VwGH 96/19/3054

VwGH96/19/305424.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, 1. über den Antrag des H in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die Erledigung des Bundesministers für Inneres vom 9. Mai 1996, Zl. 100.242/7-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung,

2. in der Beschwerdesache, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §7;
AVG §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §7;
ZustG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §7;
AVG §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §7;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach dem Antragsvorbringen wurde dem Vertreter des Antragstellers im Rahmen einer Akteneinsicht im fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien die unter einem angefochtene Erledigung des Bundesministers für Inneres ausgefolgt. Die Zustellverfügung dieses Schriftstückes habe den früheren Vertreter des nunmehrigen Antragstellers (und Beschwerdeführers) genannt. Von diesem früheren Vertreter habe der nunmehrige Vertreter des Antragstellers in Erfahrung bringen können, daß die angefochtene Erledigung am 24. Mai 1996 von der Kanzlei des früheren Vertreters übernommen wurde. Noch am selben Tage sei, laut Auskunft des früheren Vertreters, die Erledigung (nicht) eingeschrieben an den Antragsteller und Beschwerdeführer an die Adresse in W, B-Gasse 120/1, abgesandt worden. Der Antragsteller habe dem früheren Vertreter die Vollmacht am 3. Mai 1996 gekündigt und sämtliche Originalunterlagen übernommen. Der Antragsteller sei nur vom 28. Dezember 1990 bis 2. September 1994 an der oben bezeichneten Anschrift gemeldet gewesen. Bereits seit 2. September 1994 sei er in W, H-Gasse 33/3/32, aufrecht gemeldet. Die Erledigung des Bundesministers für Inneres vom 9. Mai 1996 sei vom ehemaligen Vertreter des Antragstellers offenbar irrtümlich an die falsche Adresse gesandt worden. Dem Antragsteller und Beschwerdeführer sei dieses Schriftstück niemals zugekommen. Von seinem Inhalt habe er erstmals im Rahmen der Akteneinsicht am 26. September 1996 erfahren.

Der Antragsteller begehrte nunmehr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und holte unter einem die versäumte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nach.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. e VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG beginnt in den Fällen des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG die Frist zur Erhebung der Beschwerde dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer bloß mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Der Beginn der Beschwerdefrist setzt die Erlassung des Bescheides voraus.

2.2. Aus den Angaben des Antragstellers sowie aus der dem Antrag beigeschlossenen Kopie der angefochtenen Erledigung ergibt sich, daß die belangte Behörde in der Zustellverfügung als Empfänger den ehemaligen Vertreter des Antragstellers bezeichnete, und zwar zu einem Zeitpunkt, als nach dem Antragsvorbringen das Vollmachtverhältnis bereits aufgelöst war. Der Empfang des Schriftstückes durch diesen ehemaligen Vertreter nach Beendigung des Vollmachtverhältnisses konnte somit keine Bescheiderlassung gegenüber dem Antragsteller und Beschwerdeführer bewirken (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 11. November 1992, Zl. 92/10/0085, 0086, und die dort wiedergegebenen Beschlüsse). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gilt dies selbst dann, wenn das Schriftstück der Partei tatsächlich zukommt, weil weder ein Fall des § 7 noch des § 9 Abs. 1 zweiter Satz des Zustellgesetzes vorläge, eine Heilung des Zustellmangels somit nicht einträte (z.B. den eben zitierten Beschluß vom 11. November 1992 sowie den Beschluß vom 18. Mai 1988, Zl. 87/02/0150). Auf die Frage, ob der Bescheid vom 9. Mai 1996 dem Antragsteller nach der Nachsendung durch den ehemaligen Vertreter zugegangen ist, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

2.3. Da der angefochtene Bescheid gar nicht erlassen wurde, konnte die in § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG normierte Frist zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu laufen beginnen. Sie konnte demnach auch nicht versäumt werden. Liegt aber gar keine Fristversäumung im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG vor, so erweist sich der Antrag auf Wiedereinsetzung als unzulässig. Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

2.4. Aus denselben Gründen, nämlich mangels Erlassung der angefochtenen Erledigung und folglich deren fehlender Bescheidqualität, erweist sich auch die Beschwerde als unzulässig. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

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