VwGH 96/04/0291

VwGH96/04/029128.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des A in U, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 4. November 1996, Zl. 5/01-926/23-1996, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides entzog der Landeshauptmann von Salzburg dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. November 1996 die ihm zustehende, näher bezeichnete Gewerbeberechtigung. In der Begründung führte der Landeshauptmann aus, im Berufungsverfahren sei vom zuständigen Exekutionsgericht mit Schreiben vom 1. Februar 1994 und 31. Juli 1996 je eine Liste übermittelt worden, welchen entnommen werden könne, daß gegen den Beschwerdeführer in der Zeit vom 10. April 1987 bis 31. Oktober 1993 insgesamt neun und vom 30. Agust 1990 bis zum 23. Juli 1996 insgesamt

12 Exekutionsverfahren durchgeführt werden mußten, wobei allein im Zeitraum 1996 sieben Verfahren stattgefunden hätten. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe mit Schreiben vom 27. August 1996 mitgeteilt, es bestehe aus dem Zeitraum vom 1. August 1991 bis zum 30. Juni 1996 ein Beitragsrückstand (ohne Verzugszinsen) von S 159.834,16. Zusätzlich sei für das 3. Quartal 1996 ein Beitrag in der Höhe von S 8.535,87 zur Vorschreibung gelangt. Die Salzburger Gebietskrankenkasse habe zwar im August 1995 bekanntgegeben, der Beschwerdeführer habe die im Zuge des Berufungsverfahrens vereinbarten Ratenzahlungen vollständig geleistet, doch sei dem Exekutionsverzeichnis zu entnehmen, daß die Leistungen an diese Gebietskrankenkasse für das Jahr 1996 nicht entrichtet worden seien. Die Wirtschaftskammer Salzburg habe bereits im Verfahren erster Instanz bekanntgegeben, gegen die in Rede stehende Entziehung der Gewerbeberechtigung keinen Einwand zu erheben. Im Rahmen des dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren erteilten Parteiengehörs habe er eine Stellungnahme abgegeben, wonach einige Konkursanträge infolge Zahlung zurückgezogen worden seien und mit der Salzburger Gebietskrankenkasse eine Ratenvereinbarung abgeschlossen worden sei. Auch sei ein Steuerguthaben von ca. S 200.000,-- zu erwarten. Daraufhin habe die belangte Behörde die Einhaltung der Ratenzahlungen beobachtet. Auf Grund einer Anfrage bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe sich aber ergeben, daß die dortigen Beitragsvorschreibungen nicht erfüllt worden seien und diese Sozialversicherungsanstalt dem Abschluß einer Ratenvereinbarung nicht zustimmen werde. Trotz fernmündlicher Zusage und Einräumung einer entsprechenden Frist sei kein Nachweis über erfolgte Zahlungen an diese Sozialversicherungsanstalt eingelangt. Stattdessen habe inzwischen durch Einsichtnahme in das Exekutionsregister festgestellt werden können, daß auch die Ratenvereinbarung mit der Salzburger Gebietskrankenkasse seit Dezember 1995 nicht mehr eingehalten worden sei. Aus diesem Ermittlungsergebnis und dem Verhalten des Beschwerdeführers könne nur der Schluß gezogen werden, der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage, die entsprechenden liquiden Mittel zur Abdeckung der Verbindlichkeiten bei einer Gewerbeausübung aufzubringen. Es bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, die wirtschaftliche Lage des Gewerbeinhabers sei derart beschaffen, daß erwartet werden könne, er werde den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten in Hinkunft nachkommen. Insbesondere müsse bei einer weiteren Gewerbeausübung mit einem Antieg der Rückstände jedenfalls bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und bei der Salzburger Gebietskrankenkasse gerechnet werden. Beiträge an Sozialversicherungsanstalten stellten sich als elementare Verbindlichkeiten dar, deren Abdeckung im öffentlichen Interesse gelegen sei. Es sei daher als erwiesen anzusehen, daß kein Gläubigerinteresse an einer weiteren Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994, in eventu in dem Recht auf eine befristete Entziehung nach § 87 Abs. 3 leg. cit. verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer geltend, zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei der Grund der Entziehung nicht mehr aktuell gewesen, weil er mit seinen Gläubigern derartige Arrangements getroffen habe, daß es nicht mehr zu Konkursanträgen gekommen sei. Ein zeitlich so weites Auseinanderklaffen zwischen dem Beschluß des Landesgerichtes Salzburg über die Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung wegen nicht zureichender Mittel zur Abwicklung des Konkursverfahrens und der Entscheidung der belangten Behörde rechtfertige keine Entziehung der Gewerbeberechtigung. Auch das Interesse der Gläubiger sei durch die belangte Behörde nicht richtig gewürdigt worden. Die belangte Behörde habe zu Recht die Einhaltung von Ratenvereinbarungen als positiv vermerkt. Ein Rückstand von Leistungen an die Salzburger Gebietskrankenkasse für das Jahr 1996 bedeute noch nicht, daß die Bestimmung über das vorwiegende Interesse der Gläubiger hintangehalten werden dürfe. Wenn der Beschwerdeführer durch eingehaltene Ratenvereinbarungen bewiesen habe, daß er zum Abbau von Rückständen imstande und willens sei, so dürften Rückstände allein noch nicht zum Entzug der Gewerbeberechtigung führen. Schließlich habe die belangte Behörde die Interessen anderer Gläubiger ignoriert. In eventu hätte die belangte Behörde auch die Bestimmung des § 87 Abs. 3 GewO 1994 anzuwenden gehabt, die eine befristete Entziehung vorsehe. Gerade in seiner Situation, wo er auch in der Lohnschlächterei tätig sei, wäre eine befristete Entziehung eine angemessenere Entscheidung gewesen, als eine gänzliche Entziehung. Er habe im Berufungsverfahren auch die Interessen der Nahversorgung durch seine Gewerbeausübung geltend gemacht, worüber sich die belangte Behörde hinweggesetzt habe. Dieses öffentliche Interesse der möglichst zu erhaltenden Nahversorgung hätte auch in die Ermessensentscheidung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 einfließen müssen. Aus dem angefochtenen Bescheid gehe auch nicht hervor, daß sich im Verfahren vor der belangten Behörde die Wirtschaftskammer Salzburg beteiligt habe. Nur, daß diese gegen die Entziehung keinen Einwand erhebe, werde "nicht genügen, um die Gläubigerinteressen außer acht zu lassen".

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Nach § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende Rechtsträger ausgeschlossen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde. Zufolge § 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist. Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde die Gewerbeberechtigung auch nur für eine bestimmte Zeit entziehen, wenn nach den Umständen des Falles erwartet werden kann, daß diese Maßnahme ausreicht, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen eines Gewerbeausschlußgrundes nach § 13 Abs. 3 GewO 1994 und damit das Bestehen eines Entziehungsgrundes nach § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit., meint aber, die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 87 Abs. 2 leg. cit. unrichtig angewendet und allenfalls die Regelung des § 87 Abs. 3 leg. cit. nicht herangezogen.

In Erwiderung des zuletzt gebrauchten Argumentes ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach bei Vorliegen eines Entziehungsgrundes nach § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 leg. cit. die Regelung des § 87 Abs. 3 keine Anwendung finden kann (vgl. das zur diesbezüglich vergleichbaren Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1982 ergangene hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1987, Slg. N. F. Nr. 12.490/A).

Wie der Verwaltungsgerichtshof ferner in Auslegung des § 87 Abs. 2 leg. cit. in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" und daher von der Entziehung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Ferner muß die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Eine bloße Verbesserung der wirtschaftlichen Situation verbunden mit einer lediglich teilweisen Abzahlung von Rückständen ist nicht ausreichend. Außer den bereits bestehenden Gläubigerforderungen ist nämlich auch zu berücksichtigen, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. die in Kobzina/Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, S. 314 f, zitierte hg. Judikatur).

Ausgehend von dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Beurteilung der belangten Behörde, im vorliegenden Fall liege die weitere Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer nicht im Interesse der Gläubiger, nicht als rechtswidrig zu erkennen, ergibt sich doch aus den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen, daß gegenüber dem Beschwerdeführer neben Forderungen, für deren Rückzahlung eine Ratenvereinbarung getroffen wurde, auch offene Forderungen, insbesondere seitens der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Salzburger Gebietskrankenkasse, bestehen, die nicht durch eine Ratenvereinbarung geregelt sind und somit trotz Fälligkeit vom Beschwerdeführer nicht beglichen werden können.

Es bildet auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, daß sich die belangte Behörde mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen der Nahversorgung durch eine Gewerbeausübung des Beschwerdeführers nicht weiter auseinandersetzte, da derartige Umstände kein für das Unterbleiben der Entziehung der Gewerbeberechtigung relevantes Tatbestandsmerkmal darstellen.

Auch der seit der nach den Feststellungen der belangten Behörde am 15. März 1989 erfolgten Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels kostendeckenden Vermögens bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeitraum bildet keinen gesetzlichen Grund, von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen.

Schließlich räumt auch der Beschwerdeführer ein, daß die belangte Behörde in dem zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren die Wirtschaftskammer Salzburg beigezogen und damit in Erfüllung des Gesetzesauftrages des § 361 Abs. 2 GewO 1994 gehört hat.

Zusammenfassend läßt somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Mit Rücksicht auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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