Normen
AVG §73 Abs2;
DGO Graz 1957 §144;
DGO Graz 1957 §37a;
Statut Graz 1967 §100 Abs1;
Statut Graz 1967 §45;
Statut Graz 1967 §67b;
VwGG §27;
AVG §73 Abs2;
DGO Graz 1957 §144;
DGO Graz 1957 §37a;
Statut Graz 1967 §100 Abs1;
Statut Graz 1967 §45;
Statut Graz 1967 §67b;
VwGG §27;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aufgrund des Vorbringens der vorliegenden Beschwerde und der damit vorgelegten Beilagen ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.
Mit Eingabe vom 11. Juli 1995 an den Unfallfürsorgeausschuß brachte der Beschwerdeführer vor, mit einem näher bezeichneten rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 22. Juni 1993 sei festgestellt worden, daß für die Unfallheilbehandlung nach seinem Dienstunfall im Jahr 1987 nicht die Versicherung seines damaligen Unfallgegners, sondern der "Sozialversicherungsträger" (im Original unter Anführungszeichen) KFA gemäß § 27 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 17. Juli 1969 über die Unfallfürsorge für die Beamten der Stadt Graz, ihre Hinterbliebenen und Angehörigen (Unfallfürsorgesatzung 1967) aufzukommen habe. Dies gelte, so habe das Gericht im genannten Urteil ausgeführt, auch für die geltend gemachten Fahrtkosten, weil nach § 42 der KFA-Satzung die KFA zur Inanspruchnahme der Pflichtleistung einer Krankenfürsorge im notwendigen Ausmaß die Reise- (Fahrt-) und Transportkosten übernehme. Demgemäß habe sich der Beschwerdeführer an die KFA zwecks Erstattung derartiger Kosten gewendet; diese habe aber die angesprochenen Leistungen bislang - nach Auffassung des Beschwerdeführers zu Unrecht - abgelehnt (wurde näher ausgeführt). Er beantrage daher, aufgrund seiner bisherigen Eingaben die geltend gemachten Kosten für die Benützung seines privaten (Behinderten-) Kraftfahrzeuges zur Inanspruchnahme von Unfallheilbehandlungen in den Jahren 1992 und 1993 als Beförderungskosten im Sinne des § 42 Abs. 3 der KFA-Satzung anzuerkennen und die KFA anzuweisen, diese Kosten als Pflichtleistung gemäß der genannten Bestimmung zu übernehmen. Unter Hinweis auf eine Eingabe vom 19. Oktober 1994 wiederhole er seinen Antrag, über sein Begehren bescheidmäßig abzusprechen.
Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, der Unfallfürsorgeausschuß habe nicht innerhalb von sechs Monaten über diesen Antrag entschieden, sodaß er an die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz einen bei deren Geschäftsstelle am 14. Februar 1996 eingelangten Devolutionsantrag gerichtet habe. In diesem (beigelegten) Antrag vom 9. Februar 1996 vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß auch Angelegenheiten der Unfallfürsorge (Hinweis auf § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 - DO) zum Dienstrecht zählten, und weil das Dienstrechtsverfahrensgesetz hinsichtlich der Bestimmung des § 73 AVG in gegebenem Zusammenhang keine abweichende Regelung treffe, dem Unfallfürsorgeausschuß als "Dienstbehörde" (im Original unter Anführungszeichen) erster Instanz in Angelegenheiten der Unfallfürsorge die Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 AVG obliege. Da der Unfallfürsorgeausschuß dieser Entscheidungspflicht nicht nachgekommen sei, gelange § 73 Abs. 2 AVG zur Anwendung, wonach auf schriftliches Verlangen jener Partei, der der Bescheid nicht innerhalb der Frist des § 73 Abs. 1 zugestellt werde, die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergehe. In § 55 der Unfallfürsorgesatzung 1967 sei zwar für Berufungen gegen Bescheide des Unfallfürsorgeausschusses ein Rechtszug an den Gemeinderat eingeräumt, eine "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG" werde jedoch in dieser Verordnung nicht bestimmt. Damit gelange § 100 Abs. 1 Z. 2 des Statutes der Landeshauptstadt Graz in der Fassung LGBl. Nr. 59/1995 zur Anwendung, wonach in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches (der Stadtgemeinde Graz) der Berufungskommission auch die Ausübung der in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehen oberbehördlichen Befugnisse zukomme. Damit sei die Berufungskommission offenkundig auch "Devolutionsbehörde" im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG bzw. nach dem DVG.
Mangels Entscheidung durch die Berufungskommission erhob der Beschwerdeführer die vorliegende, am 16. August 1996 zur Post gegebene Säumnisbeschwerde.
Im Beschwerdefall ist das Statut der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130, anzuwenden.
§ 45 dieses Statutes (Stammfassung; Abs. 6 idF LGBl. Nr. 79/1991) regelt den Wirkungskreis des Gemeinderates.
Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist der Gemeinderat in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches das oberste beschließende und überwachende Organ der Stadt. Gemäß Abs. 6 hat der Gemeinderat als überwachendes Organ die Oberaufsicht über die gesamte Geschäftsführung. Er kann Richtlinien für die Besorgung aller Geschäfte des eigenen Wirkungsbereiches erlassen. Zur Überprüfung der Geschäftsführung kann der Gemeinderat die Vorlage von Akten, Urkunden, Rechnungen und Schriften sowie die Erstattung von Berichten verlangen. Er übt die ihm zustehende Kontrolle sowohl selbst als auch durch die von ihm bestimmten Organe und Einrichtungen aus. Insbesondere bedient er sich bei seiner Kontrolltätigkeit des Stadtrechnungshofes.
Die vom Beschwerdeführer angerufene Berufungskommission wurde mit Art. IX des Gesetzes vom 4. April 1995, LGBl. Nr. 59 (mit dem ua. Bauvorschriften für das Land Steiermark erlassen wurden - Steiermärkisches Baugesetz), eingerichtet (Art. IX ist gemäß Art. XI leg. cit. mit 1. September 1995 in Kraft getreten). Hiezu wurde das Statut der Landeshauptstadt Graz entsprechend geändert. Demnach zählt nun diese Berufungskommission zu den Organen der Stadt (Änderung des § 14 Abs. 1). Weiters erfolgten nachstehende Änderungen:
Im dritten Hauptstück wurde der Abschnitt Va eingefügt; er lautet:
"Va. Abschnitt
Berufungskommission
§ 33a
Bestellung und Zusammensetzung der
Berufungskommission; Wahl der Mitglieder
(1) Für die Entscheidung über Berufungen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die durch Gesetz nicht ausdrücklich dem Gemeinderat übertragen sind, hat der Gemeinderat für seine Funktionsdauer aus seiner Mitte eine Berufungskommission zu wählen.
(2) Die Berufungskommission besteht aus neun Mitgliedern. Die Sitze werden nach dem Verhältniswahlrecht auf die im Gemeinderat vertretenen Wahlparteien aufgeteilt. Wahlparteien, denen kein Sitz zusteht, können je einen Vertreter mit beratender Stimme in die Berufungskommission entsenden. Mitglieder des Stadtsenates dürfen der Berufungskommission nicht angehören.
(3) Jede Wahlpartei hat so viele Ersatzmitglieder zu nominieren, wie Mitglieder dieser Wahlpartei in der Berufungskommission vertreten sind. Die Ersatzmitglieder vertreten die Mitglieder bei deren zeitweiliger Verhinderung oder nach ihrem Ausscheiden bis zur Wahl eines neuen Mitgliedes. Sie sind vom Vorsitzenden in der Reihenfolge ihrer Bestellung zu berufen. Ersatzmitglieder können nur Mitglieder der Wahlpartei vertreten, der sie angehören.
(4) Die Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder erfolgt in einem gemeinsamen Wahlakt. § 27 Abs. 3 bis 6 und 9 gilt sinngemäß.
(5) Wenn ein Mitglied oder Ersatzmitglied die Wahl nicht annimmt oder aus dem Amt scheidet, hat in der nächsten Gemeinderatssitzung die Nachwahl zu erfolgen.
(6) Die Berufungskommission hat in ihrer konstituierenden Sitzung unter dem Vorsitz des ältesten anwesenden Mitgliedes aus ihrer Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit den Vorsitzenden und zwei Stellvertreter des Vorsitzenden zu wählen. Die Einberufung zu dieser Sitzung erfolgt durch den Bürgermeister. Über das Ergebnis der Wahl ist dem Bürgermeister eine Niederschrift vorzulegen."
Im fünften Hauptstück wurde folgender Abschnitt IVa eingefügt:
"IVa. Abschnitt
Berufungskommission
§ 67b
Wirkungsbereich und Geschäftsführung
der Berufungskommission
(1) Der Berufungskommission obliegt in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches die Entscheidung über Berufungen in zweiter Instanz und die Ausübung der in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse, sofern diese Verfügungen nicht ausdrücklich durch Gesetz dem Gemeinderat übertragen sind.
(2) Die Einberufung zu den Sitzungen und der Vorsitz in diesen obliegen - abgesehen von dem im § 33a Abs. 6 geregelten Falle - dem Vorsitzenden der Berufungskommission, bei dessen Verhinderung einem seiner Stellvertreter.
(3) Die Berufungskommission ist beschlußfähig, wenn sämtliche Mitglieder einberufen worden sind und der Vorsitzende oder einer seiner Stellvertreter sowie insgesamt mehr als die Hälfte der Mitglieder (Ersatzmitglieder) anwesend sind. Die Beschlußfassung erfolgt mit absoluter Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Stimmenthaltung gilt als Ablehnung. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.
(4) Der Magistratsdirektor ist berechtigt, an allen Sitzungen der Berufungskommission mit beratender Stimme teilzunehmen. Der Vorsitzende kann zu den Sitzungen weitere städtische Bedienstete sowie andere Sachverständige beiziehen.
(5) Die Beratung und Beschlußfassung der Berufungskommission erfolgen in nichtöffentlicher und vertraulicher Sitzung.
(6) Zur näheren Regelung der Geschäftsführung im Rahmen der vorstehenden Bedingungen hat der Gemeinderat eine Geschäftsordnung für die Berufungskommission zu erlassen."
Weiters erhielten die Abs. 1 und 2 des § 100 eine neue Fassung. § 100 lautet nun insgesamt wie folgt:
"§ 100
Instanzenzug
(1) In Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches obliegt die Entscheidung über Berufungen in zweiter Instanz
- 1. dem Gemeinderat in jenen Angelegenheiten, die ihm ausdrücklich durch Gesetz übertragen sind,
- 2. der Berufungskommission in allen sonstigen Angelegenheiten; dabei kommt ihr auch die Ausübung der in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse zu.
(2) Gegen Bescheide der Berufungskommission und des Gemeinderates ist eine Vorstellung an die Aufsichtsbehörde nicht zulässig.
(3) In den Angelegenheiten des vom Land der Stadt übertragenen Wirkungsbereiches steht das Recht der Berufung an die Landesregierung zu."
Der Verwaltungsgerichtshof tritt der Auffassung des Beschwerdeführers bei, daß Rechtsgrundlage des Unfallfürsorgewesens der Beamten der Landeshauptstadt Graz § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957, ist (§ 37a wurde mehrfach geändert, zuletzt durch die Novellen LGBl. Nr. 37/1989 und LGBl. Nr. 37/1994). Es handelt sich somit gemäß § 144 Abs. 1 DO (idF LGBl. Nr. 49/1969) um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Stadt (siehe im übrigen auch § 41 Abs. 1, Abs. 2 Z. 3 und Abs. 3 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967).
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn (soweit hier erheblich) die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Nach Abs. 2 leg. cit. geht, wenn der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt wird (und keine Zuständigkeit des UVS gegeben ist), auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen.
Im Beschwerdefall ist zu prüfen, ob die nach den Behauptungen des Beschwerdeführers angerufene Berufungskommission die "oberste Behörde im Verwaltungsverfahren" iS des § 27 VwGG war.
Nach § 100 des Statutes der Landeshauptstadt Graz ist ein weiterer Rechtszug gegen Bescheide der Berufungskommission (näherhin eine Berufung an den Gemeinderat) zwar nicht AUSDRÜCKLICH ausgeschlossen, ein derartiger Ausschluß ergibt sich aber implizit aus dem Regelungskonzept, das dieser Bestimmung zugrundeliegt: Inbesondere Abs. 2 leg. cit. (Ausschluß der Vorstellung auch gegen Bescheide der Berufungskommission) macht deutlich, daß mit diesem Paragraphen der Instanzenzug in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Stadt abschließend geregelt werden sollte.
Zu untersuchen ist ferner, ob es im Verhältnis zur Berufungskommission, abgesehen von dem bei ihr endenden Instanzenzug, eine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gibt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ua. sachlich in Betracht kommende Oberbehörde jene, die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Kommt ein Weisungsrecht gegenüber der säumigen Behörde nicht in Betracht, so genügt die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht gegenüber der säumigen Behörde, um der hiezu berufenen Behörde die Stellung einer Oberbehörde in diesem Sinn zu verleihen (siehe dazu den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 24. April 1986, Slg. Nr. 12.123/A, betreffend den Berufungssenat der Stadt Wien, unter Hinweis auf Vorjudikatur).
Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Stellung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz gemäß dem Stadtstatut, ist dieser im Verhältnis zur Berufungskommission als "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" anzusehen. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der bundesverfassungsgesetzlichen Regelung der Gemeindeorgane insofern überein, als sich aus Art. 118 Abs. 5 B-VG, wonach alle Organe der Gemeinde für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich sind, ergibt, daß der Gemeinderat das oberste Organ der Gemeinde zu sein hat (vgl. dazu abermals den zuvor zitierten hg. Beschluß Slg. Nr. 12.123/A).
Da aber der Beschwerdeführer seinem Vorbringen zufolge den Gemeinderat nicht im Wege eines Antrages nach § 73 Abs. 2 AVG angerufen hat und vielmehr die Berufungskommission belangt, war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
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