VwGH 96/02/0434

VwGH96/02/04344.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Juli 1996, Zl. UVS-03/P/07/05005/95, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens in Angelegenheit Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z3;
KFG 1967 §64;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs4;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z3;
KFG 1967 §64;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs4;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juli 1996 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. Oktober 1993 abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung nach § 75 Abs. 4 KFG unter Berufung auf § 69 Abs. 1 Z. 2 und 3 AVG keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Aus der vorliegenden Beschwerde in Verbindung mit der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides geht hervor, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20. August 1993 gemäß § 73 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 57 AVG die Lenkerberechtigung für die Gruppe B entzogen und er gleichzeitig gemäß § 75 Abs. 4 KFG aufgefordert wurde, den Führerschein abzuliefern. Mit rechtskräftigem Straferkenntnis derselben Behörde vom 28. Oktober 1993 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 75 Abs. 4 KFG für schuldig befunden, weil er es unterlassen habe, den Führerschein nicht unverzüglich bei der Behörde abzuliefern, obwohl ihm die Lenkerberechtigung mit dem erwähnten vollstreckbaren Bescheid vom 20. August 1993 entzogen worden sei.

Da der Beschwerdeführer gegen den mehrfach zitierten Bescheid vom 20. August 1993 Vorstellung erhoben hatte, leitete die Bundespolizeidirektion Wien das Ermittlungsverfahren (§ 57 Abs. 3 AVG) ein. Nach Durchführung desselben gab diese Behörde der Vorstellung Folge und behob mit Bescheid vom 19. Oktober 1995 den bei ihr angefochtenen Bescheid vom 20. August 1993.

Mit Schriftsatz vom 7. November 1995 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiederaufnahme des mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 28. Oktober 1993 abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung nach § 75 Abs. 4 KFG unter Hinweis auf den zitierten Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Oktober 1995, mit welchem seiner Vorstellung Folge gegeben wurde.

Nach § 75 Abs. 4 KFG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkerberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die (im Instanzenzug ergangene) Abweisung seines Antrages auf Wiederaufnahme des erwähnten Verwaltungsstrafverfahrens mit Rechtswidrigkeit belastet wäre: Was zunächst den Wiederaufnahmsgrund des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG anlangt, so bedarf es keiner näheren Erörterung, daß der zitierte Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Oktober 1995 unter diese Vorschrift schon deshalb nicht subsumierbar ist, weil die dort erwähnten Tatsachen oder Beweismittel nicht erst nach Abschluß des Verfahrens neu entstanden sein dürfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1975, Slg. Nr. 8748/A).

Aber auch der Wiederaufnahmstatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG (wenn der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde) ist im Beschwerdefall schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich hiebei nicht um einen "Vorfragenfall" im Sinne des § 38 AVG handeln kann, verlangt doch § 75 Abs. 4 KFG in jedem Fall für die Strafbarkeit das Vorliegen der Vollstreckbarkeit eines Entziehungsbescheides (also eine bindende Entscheidung der zuständigen Behörde), sodaß für die Strafbehörde eine Zuständigkeit nach § 38 AVG ausgeschlossen ist; es handelt sich vielmehr im Beschwerdefall um einen Anwendungsfall der Tatbestandswirkung eines Bescheides (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Aufl., Rz 474ff).

Im erwähnten Strafverfahren wegen Übertretung des § 75 Abs. 4 KFG, welches mit dem Straferkenntnis vom 28. Oktober 1993 abgeschlossen wurde, lag bereits eine vollstreckbare und damit bindende Entscheidung derselben Behörde vom 20. August 1993 über den Entzug der Lenkerberechtigung vor, da der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen diesen auf § 57 Abs. 1 AVG gestützten Bescheid im Grunde des § 57 Abs. 2 zweiter Satz AVG keine aufschiebende Wirkung zukam; es bestand daher im fraglichen Zeitraum eine Ablieferungspflicht, deren Verletzung strafbar war. Die nachträgliche Behebung des vollstreckbaren Bescheides vom 20. August 1993 vermochte daran nichts zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1994, Zl. 93/03/0226).

Da sohin auch der Wiederaufnahmsgrund des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG von vornherein nicht in Betracht kam, hat die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers zu Recht keine Folge gegeben, sodaß auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel nicht wesentlich sein können.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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