VwGH 97/04/0147

VwGH97/04/014730.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. Juli 1997, Zl. 319.021/3-III/5a/97, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §91 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §91 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides entzog der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 1. Juli 1997 dem Beschwerdeführer gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe an einem näher bezeichneten Standort. Nach der Begründung dieses Bescheides wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. Jänner 1996 der Antrag der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol, auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen. Der dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachte Rekurs sei mit mittlerweile rechtskräftigem Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 19. März 1996 als verspätet zurückgewiesen worden. Die Erhebungen über die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers hätten ergeben, daß bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol, mit Stichtag 11. Dezember 1996 ein Beitragsrückstand in der Höhe von S 34.763,83 bestanden habe. Im Mai 1996 habe der Beitragsrückstand S 31.231,24 betragen. Eine Zahlungsvereinbarung habe nicht bestanden. Das Finanzamt Innsbruck habe über Rückstände des Beschwerdeführers in der Höhe von S 98.373,--, S 77.701,-- und S 213,-- berichtet. Schließlich seien gegen den Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Innsbruck Exekutionen über einen Gesamtbetrag von S 540.267,89 anhängig. Die A Bank AG habe mit Schreiben vom 12. Februar 1997 mitgeteilt, die Exekutionsführung gegen den Beschwerdeführer wegen eines Betrages von S 168.269,-- sei bisher ergebnislos verlaufen und es sei auch keine Ratenvereinbarung getroffen worden. Auch die Leasing Anlagen-Vermietungs-Gesellschaft m.b.H. habe mit Schreiben vom 10. Februar 1997 zu ihrer Forderung gegen den Beschwerdeführer in der Höhe von S 265.887,41 mitgeteilt, dieser Betrag sei zur Gänze offen. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis zu nehmen und hiezu eine Stellungnahme abzugeben. Davon habe er keinen Gebrauch gemacht. Er habe kein Vorbringen erstattet, wonach auf Grund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, er werde den mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen. Auf Grund der ungünstigen wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers, der offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verfüge, könne nicht angenommen werden, ein Tätigwerden als selbständiger Gewerbetreibender könne den Gläubigern insgesamt nützlich sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er geltend, die belangte Behörde habe ihre Entscheidung auf § 13 Abs. 3 GewO 1994 gestützt. Sie habe dabei aber übersehen, daß in dieser Bestimmung von "Rechtsträgern" gesprochen werde, während im § 13 Abs. 5 leg. cit. von "natürlicher Person" die Rede sei. Zweifellos handle es sich beim Beschwerdeführer um eine natürliche, nicht jedoch um eine juristische Person oder Gesellschaft im Sinne des Handelsrechtes, gesetzlich definiert als "Rechtsträger", "ansonsten diese Unterscheidung vom Gesetzgeber nicht vorgenommen worden wäre". Der Beschwerdeführer habe keine Gelegenheit gehabt, zum Konkursantrag Stellung zu nehmen und habe mit dieser Begründung gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. Jänner 1996 Rekurs erhoben. Darin habe er ausdrücklich ausgeführt, er verfüge über ein ausreichendes Vermögen, um die verfahrensgegenständlichen Forderungen der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu bezahlen. Der Rekurs sei wegen Verspätung zurückgewiesen worden, ohne daß dem Beschwerdeführer gemäß § 70 Abs. 2 KO die Gelegenheit geboten worden sei, zum Antrag auf Konkurseröffnung Stellung zu nehmen. Es wäre demgemäß Sache der Verwaltungsbehörde erster Instanz sowie der belangten Behörde gewesen, festzustellen, ob gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 der Antrag auf Konkurseröffnung bereits "mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens" abzuweisen gewesen sei, da im Verfahren vor dem Landesgericht Innsbruck keine ausreichenden Erhebungen über dieses Thema gepflogen worden seien. Die Berufung auf Exekutionsakten reiche hiefür nicht aus. Der Gesetzgeber normiere im § 13 Abs. 3 GewO 1994 eine Bindungswirkung der Verwaltungsbehörde an eine gerichtliche Entscheidung, was dem Prinzip der Gewaltentrennung widerspreche. Gemäß § 38 AVG hätte die belangte Behörde nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung den Sachverhalt zu beurteilen und diese Beurteilung ohne Rücksicht auf eine Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck ihrem Bescheid zugrunde zu legen gehabt. Aus der vom Bezirksgericht Innsbruck der belangten Behörde vorgelegten Liste gehe hervor, daß lediglich drei Exekutionsverfahren den Zeitraum ab 1. Jänner 1996 beträfen, während dessen die übrigen Verbindlichkeiten aus einem früheren Zeitraum stammten. Bereits in seiner Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er werde entsprechend den §§ 181 ff KO eine Einigung mit den Gläubigern herbeiführen und die Annahme des Zahlungsplanes gemäß § 193 KO beantragen. Auf Grund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers könne erwartet werden, daß er den mit seiner Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten ordnungsgemäß nachkommen werde. Die aufgetretene Zahlungsunfähigkeit sei darauf zurückzuführen, daß er den Großteil seiner Honorarforderungen zufolge Insolvenz von Auftraggebern nicht einbringlich habe machen können und damit selbst in Zahlungsverzug geraten sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers entspreche § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 auch nicht den Bestimmungen der Europäischen Union, daß lediglich bei Bestehen von vorübergehend uneinbringlichen Zahlungsverpflichtungen die Gewerbeausübung zur Gänze untersagt werde, ohne daß der Beschwerdeführer von der belangten Behörde selbst persönlich einvernommen worden sei.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Nach § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibender (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf den der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war.

Der Beschwerdeführer verkennt zunächst den Inhalt des im § 13 Abs. 3 GewO 1994 verwendeten Begriffes "Rechtsträger", wenn er meint, dieser umfasse nur juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes und sei als Gegensatz zur natürlichen Person zu verstehen. Der Gesamtzusammenhang der zitierten Gesetzesbestimmungen läßt vielmehr den Begriff des "Rechtsträgers" als den Überbegriff über natürliche Personen, juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes erkennen.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. Jänner 1996, mit dem der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, in Zweifel zieht, übersieht er, daß die Verwaltungsbehörde in ihrem Verfahren nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 im Sinne des § 13 Abs. 3 leg. cit. lediglich die Tatsache der Erlassung eines derartigen Beschlusses zu prüfen hat, nicht aber dessen Rechtmäßigkeit (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0233). Es handelt sich bei dieser Prüfung nicht um die Lösung einer Vorfrage, sondern lediglich um die Feststellung eines Sachverhaltes. Es geht daher auch das eine Bindungswirkung für die Verwaltungsbehörde betreffende Vorbringen ins Leere.

Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098). Bei der Beurteilung, ob diese liquiden Mittel vorhanden sind, kommt es nicht darauf an, aus welchem Zeitraum etwa vorhandene Schulden stammen. Im übrigen läßt auch das Beschwerdevorbringen erkennen, daß der Beschwerdeführer derzeit nicht über die entsprechenden liquiden Mittel verfügt, alle vorhandenen und fälligen (d. h. nicht durch eine Zahlungsvereinbarung regulierten) Schulden zu tilgen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Annahme der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Der Beschwerdeführer unterläßt es schließlich, jene Bestimmungen der Europäischen Union zu nennen, zu denen seiner Meinung nach die Regelung des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 in Widerspruch stehen solle.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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