

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