Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem vorliegenden, am 9. Dezember 1996 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gegen den oben zitierten, nach den Beschwerdebehauptungen am 4. Oktober 1996 zugestellten Bescheid des Bundesministers für Inneres. Der Antrag wird wie folgt begründet:
"In der Kanzlei des ausgewiesenen Rechtsvertreters herrscht insbesondere an Nachmittagen stärkster Parteienverkehr. Dementsprechend hoch sind auch die zu erledigenden Eingaben und Fristvormerkungen. Diese Fristvormerkungen werden immer äußerst gewissenhaft von einer seit mehreren Jahren betrauten Angestellten wahrgenommen, welcher in ihrer langjährigen Tätigkeit bei der Eintragung der Fristen noch nie ein Fehler unterlaufen ist.
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer G dem ausgewiesenen Rechtsvertreter den Bescheid der belangten Behörde gemeinsam mit den Bescheiden betreffend seiner minderjährigen Kinder L und JP überbracht und den Tag des Einlangens mit 30.10.1996 mitgeteilt. Der ausgewiesene Rechtsfreund hat wie gewöhnt seine mit der Fristvormerkungen betraute und langjährig versierte Angestellte angewiesen, die 6-wöchige Beschwerdefrist vorzumerken. Offensichtlich aufgrund einer unerklärlichen geistigen Fehlleistung, welche nicht als Denkvorgang qualifiziert werden kann, wurde der maßgebliche Termin gleich wie jener für die vorgesehenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerden der minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers vorgemerkt. Dies auch deshalb, weil der hier maßgebliche angefochtene Bescheid im Akt der beiden minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers irrtümlich abgelegt wurde. Ein derart dickes ungewöhnliches, von der Norm abweichendes Verhalten der Kanzleiangestellten muß als Ereignis gleich einem Elementarereignis angesehen werden und darf auch nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen.
Die betreffende Mitarbeiterin A, hat die ihr übertragenen Aufgaben bis zu diesem Zeitpunkt äußerst gewissenhaft und fehlerfrei erfüllt, sodaß eine derartige Fehlleistung nicht voraussehbar war. Im Zuge der Vorbereitung der Beschwerden für die minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers wurde die irrige Vormerkung offenkundig. Es liegt sohin (ein) unvorhergesehenes Ereignis vor, weshalb der Beschwerdeführer ohne Verschulden an der Überprüfung des Bescheides gehindert ist."
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist auf Antrag einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. den hg. Beschluß vom 18. Mai 1995, Zl. 95/18/0523).
Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist ein auf den oben wiedergegebenen Wiedereinsetzungsgrund gestützter Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.
Der Antrag hat die Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages zu enthalten. Fehlen solche, so handelt es sich dabei um einen nicht verbesserungsfähigen inhaltlichen Mangel der Eingabe, welcher der Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages entgegensteht (vgl. den hg. Beschluß vom 28. Juni 1982, Zl. 82/10/0066, 0067 = VwSlg NF 10.771/A).
Mit dem oben wiedergegebenen Antragsvorbringen hat es der Beschwerdeführer unterlassen darzutun, daß ihn selbst kein (grobes) Verschulden an der Fristversäumnis traf, weil seinem Vorbringen nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist, welches Zustelldatum in Ansehung des angefochtenen Bescheides er seinem Rechtsvertreter überhaupt genannt hatte (nimmt man sein Vorbringen wörtlich, so hätte er seinem Rechtsvertreter als Zustelldatum des ihn selbst betreffenden Bescheides ebenfalls den 30. Oktober 1996 mitgeteilt, was aber mit der Behauptung, die Fristvormerkung sei irrtümlich erfolgt, im Widerspruch stünde).
Selbst wenn man aber davon ausginge, der Beschwerdeführer hätte seinem Rechtsvertreter das richtige Zustelldatum des angefochtenen Bescheides genannt, wäre für den vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag nichts gewonnen.
Der Rechtsanwalt darf die Festsetzung von Fristen nicht völlig der Kanzleileiterin überlassen und sich lediglich auf - hier gar nicht behauptete - stichprobenartige Kontrollen beschränken. Für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfristen ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der Rechtsanwalt verantwortlich, denn er selbst hat die Fristen zu setzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen, und zwar auch dann, wenn die Kanzleiangestellte überdurchschnittlich qualifiziert und deshalb mit der selbständigen Besorgung bestimmter Kanzleiarbeiten, so auch der Führung des Fristenvormerks, betraut worden ist und es bisher nicht zu Beanstandungen gekommen sein sollte. Selbst die bloß stichprobenartige Überprüfung der Eintragungen wäre nicht ausreichend (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/17/0486, und vom 26. Juli 1995, Zlen. 95/20/0242, 0243).
Überdies sind dem Wiedereinsetzungsantrag keine eindeutigen Angaben zu entnehmen, wann die Versäumung der Beschwerdefrist aufgefallen ist, zumal nicht wiedergegeben wird, wann mit den Vorbereitungen der Beschwerden für die Kinder des Beschwerdeführers begonnen wurde.
Da eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus diesen Gründen nicht stattfindet, war die gleichzeitig mit dem diesbezüglichen Antrag eingebrachte Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 erster Fall VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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