VwGH 96/18/0203

VwGH96/18/020313.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde der M in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Februar 1996, Zl. SD 72/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. Februar 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin, die sich nach ihren eigenen Angaben seit Juni 1992 im Bundesgebiet befinde, habe nur bis zum 2. Jänner 1995 über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Ein von ihr am 21. November 1994 eingebrachter Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sei mit dem am 3. April 1995 vom Bundesminister für Inneres erlassenen Berufungsbescheid rechtskräftig abgewiesen worden. Seitdem halte sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Nach der Aktenlage habe die Beschwerdeführerin keine familiären Beziehungen im Bundesgebiet. Aufgrund des relativ kurzen und zum Teil illegalen Aufenthaltes in Österreich könne sich die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg auf einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in ihr Privatleben berufen. Da somit kein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin im Sinne des § 19 FrG vorliege, sei die Frage des Dringend-geboten-seins der Ausweisung im Sinne dieser Bestimmung nicht zu prüfen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Entscheidung über die Ausweisung sei erst nach rechtskräftigem Abschluß des anhängigen Verfahrens über die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach § 54 FrG zulässig, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. Gemäß § 54 Abs. 4 erster Satz FrG darf der Fremde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Mit der Erlassung einer Ausweisung wird jedoch nicht (auch) darüber entschieden, daß der Fremde (allenfalls) abgeschoben wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1174).

2. In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen, wonach die Gültigkeitsdauer der der Beschwerdeführerin zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung mit 2. Jänner 1995 befristet gewesen sei und ein von ihr eingebrachter Verlängerungsantrag am 3. April 1995 rechtskräftig abgewiesen worden sei, sowie die darauf gegründete - zutreffende - Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin (zumindest) seit der rechtskräftigen Abweisung des Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte, unbekämpft. Vorbehaltlich der Zulässigkeit gemäß § 19 FrG liegt demnach die gesetzliche Voraussetzung für die Erlassung einer Ausweisung vor (§ 17 Abs. 1 FrG).

3. Soweit die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen auf § 20 FrG stützt, ist ihr entgegenzuhalten, daß diese Bestimmung nach dem klaren Wortlaut des § 17 Abs. 1 FrG bei Erlassung einer Ausweisung nicht anzuwenden ist.

4. Die Beschwerdeführerin erachtet die Ausweisung auch mit der Begründung für unzulässig, daß damit ein Eingriff in ihr Privatleben verbunden wäre, wobei sie auf die insgesamt vierjährige Dauer ihres Aufenthaltes sowie darauf verweist, daß sie "sämtliche Freunde und Bekannte in Österreich habe".

Der Beschwerdemeinung ist insofern zuzustimmen, als aufgrund der Dauer des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin mit der Erlassung der Ausweisung ein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin - ein Eingriff auch in das Familienleben wurde nicht behauptet - verbunden ist. Dennoch kann die Erlassung der Ausweisung im Ergebnis nicht als rechtswidrig erachtet werden.

Der Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin hat nämlich aufgrund der insgesamt nur dreidreivierteljährigen Dauer ihres Aufenthaltes kein allzu großes Gewicht; jedenfalls kein solches, das es erlauben würde, die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG nicht als dringend geboten zu erachten. Vielmehr stellt der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits mehr als zehn Monate dauernde unerlaubte Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet eine derart gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dar, daß die Ausweisung ungeachtet eines allenfalls anzunehmenden Eingriffes in das Privatleben der Beschwerdeführerin zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig und damit gemäß § 19 FrG zulässig ist.

5. Dem Argument der Beschwerdeführerin, der österreichische Staat habe aufgrund der Überalterung der inländischen Bevölkerung ein öffentliches Interesse am Aufenthalt junger und arbeitsfähiger Fremder, ist zu entgegnen, daß im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG nicht darauf Bedacht zu nehmen ist, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß öffentliche Interessen gegeben sind, die für einen weiteren Verbleib des Fremden in Österreich sprechen könnten. Vielmehr ist zu beurteilen, ob in Art. 8 Abs. 2 MRK angeführte öffentliche Interessen von solchem Gewicht vorliegen, daß sie den mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden notwendig machen (vgl. dazu das zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ergangene, wegen der insofern gleichgelagerten Problematik auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0332, sowie das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0111).

6. Da nach den vorstehenden Ausführungen die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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