VwGH 96/21/0225

VwGH96/21/02252.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, in der Beschwerdesache des R in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 26. Juli 1995, Zl. Frb-4250/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. Juli 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren für das Bundesgebiet der Republik Österreich.

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde ihm dieser Bescheid am 8. August 1995 zugestellt.

Mit der vorliegenden, am 5. März 1996 zur Post gegebenen Beschwerde verbindet der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe jedenfalls am 17. August 1995 in der Kanzlei seines Rechtsfreundes vorgesprochen und offensichtlich bei dieser Gelegenheit der Kanzlei des Beschwerdevertreters den angefochtenen Bescheid übergeben. Auf dem angefochtenen Bescheid finde sich keine Termineintragung. Es finde sich auch keine Termineintragung im Terminkalender seines Rechtsfreundes. Demnach sei offensichtlich bei Mandatsübernahme die Termineintragung im Terminkalender verabsäumt worden. Wer in der Kanzlei dieses Versehen begangen habe, lasse sich heute nicht mehr feststellen. Der Rechtsfreund des Beschwerdeführers sei um den 15. August 1995 mit seiner Kanzlei umgezogen; im Sekretariat hätten sich massive Umstellungen ergeben; eine neue Computeranlage sei "zu bewältigen" gewesen; alle bis dato gemeinsam abgelegten Akten der früheren Regiegemeinschaft hätten nach Bearbeitern getrennt werden müssen. Trotz dieser äußerst schwierigen Situation sei der Fall des Beschwerdeführers offenbar der einzige, in dem im Zusammenhang mit dem Kanzleiumzug eine Frist versäumt worden sei. Angesichts aller Umstände handle es sich dabei um ein Versehen geringeren Grades, das durch die Umstände entschuldbar sei.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter (dessen Verschulden dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist) darf nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluß vom 22. Mai 1996, Zl. 96/21/0004).

Vorliegend ist nach dem Vorbringen nicht feststellbar, ob die Unterlassung der Termineintragung in den Terminkalender dem Vertreter des Beschwerdeführers selbst oder einem Angestellten von dessen Kanzlei anzulasten ist.

Unter der erstgenannten Annahme kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, weil ein nicht nur minderer Grad des Versehens dann vorliegt, wenn der Rechtsanwalt bei Entgegennahme des anzufechtenden Bescheides mit dem Auftrag, eine Beschwerde einzubringen, es verabsäumt, die Frist in seinen Terminkalender einzutragen.

Unter der zweitgenannten Annahme - wenn somit ein Angestellter der Kanzlei entgegen dem Auftrag des Rechtsanwaltes die Eintragung der Frist in den Terminkalender unterlassen hat - kann zwar grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß dem Rechtsanwalt eine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht nicht zur Last gelegt werden kann, wenn seine Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich als hinreichend anzusehen sind und der Auftrag einer bis dahin fehlerfrei arbeitenden zuverlässigen und verläßlichen Kanzleikraft erteilt wurde (vgl. auch dazu den Beschluß Zl. 96/21/0004). Vorliegend fehlt dazu aber jegliches Vorbringen, das im Zusammenhang mit den obigen Ausführungen zu einer Bewilligung der Wiedereinsetzung führen könnte. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, wem das Versehen unterlaufen sein könnte, ob es sich dabei um eine bis dahin zuverlässig und verläßlich arbeitende Kanzleikraft gehandelt hat, und in welcher Form der Vertreter des Beschwerdeführers seiner Kontrollpflicht nachgekommen ist. Eine "berufliche Überlastung" reicht für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 659, angeführte Rechtsprechung).

Der Antrag war daher abzuweisen.

Mangels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war die Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

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